Die Kammer

12.03.2018 von Marcus Pohlmann

Die Kammer

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Veranstaltungsdatum: 12.03.2018

Die Kammer ist wohl eine der ungewöhnlicheren Bands der heimischen Musiklandschaft. Acht Musiker, bei denen unter anderem Cello, Violine und Tuba ihren festen Platz haben und wo auch schon mal eine Harmonika eingesetzt wird. Die beiden musikalischen Köpfe, Marcus „Max“ Testory und Matthias „Matze“ Ambré, sind zwar mit der aktuellen EP-Veröffentlichung und den sich daran anschließenden Tourvorbereitungen schwer eingespannt, waren aber dennoch so nett, uns einige Fragen zu beantworten.

Matthias Ambré & Marcus Testory

Matthias Ambré & Marcus Testory

Hallo Max! Hallo Matze! Erstmal vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview genommen habt!
Es fällt mir auch nach drei Alben (und einer EP) immer noch recht schwer Die Kammer musikalisch einzuordnen. Wie würdet ihr eure Musik einem Hörer beschreiben, ohne diesem etwas vorzuspielen?
Matze: Der Soundtrack zu einem Leben voller Höhen und Tiefen, voller Leidenschaft, Freude und manchmal Trauer; handgemacht und musiziert von echten Menschen auf akustischen Instrumenten.
Max: Akustischer Alternative-Rock für Erwachsene mit einer speziellen Besetzung mit einer Bandbreite von bizarr bis poppig.

Ihr seid personell mit acht Musikern ungewöhnlich breit aufgestellt. Dazu kommt eine recht große räumliche Entfernung zwischen den Bandmitgliedern sowie das Engagement in anderen Bands und Projekten. Wie kompliziert ist es für euch Proben, Aufnahmesessions und Konzerte zu organisieren?
Max: Es ist die Hölle und kostet viel Zeit und Nerven alles unter einen Hut zu bekommen. Aber offensichtlich haben alle an Der Kammer beteiligten Musiker ihre ganz besondere Stelle in unseren Herzen, sonst würden wir uns das nicht antun… (lacht)
Matze: Wir proben in der Tat fast nie, das spart eine Menge Zeit. Konzerte planen wir schon mindestens ein Jahr im Voraus, und selbst das ist schon knapp. Bei den Aufnahmen haben wir den Vorteil, dass nicht immer alle gleichzeitig anwesend sein müssen, so ist es noch einigermaßen realisierbar. Aber in der Tat – es ist kompliziert …

Wie entsteht bei euch ein Album? Werkelt ihr im stillen Kämmerlein zu zweit an euren Stücken und stellt eure Mitmusiker vor vollendete Tatsachen oder bringen diese sich auch mit in den Entstehungsprozess ein?
Max: Unsere Songs entstehen tatsächlich in der Kammer, in der Matze und ich unsere Ideen zusammentragen und gemeinsam ausarbeiten. Im Anschluss werden sie den Mitmusikern vorgestellt, die ihren Instrumenten entsprechend mit der einen oder anderen Würze einbringen. Je nach Zeitplan wird dann entweder direkt aufgenommen, oder es bleibt noch Zeit die Songs gemeinsam zu proben…. aber das ist eher die optimistische Wunschvorstellung…
Matze: Wobei das Songwriting wirklich von Song zu Song unterschiedlich ist. Manche passieren einfach so, ganz schnell, und auch die Instrumentierung ergibt sich fast wie von alleine. Andere sind da zähe Kandidaten, die nur rumzicken und einfach nicht so werden wollen, wie das innere Ohr sie gerne hätte. Bei denen bedarf es dann meist einer zeitaufwändigen Sonderbehandlung, zum Beispiel durch einen alten Whisky oder einen tiefroten Shiraz.

Immer wieder taucht in euren Seasons (den einzelnen Alben) Sophie auf. Was hat es mit der Dame auf sich? Wisst ihr schon, wohin Sophies Reise letzten Endes gehen wird oder lasst ihr euch selbst ein wenig von der Entwicklung überraschen?
Matze: Wir hatten Sophie ganz am Anfang der Kammer erschaffen als Begleiterin auf unserem Weg, als Metapher für Status und Entwicklung der Band, als Spiegelbild von Gemütsstimmung und Laune. So wenig wir den Weg der Kammer selbst kennen, so wenig wissen wir also, wo Ihre Reise hinführen wird.
Max: Sie ist vermutlich der „Gute Geist“ der Kammer und sie wächst und verändert sich mit uns. Insofern wissen wir noch nicht genau wie es mit ihr weiter geht. Wir werden es aber bald erfahren.

