SPIEL ’15

15.10.2015 von Marcus Pohlmann

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Veranstaltungsdatum: 08.10.2015 bis 11.10.2015

Veranstaltungsort: Grugahalle Essen »

Waren meine Besuche der SPIEL in den letzten Jahren immer ein wenig chaotisch und planlos verlaufen, sollte diesmal alles besser werden: Geplant waren nur zwei Tage Messe, Donnerstag und Freitag, der Urlaub war genehmigt, das Zimmer im In Hostel Veritas in Oberhausen gebucht und die Messetickets hingen schon seit Wochen an meiner Pinwand. Im Laufe der Messevorbereitung wurde meine To-Do-Liste jedoch immer länger, außerdem gab es am Samstag spontan noch zwei private Termine, die ich unbedingt wahrnehmen wollte. Daher entschloss ich mich, meinen Aufenthalt in Essen um einen oder sogar zwei Tage zu verlängern. Also musste dringend noch ein Zimmer her, dass ich erstaunlicherweise zwei Tage vor offiziellem Messebeginn tatsächlich auch fand. Das Hotel befand sich in Laufweite zur Gruga, machte auf der Homepage einen sehr netten Eindruck und hatte zu allem Überfluss bezahlbare Preise. Fast zu gut um wahr zu sein! Ohne lange zu zögern buchte ich das Zimmer und freute mich wie ein Schnitzel über den gelungenen Coup. Allerdings folgte die Ernüchterung am nächsten Tag, als mir telefonisch mitgeteilt wurde, dass es wohl eine „Computerpanne“ gegeben hätte und meine Buchung nicht berücksichtigt werden könnte. Nun ohne Zimmer, dafür mit noch weniger Zeit durchforstete ich die Weiten der verschiedenen Buchungsportale und wurde bei einem Hotel im nicht ganz so weit entfernten Velbert fündig. Hier schien die Buchung zu funktionieren, was mir auch auf Nachfrage bestätigt wurde.
Nachdem diese Probleme beseitigt waren, machte ich mich am Donnerstag gut gelaunt bei strahlendem Sonnenschein, aber recht frischen Temperaturen, auf den Weg nach Essen. Allerdings währte die gute Laune nicht sonderlich lange, denn die zahlreichen Baustellen auf der A61 machten die Fahrt nicht wirklich zu einem Vergnügen. Dennoch kam ich relativ gut voran und sogar der Stau rund um Köln hielt sich in einem überschaubaren Rahmen. Dies änderte sich allerdings schlagartig, als mein Navi mir kurz vor Düsseldorf „schwere Verkehrsbehinderungen“ rund um Oberhausen meldete und mich auf diversen Nebenstrecken durch obskure bergische Ortschaften lotste. So gelang es mir den größten Stau zu umfahren – doch die letzten Kilometer vor Essen, brach der Verkehr dann völlig zusammen. Etliche Zubringer sowie Brücken waren marode und deswegen gesperrt, zu allem Überfluss war einige Tage zuvor ein Stellwerk der Bahn ausgebrannt, so dass der Schienenverkehr im Ruhrgebiet dadurch stark beeinträchtigt wurde und schließlich rechnete die Messe mit einem neuen Besucherrekord. Dies alles führte dazu, dass ich erst eine gute Stunde später als geplant in das Parkhaus unterhalb der Messe einfahren konnte.

Dabei hatte ich offensichtlich noch viel Glück gehabt, denn Bekannte aus meinem Nachbarort, die ich später traf und die erst am frühen Nachmittag in Essen eintrafen sprachen von Staus mit über 50 km Länge, völligem Verkehrschaos und überfüllten Parkplätzen.


