Kategorie: Brettspiel
Autor: Sandy Petersen
Zeichner: Richard Luong
Verlag / Publisher: Green Eye Games
Erscheinungsdatum: 01.02.2015
Sprache: Englisch
Als Sandy Petersen, dem einen oder anderen vielleicht als Hauptautor des Cthulhu-Rollenspiels oder auch durch seine Mitarbeit am Computerspiel-Klassiker DOOM bekannt, im Frühjahr 2013 mit der Firma Green Eye Games sein neues Brettspiel Cthulhu Wars ankündigte und zur Finanzierung eine Crowdfunding-Kampagne startete war die Resonanz trotz des exorbitanten Preises erstaunlich groß.
Wie es häufig beim Crowdfunding der Fall ist, verzögerte sich jedoch die Auslieferung des Spieles (nicht ganz überraschend) um ein ganzes Jahr, so dass sich die Spieler erst Anfang 2015 daran machen konnten, mit den Großen Alten um die Weltherrschaft zu ringen.
Die Ausgangssituation dürfte Kennern des Lovecraft’schen Werkes zumindest ansatzweise bekannt vorkommen: Die Menschheit hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter an den Rand des Untergangs manövriert: Kriege, Umweltverschmutzung, Hunger und Krankheiten haben die Bevölkerung dezimiert. Schließlich stehen die Sterne auch noch in der richtigen Konstellation, was es einigen degenerierten Kultisten ermöglicht die Großen Alten und deren Dienerkreaturen zu beschwören.
Das Spiel wird in einer imposanten schwarzen Kiste ausgeliefert, deren Größe und Gewicht deutlich über dem vieler anderer Brettspiele liegt. Und wie bei allen umfangreichen Spielen, so macht es auch hier Sinn zuerst das Spielmaterial zu sichten. Das Spielbrett besteht aus einer großen Weltkarte, die in unterschiedliche Regionen aufgeteilt ist. Die Karte ist zweiseitig, so dass die Größe an unterschiedliche Spielerzahlen angepasst werden kann. Dazu kommen 20 sechsseitige Würfel, zahlreiche Marker für Tore in andere Welten, Ältere Zeichen und verschiedene Spieleffekte sowie die 52seitige Anleitung. Der eigentliche Blickfang sind jedoch die insgesamt 64 Figuren für die vier verschiedenen Fraktionen des Grundspiels: Shub-Niggurath, Nyarlathotep, Hastur und natürlich Cthulhu höchstselbst. Jedem Spieler stehen sechs Kultisten zur Verfügung, dazu kommen noch charakteristische Monster wie Shoggothen, Tiefe Wesen, Ghoule, Dunkle Junge oder Byakhee und natürlich die Großen Alten selbst. Für jede Fraktion gibt es zudem noch ein eigenes Tableau das die verschiedenen Besonderheiten auflistet und je sechs spezifische Zaubersprüche. Im Laufe des Spieles können diese durch unterschiedliche Aufgaben freigeschaltet werden. Sowohl die Aufgaben als auch die Zauber sind für jede Fraktion anders und haben einen thematischen Bezug zum jeweiligen Großen Alten. So können Cthulhu-Kultisten beispielsweise in Tiefe Wesen umgewandelt werden oder Nyarlathotep unterminiert die Macht der anderen Großen Alten. Schließlich liegt dem Spiel noch der „Doom-Track“ bei, auf dem festgehalten wird, wie viele Punkte ein Spieler erreicht hat und das „Ritual of Annihilation Deck“, dies dient dazu anzuzeigen, wie weit die Erde von der endgültigen Zerstörung entfernt ist.
Nach der Sichtung des Spielmaterials ist der Aufbau eigentlich schnell erledigt: Jeder Spieler erhält das Spielmaterial des jeweiligen Großen Alten, also die Figuren, das Tableau, die Marker und die Zaubersprüche und platziert seine sechs Kultisten sowie das Portal auf seinem Startfeld.