Die bisherigen Seasons habt durch Crowdfunding bzw. eure „Patron of the Arts“-Kampagne finanziert und über euer eigenes Label Delicious Release veröffentlicht. Wo seht ihr die Vor- und Nachteile dieser unabhängigen Vorgehensweise?
Max: Unabhängigkeit ist ein anderes Wort für Eigenverantwortung. Es gibt niemand der die Arbeit macht, wenn du sie nicht selber machst, es gibt niemanden, den du dafür verantwortlich machen kannst, wenn etwas nicht funktioniert. Du bist von der Idee bis zum Endprodukt und der Tour in jeden Schritt voll involviert und für alles selbst verantwortlich. Das ist großartig. Crowdfunding ist mittlerweile absolut notwendig um die horrenden Produktionskosten im Vorfeld ein wenig abzufedern, bzw. das Risiko zu verringern. Denn diese Unabhängigkeit erkaufen wir auch mit dem vollen Risiko unserer Existenzen.

Die Herren können auch rocken...

Die Herren können auch rocken…

Ihr legt viel Wert auf die Interaktion mit euren Fans, beispielsweise in sozialen Netzwerken oder auf Konzerten. Wie wichtig ist euch dieser direkte Kontakt? Habt ihr weitere Aktionen wie das gemeinsame Grillen im letzten Jahr geplant?
Matze: Ich weiß gar nicht ob es wirklich so viel ist. Gerade in den sozialen Netzwerken ist es heutzutage ja üblich, dass man täglich irgendwelchen Zinnober raushaut, um die Fanbase bei Laune zu halten. Dazu haben wir eigentlich weder Zeit noch Lust. Aber ich denke, dass grundsätzlich ein natürlicher und freundschaftlicher Umgang miteinander schon verdammt wichtig ist. Also Qualität statt Quantität denke ich mal (lacht). Und das mit dem Grillen, das hatten wir ja schon von Anfang an vor. Sehr klasse, dass es jetzt zu einer regelmäßigen Veranstaltung werden und auch 2018 stattfinden wird.
Max: Ja, unsere Fans sind uns wichtig, denn sie sind es, die es uns ermöglichen die Musik zu machen die wir lieben, Aufnahmen zu machen und Konzerte zu spielen. Manche von ihnen machen dieses Abenteuer schon von Anfang an mit. Ist das nicht großartig? Irgendwie sind sie alle ein Teil der Kammer und dafür sind wir dankbar.

Live in Bochum

Live in Bochum

Eure Konzerte, zumindest die, auf denen ich bisher war, sind immer recht volle, spaßige und familiäre Angelegenheiten mit vielen musikalischen Gästen oder auch einer Lesung. Habt ihr für eure Auftritte ein übergreifendes Konzept oder schaut ihr spontan, wer in eurem Kollegen- und Bekanntenkreis grade Zeit für einen Gastauftritt hat?
Max: Ich schätze das ergibt sich eher im Laufe der Arbeit an den verschiedenen „Seasons“. Die Zusammenarbeit mit befreundeten Künstlern ist immer sehr spannend und inspirierend. D.h. manchmal entstehen Konzepte auch erst durch die Kooperation.
Matze: Das Konzeptionelle der Kammer, ohne dass es jemals schriftlich manifestiert wurde, ist sicherlich das Echte, das Handgemachte, das Kunstfertige. Das Arbeiten mit anderen Künstlern ist dabei ein essentieller Teil, der menschlich wie musikalisch einfach hochgradig inspirierend ist. Es gibt in Musikerkreisen die häufig geäußerte Floskel „Wir müssen unbedingt mal etwas zusammen machen“ was in der Realität aber dann doch nie stattfindet. Wir versuchen es eben doch. Und es klappt und es macht einen Heidenspaß.

Sucht man auf Youtube „Hither and Tither“, so bekommt man eine ganze Reihe von Videos – das erste aus dem Frühjahr 2013. Beinahe alle drei Monate trefft ihr euch vor dem gleichen Baum und legt eine neue Interpretation dieses Stückes vor. Die musikalischen Stile wechseln dabei ebenso wie die Gäste. Hat sich das einfach so ergeben oder war diese Aktion schon langfristig geplant? Bleiben euch überhaupt noch genug Variationsmöglichkeiten für die nächsten Jahre?
Matze: Die Idee – und auch das heilige Gelübde – zum Song „Hither und Thither“ ist es, zu jeder Jahreszeit eine neue Version aufzunehmen. An gleicher Stelle, als Video, ungeschnitten, live. Ideen dazu gibt es noch für mehrere Generationen, allerdings ist es wirklich nicht immer ganz leicht, das auch so umzusetzen. Allein die Sache mit dem Wetter …
Max: Jaaaaaaa, manchmal ist es ein wenig schwierig, manchmal kommt eine spontane Idee zum Zug. Wie auch immer, wir sehen die Serie als Gesamtkunstwerk und hoffen sie noch lange am Leben erhalten zu können…