Als ich die Halle 1 durch einen Seiteneingang endlich betrat brandete mir eine, im ersten Moment, ohrenbetäubende Geräuschkulisse entgegen. Der Eingang befand sich direkt bei der Schnäppchengasse des Heidelberger Spieleverlags und die Shopper standen in Zweierreihen über die ganze Länge des Standes. So dauerte es etwas, bis ich endlich einigermaßen freies Gelände erreichte und mich orientieren konnte. An diesem Tag wollte ich mir einen kleinen Überblick über die Stände verschaffen, mich mit Freunden und Bekannten treffen und vielleicht sogar das eine oder andere Schnäppchen ergattern. Termine oder gar Proberunden waren vorerst nicht eingeplant. Wie gewohnt führte mich der erste Weg in die Halle 2 zum Tabletop-Hersteller Freebooter Miniatures, bei denen ich die Messefigur und einige der zahlreichen Neuheiten mitnehmen musste. Vor allem auf die zweite Ausgabe der Tales of Longfall und die Option auf großangelegte Kämpfe bin ich gespannt und werde diese bei nächster Gelegenheit antesten. Meine nächste Station befand sich in Halle 7 wo ich ein Spiel einsammeln wollte, das ich über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter mitfinanziert hatte.

Bei den Herrschaften von Voodoo Games herrschte schon reger Betrieb und an den drei Spieltische wurde fleißig Karnivore Koala, das Debüt des kleinen Verlages, gespielt. Eigentlich war der Ausliefertermin für Dezember geplant gewesen, doch das Spiel war tatsächlich schon zur Messe fertig geworden. Zwischenzeitlich hatte ich einen Bekannten getroffen, der ebenfalls verschiedene Crowdfunding-Spiele abholen wollte. Konsequent arbeitete er seine Liste ab und hatte bereits zwei prall gefüllte Taschen, dabei war es erst kurz vor Mittag am ersten Messetag. Crowdfunding war dann auch ein Thema, dass sich durch die gesamte Messe zog, sogar mit einem eigenen Stand war Kickstarter hier vertreten um Kunden für ihr Geschäftsmodell zu werben. Bei kleinen, jungen Verlagen kann ich diese Form der Finanzierung ja durchaus nachvollziehen, aber ob etablierte Spieleverlage unbedingt darauf zurückgreifen müssen, bezweifele ich dann doch ernsthaft.

Als bekennender Doctor Who-Fan führt kein Weg am britischen Rollenspielverlag Cubicle 7 vorbei, die mehrere Erweiterungsbände zum Zeitreise-Rollenspiel im Gepäck hatten. Daneben gab es noch einige Cthulhu-Erweiterungen zu bestaunen, das obskure The Laundry-Rollenspiel über eine britische Behörde die sich mit übernatürlichen Ereignissen befasst und noch einige andere Dinge, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Nach diesem kurzen Intermezzo schlenderte ich eher planlos durch die Hallen und ließ mich von den Besucherströmen treiben. Irgendwann landete ich dann beim Uhrwerk Verlag, die mittlerweile eine ziemlich ordentliche Veröffentlichungsgeschwindigkeit an den Tag legen. Nicht nur die Neuheiten zum DSA-Ableger Myranor waren hier aufgebaut, vor allem für ihr eigenes Splittermond-Regelwerk gab es eine ganze Reihe von Quellenmaterial und Abenteuern, beispielsweise das Monsterkompendium Bestien und Ungeheuer. Wie schon in den vorangegangenen Jahren teilte sich der Verlag wieder den Stand mit den Briten von Modiphius, die vor allem Neuheiten zum Weird-War-Rollenspiel Achtung! Cthulhu dabei hatten. Chris Birch, Chef des Verlages, nahm sich dann auch die Zeit um mir einige Fragen zu den kommenden Rollenspielen des Verlages, beispielsweise Infinity und Conan zu beantworten. Leider blieb er mit Informationen zum schon lange angekündigten Tabletop-Skirmish zu Achtung! Cthulhu äußerst vage. Weiter ging es dann zum kleineren der beiden Pegasus-Stände, der sich hauptsächlich auf die beiden Rollenspiele Shadowrun und H.P. Lovecrafts Cthulhu konzentrierte. Von letzterem liegt mittlerweile die siebte Edition vor, die sich optisch doch erheblich von den vorherigen Ausgaben unterscheidet. Spielerisch hat sich wohl nicht übermäßig viel geändert, doch an manchen Stellen müssen die Spieler sich etwas umgewöhnen. Auch nebenan bei Ulisses Spiele drehte sich viel um das Thema Rollenspiel, natürlich in erster Linie um die beiden großen Systeme Das Schwarze Auge und Pathfinder. Mit Fragerunden der Autoren, einem Blick auf die Entstehung der Artworks und die Arbeit des Verlags konnten sich die Besucher die Zeit vertreiben, wenn sie nicht grade an einem der zahlreichen (und gut gefüllten) Demotische neue Spiele der Waldemser ausprobierten.

