Black Nail Cabaret – Woodland Memoirs

09.06.2023 von Marcus Pohlmann

Black Nail Cabaret - Woodland Memoirs

Musiker:

Label:

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Laufzeit: 49 Minuten

Tracklist:
01 - Diamond Dogs
02 - Sister Sister
03 - Comfort Zone
04 - Dora
05 - My Casual God
06 - No Gold
07 - Veronica
08 - Steril
09 - Rhythm X
10 - Satisfaction
11 - Bête Noire

Erscheinungsdatum: 25.05.2023

Sprache: Englisch

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Aufmerksam wurde ich auf Black Nail Cabaret, als Sängerin Emese Árvai-Illés bei den Label-Kollegen von Fïx8:Sëd8 auf deren letztem Album für das grandiose „Tremors“ am Mikrofon stand. Neugierig geworden, hörte ich in die eine oder andere Veröffentlichung des ungarischen Duos hinein und war recht angetan. Entsprechend gespannt war ich auf das aktuelle Album Woodland Memoirs, das von Black Nail Cabaret and Friends eingespielt wurde. Für die Veröffentlichung zeichnen sich Dependent Records verantwortlich, bei denen die Band seit 2020 unter Vertrag steht und die sich auf elektronische Musik spezialisiert haben.

Was steckt drin?

Das Album kommt in einer limitierten, großformatigen Version in Hardcover-Buchform. Das 36seitige Booklet umfasst neben der CD auch einige Fotos der Aufnahme-Sessions im Wald. Der Leser bekommt hier Informationen zur Idee hinter dem Album. Auch die Texte der einzelnen Stücke sind abgedruckt – wobei „Dora“ doppelt vorhanden ist, dafür aber leider „No Gold“ fehlt. Ebenso gibt es eine Auflistung und Vorstellung der an der Produktion beteiligten Musiker und Techniker.
Neben der Variante als physikalischem Tonträger gibt es Woodland Memoirs natürlich als Download bzw. Stream auf den üblichen Plattformen, beispielsweise HIER.

Was wird gespielt?

Auf dem Album gibt es elf Stücke, die bereits auf den vorhergehenden Veröffentlichungen der Band zu finden sind. Diese werden hier allerdings komplett neu interpretiert – eben mit Hilfe der besagten Freunde.