Sind diese Spielvorbereitungen abgeschlossen, so kann die Partie starten, die sich in verschiedene Phasen unterteilt. Am Anfang steht hier die „Gather Power Phase“, in der die Spieler Macht generieren. In der Regel erhält jeder Spieler Macht für eigene Kultisten und kontrollierte Tore, es gibt aber auch weitere Spielfaktoren, die sich auf die Anzahl der Machtpunkte auswirken können. Der Spieler, der nach dieser Phase die meiste Macht angesammelt hat, wird auch der Startspieler der neuen Runde und muss entscheiden, ob die Spielreihenfolge in der kommenden Runde rechts- oder linksherum verläuft. Danach schließt sich die „Doom Phase“ an, in der die Spieler für kontrollierte Tore und andere Effekte Punkte bekommen. Hier können sie sich auch entscheiden die entsprechende Anzahl Machtpunkte auszugeben um ein Ritual auszuführen, was wiederum „Doom“-Punkte und eventuell ein Älteres Zeichen (die wiederum Punkte bringen) als Belohung gibt. Nun geht das Spiel zur „Action Phase“ über, bei der die Spieler, abhängig von der ihnen zur Verfügung stehenden Macht, verschiedene Aktionen ausführen. Dabei macht jeder Spieler eine Aktion, zahlt die dazugehörigen Kosten, danach ist der nächste Spieler an der Reihe. Wenn alle Spieler eine Aktionen durchgeführt haben, ist der erste Spieler wieder mit einer Aktion an der Reihe. Dies wird solange fortgesetzt, bis keiner der Spieler mehr „Power“ auf seiner Leiste hat, oder keine weiteren Aktionen ausführen möchte. Mögliche Aktionen sind dabei die Bewegung der eigenen Figuren auf benachbarte Felder, das Einleiten von Kämpfen, die Rekrutierung neuer Kultisten, das Beschwören von Toren oder Mythos-Kreaturen und das Nutzen bestimmter Zauber aus dem bisher erworbenen Repertoire. Leitet ein Spieler dabei einen Kampf ein, so werden die Kampfwürfel der beteiligten Figuren der jeweiligen Seiten zusammenaddiert, eventuell haben auch Zauber oder die Fähigkeiten mancher Kreaturen weitere Auswirkungen auf den Kampf. Die Spieler würfeln zeitgleich, wobei eine 6 eine gegnerische Kreatur vernichtet, während eine 4 oder 5 sie nur verletzt und zum Rückzug auf ein angrenzendes Feld zwingt. So kann es durchaus vorkommen, dass sich zwei Fraktionen in einem Kampf gegenseitig ausrotten oder zumindest aus einem Feld vertreiben. Um Tore oder Kreaturen zu beschwören müssen lediglich die entsprechenden Punktkosten bezahlt werden. Danach kann das Modell auf dem Spielfeld platziert werden. Um einen Großen Alten zu beschwören müssen neben den Macht-Kosten meist noch andere Bedingungen erfüllt werden, so erfordert die Beschwörung von Shub-Niggurath beispielsweise die Opferung zweier eigener Kultisten. Haben alle Spieler ihre Aktionen beendet so startet die nächste Runde.
Dies wird so lange fortgesetzt, bis ein Spieler 30 „Doom“-Punkte erreicht und über alle sechs Zaubersprüche verfügt oder das letzte Ritual ausgeführt wurde. Auch in diesem Fall werden die Punkte gezählt. Sollte ein Spieler es nicht geschafft haben, zu diesem Zeitpunkt alle Zauber zu aktivieren so verliert er, so kann es durchaus vorkommen, dass das Spiel keinen Sieger hat.
Nach einigen Spielen kristallisiert sich für jede Fraktion eine vielversprechende Anfangsstrategie heraus, was die ersten zwei oder drei Runden, zumindest mit erfahrenen Spielern, recht vorhersehbar macht. Danach entwickelt sich der Spielablauf jedoch sehr unterschiedlich und bietet zahlreiche Möglichkeiten verschiedene Taktiken zu erproben, Zweckbündnisse einzugehen und die Effekte der Zauber einzusetzen. Dabei spielt sich jede Fraktion eigenständig, was der Atmosphäre des Spiels zu Gute kommt. Trotz des umfangreichen Spielmaterials und den vielfältigen Handlungsoptionen läuft Cthulhu Wars recht flüssig ab und eine Partie dauert selten länger als 90 Minuten. Auch zu zweit oder zu dritt funktioniert das Spiel passabel, doch macht es zu viert deutlich mehr Spaß und die Spieler kommen sich praktisch schon ab der zweiten Runde ins Gehege. Die Spielvorbereitungen sind trotz des umfangreichen Spielmaterials schnell abgeschlossen, so dass auch einer zweiten Partie nichts im Wege steht.
Für das Design und die Modellierung der Figuren war die britische Miniaturenschmiede Fenris Games verantwortlich und diese hat einen hervorragenden Job gemacht. Die Miniaturen sind für ein Brettspiel hervorragend, sehr detailliert, stimmig gestaltet und zumeist sauber gegossen. Die Kultisten und auch die meisten der Monster sind im gängigen 28 mm-Maßstab gehalten, was nach meinem Empfinden allerdings deutlich zu groß ausgefallen ist (oder das Spielfeld zu klein). So kann es durchaus öfters vorkommen, dass in bestimmten Bereichen der Karte ein unübersichtliches Gedränge herrscht. Auch das restliche Spielmaterial macht einen sehr guten, hochwertigen Eindruck und bietet eigentlich keinen Anlass zur Kritik. Einzig die Tableaus der Spieler hätten auf stärkeres Material gedruckt werden können, sind sie doch recht labberig. Das umfangreiche Regelheft enthält neben den Regeln mit zahlreichen Beispielen auch taktische Hinweise für jede der Fraktionen, was den Einstieg deutlich erleichtert. Dazu kommt ein sehr großzügiges Layout und einige ausgesprochen stimmige Illustrationen von Richard Luong.
Sandy Petersen liefert hier ein durchaus anspruchsvolles Brettspiel ab, dass sowohl optisch als auch spielerisch zu gefallen weiß.