Ich warf nur einen kurzen Blick auf die Neuheiten und registrierte etwas verwundert die Kooperation mit Soda Pop Miniatures, die im letzten Jahr noch mit einem eigenen Stand auf der Messe vertreten waren. Da meine üblichen Ansprechpartner entweder alle beschäftigt oder nicht zu sehen waren, zog ich relativ schnell weiter um einen Blick in die Halle 3 zu werfen. Vor allem im hinteren Teil der Halle, wo sich Kosmos und Asmodee niedergelassen hatten, waren die Spieltische allesamt belagert und so blieb mir nur, aus der Ferne einen Blick auf Mysterium, Colt Express oder das Schnick-Spiel Flick ‚em Up! zu werfen. Dafür blieb ich etwas länger bei Petersen Games (die im letzten Jahr noch unter Green Eye Games firmierten) hängen und konnte mich mit Mastermind Sandy Petersen ein wenig über die verzögerte Auslieferung von Cthulhu Wars und seine geplante Crowdfunding-Kampagne mit neuen Erweiterungen zu diesem Spiel unterhalten.
Generell schwang bei vielen Besuchern, mit denen ich mich unterhielt, leichter Frust mit wenn die Gespräche auf Spiele mit Crowdfunding-Basis zu sprechen kamen. Einige Firmen die im letzten Jahr mit vollmundigen Versprechungen und opulent ausgestatteten Ständen Backer geködert hatten, waren diesmal gar nicht erst zu sehen. So hatten es beispielsweise Marrow Productions aus „logistischen Gründen“ trotz Anmeldung nicht zur Messe geschafft. Ich vermute allerdings, dass sie den mittlerweile ziemlich zahlreichen, ungeduldigen und erbosten Kunden einfach aus dem Weg gehen wollten, die auf ihr Spiel warten. Auch das im letzten Jahr gefeierte Demigods Rising, dass eigentlich schon lange ausgeliefert sein sollte, war nirgendwo zu sehen.


Für mich war es Zeit noch einmal in Halle 1 vorbei zu schauen, die ich bisher fast völlig ignoriert hatte. Bei Battlefront Miniatures und ihren Unterfirmen gab es einige tolle D&D-Miniaturen zu bestaunen und auch das Tabletop Flames of War hatte seinen festen Platz am Stand der Neuseeländer. Auch einige Brettspiele zu Fernsehserien, wie beispielsweise Sons of Anarchy oder Firefly konnten die interessierten Spieler hier antesten. Ich dagegen war mehr an Informationen zum DUST Babylon-Crowdfunding interessiert, dass offensichtlich kolossal in die Hose gegangen war. Leider war niemand vom Standpersonal in der Lage, mir darüber irgendwelche Informationen zu geben, da angeblich keiner der Anwesenden in die ganze Angelegenheit involviert war. Nach diesem kurzen Gespräch zog ich, etwas frustriert, von dannen. Eine schnelle Demorunde des Würfel-Wrestling-Spiels Luchador! bei Backspindle Games hellte meine Stimmung deutlich auf, leider fehlte mir jedoch die Zeit die beiden Scheibenwelt-Brettspiele des Verlags Guards! Guards! und Clacks ebenfalls auszuprobieren.


Der Messetag war schon fast zu ende und ich musste zurück in Halle 7 um meine beiden Begleiterinnen für die Fahrt zum Hotel einzusammeln; die Frage des Abendessens war glücklicherweise schon im Vorfeld geklärt worden. Da sich anscheinend noch andere Besucher bis zur wirklichen allerletzten Minute in den Messehallen tummelten kam es erwartungsgemäß zu einigen Staus auf der Ausfallstrecke in Richtung Oberhausen/Mühlheim. Dies, zusammen mit dem Feierabendverkehr, sorgte dafür, dass es stellenweise keinen Meter mehr voran ging. Als dann noch einige besonders schlaue Autofahrer die Kreuzungen blockierten entstand schnell ein ziemlich langer Rückstau mitten durch Essen. So brauchte ich dann auch für eine Strecke von 15 km etwas über eine Stunde und traf erst nach 20 Uhr in meiner Unterkunft ein. Da wir uns eigentlich um 20 Uhr im CentrO zum Abendessen verabredet hatten blieb weder Zeit zum  frischmachen oder umziehen. Wie schon in den Jahren davor fielen wir mit einer größeren Gruppe in einem griechischen Restaurant auf der Promenade ein. Bei überbackenem Gyros, Ouzo und Bifteki wurden die Eindrücke des Tages ausgetauscht, Tipps für die kommende Schnäppchenjagd gegeben und einfach nur in angenehmer Atmosphäre entspannt.