Den Anfang macht „Diamond Dogs“ vom 2012er Debüt Emerald City. Mit der ursprünglichen Version hat diese Aufnahme (wie eigentlich alle auf dem Album) nur noch wenig gemein. Das Intro beinhaltet Gitarre und Schlagzeug, wird aber in erster Linie von einem sich wiederholenden Saxophon-Motiv bestimmt. Dieses setzt sich über die ganze Länge des Tracks fort. Erst nach einer guten Minute setzen die Vocals ein, die zwischen normalem Gesang und „spoken word“ wechseln. Das Keyboard, eigentlich ein zentrales Element der Band, kommt praktisch gar nicht vor. Der Hörer erhält hier bereits einen sehr guten Vorgeschmack auf das, was ihn auf dem Album erwartet.
Bei „Dora“ nutzen Black Nail Cabaret alle zur Verfügung stehenden Mittel. Der elektronische Klangteppich durchzieht das ganze Stück. Dazu gesellen sich jazzige Saxophon-Einlagen, während Gitarre und Schlagzeug eine rockige Note verleihen. Die Wechsel und später das Zusammenspiel zwischen diesen Elementen wirkt manchmal etwas ruppig. Der Gesang schwingt sich gelegentlich in opernhafte Höhen auf, was zusätzlich irritiert. Auch nach mehrmaligem Hören werde ich mit dem Track nicht warm.
Wie schon die ursprüngliche Version, so kommt auch „Veronica„, druckvoll und ungewöhnlich beschwingt aus den Boxen. Bei diesem Track stehen die Drums in weiten Teilen im Vordergrund, während sich Saxophon und Gitarre sehr schön ergänzen. Das Keyboard kommt wieder nur für einige wenige Akzente zum Einsatz. Doch es ist vor allem der Gesang, der alle Komponenten zusammenhält. Ein Stück, dass zum energischen Kopfwippen einlädt, aber auch den einen oder anderen Ruhepunkt enthält.
Schließt man die Augen, versetzt „Rhythm X“ den Hörer in eine rauchige, schwiemelige Bar – was natürlich in weiten Teilen dem Saxophon geschuldet ist. Die anderen Instrumente halten sich zu Beginn weitgehend zurück und liefern nur eine Hintergrundkulisse. Dies ändert sich ab der Mitte des Stücks. Die Geschwindigkeit zieht merklich an. An dieser Stelle wird der Track fast tanzbar und auch die Keyboards treten mehr in den Fokus. Herausragend sind auch hier wieder die Vocals, die sich einschmeicheln, als Sprechgesang daherkommen, zwischendurch mal rocken oder auch eine gewisse Theatralik bieten. Für mich eines der Highlights des Albums – wobei ich nicht genau definieren kann, warum das so ist. Es gefällt mir einfach in seiner Gesamtwirkung.
Das elfte und letzte Stück ist „Bête Noire“, ursprünglich erschienen 2018. Die kurze elektronische Einleitung wird durch schwere, langsame Stoner-Gitarre und passendes Schlagzeug abgelöst. Diese bestimmen den Großteil des Stücks, lediglich für den Refrain wechselt der Schwerpunkt wieder Keyboard und Saxophone. Hier gibt es keine Stilbrüche, stattdessen wirkt es in sich geschlossen und rund – eine klassische langsame und sehr rockige Nummer. Auch der Gesang ordnet sich dem unter und verzichtet auf krasse Wechsel. Ein toller Track, der allerdings erst einige Durchgänge benötigt hat, bis er sich in meinen Gehörgängen festsetzen konnte.

Gehört die CD in den Player?

Die Musik von Black Nail Cabaret wird von der Band selbst als „Pop Noir“ eingeordnet. Tatsächlich passt Woodland Memoirs hervorragend in diese Schublade. Rockige Elemente, fluffiger Pop, ein Hauch Americana, Elektronik sowie Lounge-Jazz- und Chanson-Anleihen werden hier zu einem (fast immer) gelungenen Ganzen zusammengefügt. Über allem thront natürlich der charakteristische Gesang von Emese Árvai-Illés – die hier sämtliche Register zieht. Es ist diese Vielseitigkeit, die für mich den Reiz des Albums ausmacht. Von sehnsuchtsvollem Schmachten über spoken word bis hin zur klassischen Rockröhre ist alles dabei. Die meist unterkühlte Atmosphäre der Originale ist kaum noch spürbar; die Lieder klingen „organischer“ und wärmer. Selbst wenn sich an den teils bösen, teils beklemmenden Texten und damit Inhalten nichts geändert hat. Was die Musiker daraus gemacht haben, ist kaum mit den vorangegangenen Veröffentlichungen vergleichbar. Der geneigte Hörer sollte also nicht mit entsprechender Erwartungshaltung an das Album gehen. Wer sich darauf einlässt, wird jedoch mit sehr interessanten, vielschichtigen Stücken belohnt.

Auf dem YouTube-Kanal von Black Nail Cabaret kann man praktisch in alle Stücke des Albums und auch in die ursprünglichen Versionen hineinhören. Der direkte Vergleich ist dabei durchaus interessant und zeigt die Möglichkeiten, die sich engagierten Musikern bieten. Wer mehr über die Band erfahren möchte, wird auf ihrer Homepage oder beim Label Dependent fündig.

Mit Woodland Memoirs verabschiedet sich die Band (vorübergehend) vom elektronischen Fokus ihrer Musik, kann aber auch mit den Neuinterpretationen überzeugen.

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