Die Kammer lässt sich nicht einer bestimmten Szene zuordnen – radiotauglich ist eure Musik auch nur bedingt. Wie schwer ist es für euch als Musiker jenseits des Mainstream von seiner Kunst zu leben?
Matze: Nicht möglich. Man zahlt auf jeden Fall ordentlich drauf. Wie kommerziell erfolgreich ein Projekt ist, hat in der Tat natürlich auch etwas mit der Massenkompatibilität und Ausrichtung der Musik zu tun. Keine Ahnung warum wir es uns da so vermeintlich schwer machen. Das liegt vielleicht an unserem Alter oder an mangelndem Narzissmus (lacht). Wenn es nur darum ginge, ein paar abgedroschene Beats in den Tanzsaal zu bringen oder weitere Litaneien von Gruftieschlagerlyrik unters schwarze Volk, dann ginge da sicherlich noch der ein oder andere Euro. Aber muss ja auch nicht.
Max: Davon zu leben ist unmöglich. Mittlerweile ist es aber sogar auch für deutlich bekanntere Bands kaum mehr möglich von ihrer Musik zu leben. Das ist das Rad der Zeit.

EP #01

EP #01

Ab März gibt es eure EP #01 mit akustisch eingespielten Stücken aus Vorgängerbands, altem Material von Die Kammer und einem Ausblick auf künftige Veröffentlichungen. Kann man daraus schließen, dass die Season 4 noch ein wenig auf sich warten lässt? Werkelt ihr aktuell noch an anderen Projekten?
Max: So viel sei verraten: nach Abschluss der minimized-Tour mit der Letzten Instanz, werden wir verschärft an Season IV arbeiten.
Matze: Interessanterweise war die Arbeit an der EP nicht minder intensiv und beinahe so aufwändig, wie ein reguläres Album. Je reduzierter eine Besetzung, desto zerbrechlicher werden Songs und Arrangements und auch spieltechnisch lässt sich nichts hinter riesigen Wänden aus Hall kaschieren. Was später so bestechend einfach klingt, hat oft einen langen Entwicklungsprozess durchgemacht, die zig Versionen und Ideen, die ausprobiert und verworfen wurden hört man ja am Ende nicht. Aber wir haben mit drei neuen Songs in der Tat hier bereits die ersten Grundsteine für Season IV gesetzt.

Eure EP und die dazugehörige Tour stehen ganz im Zeichen eurer »minimized«-Besetzung – was natürlich auch sehr nett anzuhören ist! Aber gibt es denn schon geplante Auftritte für die komplette Die Kammer?
Max: Jaaaaaaaaa, gibt es! Sommerfestivals wie z.B das Free and Easy Festival, M’era Luna, Autumn Moon und ganz bald auch wieder auf Tournee. Es wird ein bewegtes Jahr!

Habt ihr noch letzte Worte an unsere Leser?
Max: Bleibt uns hold, und wenn ihr es noch nicht seid… dann werdet es!

Nochmals vielen Dank für die ausführlichen Antworten!
Dann bleibt mir eigentlich nur zu hoffen, dass EP und Tour erfolgreich sein und wir uns dann im nächsten Monat auf einem eurer Konzerte sehen!

Die Kammer - komplett

Die Kammer – komplett

Die Band
Gegründet wurde Die Kammer Ende 2011 von Marcus Testory und Matthias Ambré. Neben den beiden gehören zur Besetzung Aline Deinert (Cello, Bratsche), Benni Cellini (Cello), Oliver Himmighoffen (Schlagzeug), Prof. Matthias Raue (Violine), Ingo Römling (Bass) und Harold Nardelli (Tuba). Mittlerweile hat die Band drei Alben, eingeteilt in Seasons, und eine EP in reduzierter Besetzung veröffentlicht.
Mehr über Die Kammer erfahren Freunde handgemachter Musik auf der Homepage der Band.

Ein Gedanke zu “Die Kammer”

  1. Pascale Kirchner sagt:

    Ich finde diese Homepage einfach genial. Danke

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