Der Freitag startete so wie der Donnerstag geendet hatte, mit einem sehr entspannten Essen. Während die anderen Gäste des In Hostel Veritas schon aufgeregt mit den Hufen scharten und sich eilig in Richtung Gruga davon machten, genoss ich die Ruhe am Frühstückstisch und machte mich tatsächlich erst gegen 10 Uhr auf den Weg zur Messe. An diesem Tag hatte ich keinerlei Termine, so dass ich mich voll und ganz darauf konzentrieren konnte, einige Spiele anzutesten. Allerdings hatte ich es (wieder einmal) versäumt mich im Vorfeld bei den großen Herstellern für Proberunden anzumelden. Da ich keine Lust hatte lange auf einen freien Platz an einem der Spieltische bei Kosmos, Asmodee oder auch dem Heidelberger Spieleverlag zu warten, vertrieb ich mir die Zeit lieber mit den vielen kleinen Verlagen. Als Freund gepflegter Tabletop-Spiele gab es auf der diesjährigen Messe für mich viel Neues zu entdecken und so begann ich meine Test-Tour in Halle 2 bei den Briten von Steamforged Games. Diese haben mit Guild Ball eine Mischung aus Skirmish-Tabletop und Football veröffentlicht, bei dem vor mittelalterlich-fantastischem Hintergrund kleine Teams gegeneinander antreten und versuchen einen Ball ins gegnerische Tor zu befördern. Vor allem die Synergieen zwischen den Teammitgliedern und die Spieldynamik machten die Sache für mich interessant und so wanderten zwei Teams und diverser Kleinkram in meinen Rucksack. Direkt gegenüber hatten sich Prodos Games niedergelassen, die im letzten Jahr mit ihrer Neuauflage des Warzone-Tabletops für einiges Aufsehen gesorgt hatten. Dieses Jahr war es vor allem Aliens vs Predator: The Hunt Begins, das die Aufmerksamkeit der Messebesucher auf sich zog. Aliens, Predator und die obligatorischen Marines tummeln sich hier in den Eingeweiden eines Raumschiffes und müssen versuchen verschiedene Missionsziele zu erfüllen. Spielerisch nicht unbedingt originell, aber optisch sehr beeindruckend präsentiert sich das Spiel und entsprechend schnell gingen auch die wenigen Blister mit Figuren über die Theke. Definitiv ein Spiel, dass ich mir bei Gelegenheit genauer anschauen werde, auch wenn der Preis recht stattlich ist.

Gleich mit zwei Ständen waren Games Workshop, der wahrscheinlich weltweit immer noch größte Tabletop-Hersteller, auf der Messe vertreten. Der Stand ihres Ablegers Forge World mit seinen hochpreisigen Resin-Miniaturen war schon die letzten Jahre in Essen zu sehen gewesen. Allerdings hielten sich sowohl die interessanten Neuheiten als auch der Besucherandrang in einem sehr überschaubaren Rahmen. Neu war dagegen ein reiner Präsentationsstand, mit dem das neue Warhammer – Age of Sigmar beworben werden sollte. Zwei Vitrinen mit Miniaturen, ein Banner und ein Monitor mit Promovideo in Dauerschleife war alles, was von dem Spiel zu sehen war. Gerne hätte ich mir eine Demo geben lassen, war doch Warhammer vor vielen, vielen Jahren mein Einstieg in das Tabletop-Hobby – doch leider waren Testspiele nicht vorgesehen. Auch ein Gespräch mit dem Standpersonal brachte keine wirklichen Informationen, außer das es sich hier um die weltbesten Kunststoff-Miniaturen und das ausgeklügelste Spielprinzip überhaupt handele. Diese Behauptungen ließ ich unkommentiert so stehen und verliess etwas irritiert den Stand. Weiter ging es zu Warlord Games, einem anderen Tabletophersteller aus Nottingham. Neben den verschiedenen historischen Systemen, allen voran natürlich Bolt Action, war es das neue Science-Fiction-Spiel Beyond the Gates of Antares, dass mich interessierte. Hübsche, bezahlbare Figuren, ein sehr abwechslungsreicher Spielablauf und bewährte Regelmechanismen dürften dem Spiel bald eine größere Fangemeinde bescheren. Ebenfalls sehr spannend waren die ersten Infos bezüglich des Doctor Who-Tabletops, das die Firma Mitte/Ende nächsten Jahres veröffentlichen will. Als großer Fan der Fernsehserie werde ich sicherlich bei Gelegenheit nachhaken, da ich unbedingt gewaltige Armeen von Daleks und Cybermen gegeneinander hetzen will. Ebenfalls um kleine Püppchen die sich auf einem Spielbrett bewegen ging es bei Super Dungeon Explore mit seinen zahlreichen Erweiterungen, das mittlerweile auch in deutscher Sprache über Ulisses erhältlich ist. Da ich das grundlegende Spiel schon kannte, verzichtete ich auf eine Demo und hielt lieber ein kurzer Schwätzchen mit einigen der Verantwortlichen über die kommenden Entwicklungen, weitere Kooperationen und Ableger wie das kleine, lustige Würfelspiel Schwarzhand-Henrys Trankparty. Ansonsten gab es noch einen kleinen Überblick über das Verlagsprogramm mit den zahlreichen Rollen-, Tabletop- und mittlerweile auch Brettspielen. Nach nur einem guten Jahr Verspätung hatten Micro Art Studio endlich die neuen Wolsung-Figuren dabei, die, völlig überraschend, im Rahmen eines Crowdfunding-Projektes veröffentlicht wurden. Vor allem die Mafia-Halblinge mit ihren Tentakelmonstern hatten es mir angetan und ich konnte nicht umhin einige der Figuren mitzunehmen. Die deutschen Regelwerke, sowohl für das Tabletop als auch das Rollenspiel, zu diesem spannenden Mix aus Steampunk, Magie und Fantasy lassen leider noch auf sich warten. Immerhin hatte die Redaktion Phantastik mit der Urdapedia 1, neben ihren anderen Neuheiten, frisches Spielmaterial für Wolsung im Gepäck.

Nach einigen Demos, etlichen Neuerwerbungen und vielen Informationen stellten sich bei mir erste Ermüdungserscheinungen ein, so dass ich mir im Außenbereich zwischen LKWs und leeren Paletten ein ruhiges Fleckchen suchte. Hier konnte ich relativ ungestört einen Blick auf meine Beute werfen und das weitere Vorgehen planen. In Halle 7 mit ihren zahlreichen Klein- und Kleinstverlagen gab es noch einige Stände, die ich mir genauer anschauen wollte. Und auch hier waren es die Miniaturen und Tabletops, die mich in erster Linie interessierten.

Es war gar nicht so einfach sich seinen Weg durch die Galerie und weiter in die Halle 7 zu bahnen, doch mit gezieltem Einsatz von Ellenbogen, Knien und dem mittlerweile gut gefüllten Rucksack schaffte ich es den Stand von GCT Studios zu erreichen, deren asiatisch angehauchtes Skirmish-Tabletop Bushido mit seinen detaillierten Miniaturen ich sehr schätze. Mittlerweile hat der Verlag mit Rise of the Kage auch ein Brettspiel veröffentlicht, bei dem eine kleine Gruppe Ninjas einen Gebäudekomplex infiltrieren und verschiedene Ziele erledigen muss. Das kurze Testspiel machte durchaus Appetit auf mehr, so dass ich mich ein wenig ärgerte, dies nicht mehr in meinem Budget unterbringen zu können. Titan Forge hatten ihren Stand zweigeteilt: während ihre Resin-Miniaturen in der einen Halle präsentiert wurden, waren die Brettspiele in der anderen Halle zu sehen. Schon im letzten Jahr hatte ich lange vor dem Horror-Dungeon-Crawler Lobotomy gestanden, leider ergab sich aber damals keine Gelegenheit das Spiel gründlich anzutesten. Diesmal konnte ich eine entspannte Partie mit dem Autor spielen und diesen auch mit der einen oder anderen Frage zum Gameplay nerven. Eine gelungene optische Präsentation, die abseitige Thematik und ein sehr eingängiges Spielprinzip konnten mich dann doch rundum überzeugen. Nun muss das, ebenfalls über Crowdfunding finanzierte, Spiel nur noch im nächsten Jahr veröffentlicht werden.

Irgendwie waren mir offensichtlich einige Stunden abhanden gekommen, denn obwohl der Besucherandrang nur unmerklich abebbte, stand das Ende des Messetages unmittelbar bevor. Da ich keine Lust hatte, wie am Vortag, zusammen mit dem Gros der Besucher auf den verstopften Straßen von Essen festzustecken machte ich mich einige Minuten früher auf den Weg zum Hotel. Diesmal hatte ich den Abend ganz für mich alleine und freute mich darauf, endlich die Schuhe abstreifen und die Füße hochlegen zu können.

Den Samstag wollte ich etwas langsamer angehen lassen und machte zuerst einen Abstecher ins nahe gelegene Oberhausen. In der dortigen Ludwiggalerie läuft noch bis Januar die sehr empfehlenswerte Ausstellung Das ist doch keine Kunst, in der Arbeiten der bekannten Cartoonisten und Comic-Zeichner Ralph Ruthe, Flix und Joscha Sauer gezeigt werden. Die ruhige Atmosphäre innerhalb der Galerie war ein angenehmes Kontrastprogramm zum lauten und hektischen Treiben auf der SPIEL und ich nahm mir viel Zeit für die Exponate. Nachdem ich mir die verschiedenen Scribbles, Zeichnungen und Filme ausführlich angesehen hatte, ging es schließlich gegen Mittag ins benachbarte Essen zur dritten Messerunde.

Nachdem ich mich am Vormittag schon mental auf gezeichnete Bildchen eingerichtet hatte, wollte ich den Messetag mit einem Rundgang über die Comic Action beginnen. Diesen Teil der Halle 2 hatte ich bisher fast vollständig ignoriert und wollte zumindest einen kurzen Blick auf das Angebot geworfen haben. Wie auch schon in den Jahren davor bestimmte der Stand von Panini Comics das Bild, die hier neben ihren zahlreichen Neuheiten auch den einen oder anderen Zeichner am Start hatten. Die Superhelden-Comics, die einen Großteil des Verlagsprogramms ausmachen, interessieren mich allerdings herzlich wenig und so schlenderte ich bald zum Gemeinschaftsstand von Splitter, Tokyopop und Cross Cult, deren abwechslungsreiches Programm eher meinen Geschmack traf. Es war schon spannend durch die ganzen Neuerscheinungen zu schmökern, doch da ich meine Comics in der Regel beim örtlichen Dealer meines Vertrauens kaufe, stellte ich die Bände artig wieder ins Regal. Neben diesen beiden Verlagsständen hatten noch einige Händler ihren Platz in diesem Hallenbereich gefunden und auch hier schaute ich eher beiläufig durch die Auslagen. Tatsächlich wurde ich dann doch fündig und fand die rare Cover-Sammlung der Preacher-Comics zu einem erstaunlich günstigen Preis. Ansonsten gab es bei den Comic-Händlern und Ständen mit Merchandise für mich relativ wenig zu sehen.

Daher machte ich mich schon bald wieder auf den Weg, da auf meiner Liste noch einige Brettspiele standen, die ich mir unbedingt ansehen wollte. Zu diesem Zeitpunkt dürfte der Besucherandrang seinen Höchststand erreicht haben, denn in den Hallen selbst kam ich kaum voran; über die Außenflächen ging es etwas schneller, doch auch hier herrschte reger Betrieb. Nach einem kurzen Plausch mit einer Bekannten setzte ich meinen langen Marsch in Halle 3 fort und konnte diese dann auch, nach weiterem Drängen und Drücken, erreichen.

Wie schon an beiden vorangegangenen Tagen, so war auch heute der Stand von Iello dicht belagert und Plätze an den Demotischen nur schwer zu bekommen. Daher gab ich mich mit einer Rolle als Zaungast bei einer der zahlreichen Runden von The Big Book of Madness zufrieden die hier angeboten wurden. Dieses kooperative Deckbuilding-Kartenspiel machte zumindest optisch einen sehr ansprechenden Eindruck und den Spielern schien es durchweg Spaß zu machen. Sicherlich ein Spiel, mit dem ich mich in absehbarer Zeit näher befassen werde, auch wenn ich Deckbuilding-Spiele nicht übermäßig schätze. Gegenüber bei Pegasus herrschte, wie eigentlich jedes Jahr, dichtes Gedränge und da die Spiele des Friedberger Verlags sowieso bei unseren regelmäßigen Brettspielabenden auf dem Tisch stehen, begnügte ich mich mit einem flüchtigen Blick auf die Neuheiten. Hier war vor allem das mächtige Mega Civilization ein Blickfang, aber eine Demorunde hätte wahrscheinlich jeden Zeitplan gesprengt. So begnügte ich mich mit etwas Smalltalk und setzte meinen Weg zum moses. Verlag fort, der verschiedene neue Ableger seiner Black Stories-Reihe im Gepäck hatte. Dem bewährten Prinzip folgen die Bibel und Latein Edition des Deduktionsspiels. Einen gänzlichen anderen Weg geht der Verlag mit Das Verhör, bei dem die Spieler als Kriminaler einen Fall lösen müssen. Ein sehr kommunikatives Spiel das ein gutes Gedächtnis voraussetzt, aber unter dem hohen Geräuschpegel in der Halle stark litt.

Auch an diesem Tag schien ich in ein Loch im Raum-Zeit-Kontinuum gefallen zu sein, kamen doch schon die ersten Durchsagen, die das baldige Ende des Messetages verkündeten. Anscheinend hatte ich irgendwo auf meinem Weg mindestens zwei Stunden verloren.

So blieb mir lediglich Zeit für einen schnellen Blick in den Asmodee-Stand in Halle 1, wo einige Neuheiten in der Vitrine aufgebaut waren und wo es auch die Möglichkeit gab einen Blick auf T.I.M.E. Stories zu werfen. Das Konzept des Spiels wirkt auf mich etwas abstrakt und verwirrend, den Spielern hat es jedoch, zumindest was ich bisher gehört habe, sehr gut gefallen. Auch hätte ich gerne Die Blutige Herberge angetestet, las sich der Klappentext über eine mörderische Gastwirtsfamilie doch durchaus vielversprechend. Doch das Messepersonal achtete freundlich aber bestimmt darauf, dass auch wirklich alle Besucher sich auf den Weg zu den Ausgängen machten

Um den dritten Messetag angemessen bei lecker Essen und Getränken ausklingen zu lassen machte ich mich mit einigen Freunden auf den Weg ins Essener Cafe Nord. Meine Begleiter hatten im letzten Jahr hier schon Station gemacht und waren durchweg begeistert gewesen. Mir war die etwas angeschwiemelte Metal-Kneipe anfangs eher suspekt, allerdings konnten die gemütliche Atmosphäre und die erstaunlich umfangreiche Speisekarte meine Bedenken rasch zerstreuen. Eine vernünftige Unterhaltung war zwar, Dank der dröhnenden Musik, nur mit den unmittelbaren Sitznachbarn möglich, aber insgesamt doch ein schöner Ausklang für den Tag. Zu vorgerückter Stunde traf ich dann ziemlich zerstört wieder in meinem Hotel ein, wo eine Hochzeitsgesellschaft immer noch am Feiern war. Obwohl mein Zimmer relativ weit abseits lag, war an Schlaf nicht wirklich zu denken. Also nutzte ich die Zeit, um meine Errungenschaften des vergangenen Messetages zu begutachten und schon einen Blick in die verschiedenen Spielanleitungen zu werfen.

Eigentlich hatte ich vorgehabt die Messe auch noch am Sonntag zu besuchen, aber angesichts meiner zusammengeschmolzenen Barschaft, der vielen vollen Taschen und meinen schmerzenden Füßen entschloss ich mich, den Heimweg anzutreten. Nachdem ich einen Großteil meines Gepäcks im Kofferraum verstaut hatte, schlurfte ich in den Frühstückssaal, der mit den verkaterten und unausgeschlafenen Gästen der Hochzeitsgesellschaft eher wie ein Remake von Night of the Living Dead wirkte. Die roten Marmeladeflecken auf dem Kleid einer der anwesenden Damen verstärkten diesen Eindruck und so machte ich mich mit gesenktem Blick über mein Frühstück her. Die Heimfahrt verlief schließlich ohne größere Zwischenfälle, von einem kurzen Stau auf der A61 einmal abgesehen. Und, obwohl ich gelegentlich kurz davor war wegzudämmern, erreichte ich mein Zuhause noch wohlbehalten bei Tageslicht. Dort angekommen verteilte ich meine Schätze wie gewohnt im Wohnzimmer und musste mich allen Ernstes fragen, wann ich die ganzen Sachen gekauft hatte.

Nachdem ich über zwölf Stunden geschlafen hatte, konnte ich mich am nächsten Tag (ich hatte in weiser Voraussicht noch einige Urlaubstage dran gehängt) daran machen die vielen Bilder zu sichten die ich geschossen hatte und meine Eindrücke von den drei anstrengenden Messetagen zu ordnen. Natürlich waren diese Tage bei weitem nicht ausreichend gewesen um alles zu sehen und anzutesten was ich mir vorgenommen hatte, dennoch war ich nicht unzufrieden. Ein wirkliches Highlight gab es zwar auch in diesem Jahr für mich nicht, aber dafür viele kleine, spannenden und streckenweise auch originelle Spiele. Einige davon habe ich mir schon auf der Messe geholt, einige weitere werden im Laufe der nächsten Monate sicherlich folgen. Auf jeden Fall wird mir das Material für regelmäßige Spieletreffen nicht so schnell ausgehen.

Von den Zombies, welche die Messe die letzten zwei Jahre dominiert hatten, war bis auf einige wenige Ausnahmen nichts mehr zu sehen. Dafür setzte sich der Trend in Richtung des Steampunk-Genres weiter fort; Brettspiele, Tabletops, Romane, Comics, Rollenspiele und sogar die verschiedenen LARP-Stände hatten ein breit gefächertes Angebot zu dieser Thematik. Ob sich dieser Trend fortsetzen wird, wage ich zu bezweifeln, eher wird er noch ein oder zwei Jahre anhalten und dann langsam vom nächsten Hype abgelöst werden. Ähnlich verhält es sich mit der bekanntesten Lovecraft-Schöpfung, dem Großen Cthulhu. Oder, wie der großartige Cartoonist John Kovalic schon vor einigen Jahren gesagt hat „Everything is better with Cthulhu!“. Bei dem Rollenspiel H.P. Lovecrafts Cthulhu oder dem Strategiespiel Cthulhu Wars mag dies gerechtfertigt sein, aber bei unglaublich vielen anderen Spielen geht es einfach nur darum, die Fanbase anzusprechen und ihnen mit gierigen Tentakeln die Euros aus den Taschen zu ziehen.

Das sich traditionelle Gesellschaftsspiele immer noch sehr erfolgreich gegen die virtuelle Konkurrenz behaupten können, und dabei sogar einigen Boden gut machen, zeigen die offiziellen Zahlen des Veranstalters: 162.000 Besucher, über 900 Aussteller, rund 1.000 Neuheiten auf 63.000 qm sind durchweg beeindruckend. Auch nach meinem eigenen, zugegeben sehr subjektiven, Empfinden war die Messe noch nie so groß oder so voll wie in diesem Jahr. Das am Samstag dichtes Gedränge herrscht bin ich mittlerweile gewohnt, dass jedoch schon am Donnerstag die Hallen dermaßen vollgestopft sind war mir bisher neu. Als sehr angenehm empfand ich dabei die Atmosphäre in der, neu hinzugekommenen, Halle 7. Hier war es bei weitem nicht so laut, voll und hektisch wie in den anderen Hallen und bei den zahlreichen Klein- und Kleinstverlagen gab es durchaus einige spannende, originelle Dinge zu entdecken. Einige der Verlage konnten zwar nur ein wenig Standdeko oder ein paar Flyer vorweisen, entsprechend herrschte dort gähnende Leere. Andere dagegen wirkten ausgesprochen professionell und konnten sich dem Besucheransturm kaum erwehren. Zudem gab es hier die meisten Dinge, abseits der üblichen Trends, zu sehen und mehr als ein Spiel fand den Weg in meinen Rucksack.

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