Musiker: Solitary Experiments
Label: Out Of Line, Rough Trade
Genre: Alternative, Darkwave, Electro, Industrial
Laufzeit: 117 Minuten
Tracklist:
CD 01
01 - Wonderland
02 - Heart of stone
03 - Every now and then
04 - Head over Heels
05 - Zeitgeist feat. Dirk Ivens
06 - Discipline
07 - Transcendent
08 - The Great Unknown feat. Elena Fossi
09 - End of Story
10 - Self-fulfilling Prophecy
11 - In Agony
CD 02
01 - Träumen feat. Nina De Lianin
02 - Sea of Love feat. Patrik Hansson
03 - Anyone out there feat. Gabriella Åström
04 - So Bizarre feat. Nils Upahl
05 - Every Now And Then (Rob Dust RMX)
06 - Heart Of Stone (Grendel RMX)
07 - Wonderland (In Strict Confidence RMX)
08 - Heart Of Stone (Run Level Zero RMX)
09 - Wonderland (Supreme Court RMX)
10 - Darkness Falls (Anxiolytic RMX By MC1R)
11 - Road To Horizon (Controlled Fusion RMX By Steffen Schuhrke)
12 - Immortal (Massiv In Mensch RMX)
Erscheinungsdatum: 28.10.2022
Sprache: Deutsch
Solitary Experiments können mittlerweile auf eine über 25jährige Laufbahn zurückblicken. Dank zahlreicher Veröffentlichungen und einer steten Live-Präsenz hat sich die Band in dieser Zeit zu einer festen Szene-Größe entwickelt. Trotz Chartplatzierungen der letzten Alben ist dem Duo aus Frankfurt (Oder) der ganz große Erfolg im Mainstream jedoch bisher verwehrt geblieben. Ob sich das mit dem aktuellen Album Transcendent ändert, wird sich erst noch zeigen. Die Veröffentlichung liegt zumindest wieder in den bewährten Händen von Out of Line, die bereits für die letzten Alben verantwortlich waren.
Was steckt drin?
Der geneigte Käufer hat bei Transcendent die Qual der Wahl. Neben einer Veröffentlichung in rein digitaler Form gibt es das Album als (Hardcover-)Digi-Pack mit zwei CDs und einem integrierten Booklet. Für Liebhaber antiquierter Tonträger hat das Label das Analog vs. Digital-Paket geschnürt. Hier werden die CDs durch eine Cassette ergänzt.
Die Grundlage dieser Rezension bildet die Doppel-CD. Auf dem ersten Silberling ist das eigentliche Album „Transcendent“ untergebracht. Die zweite CD, „Enlightenment“, enthält dagegen Kollaborationen mit anderen Musikern – sei es in Form von Gast-Vocals oder Remixen.
Was wird gespielt?
Die Band ist, eigentlich seit dem Debüt Final Approach, ihrem Stil weitgehend treu geblieben. Gespielt wird Future Pop mit gelegentlichen Ausflügen in andere Genres der elektronischen Musik – auch Transcendent bildet hier keine Ausnahme.
Der Opener „Wonderland“ liefert dafür gleich ein Paradebeispiel. Die Melodie ist gefällig, eingängig und nicht übermäßig komplex. Hinzu kommt der angenehme, nur wenig verfremdete Gesang von Dennis Schober. Abgerundet wird das Ganze durch einen tanzbaren, aber nicht zu schnellen Beat. Dem Stück fehlt zwar das gewisse Etwas für einen richtigen Ohrwurm, liefert aber sehr solides Futter für die einschlägigen Clubs.
„Every now and then“ wurde als erste Single ausgekoppelt – den dazugehörigen Video gibt es HIER zu sehen. Mal langsam und bedächtig, dagegen im Refrain etwas schwungvoller präsentiert sich der Track. Ein interessanter Kontrast, der sowohl die Musik als auch den Gesang umfasst. Für mich wird das Lied mit jedem Hördurchgang ein kleines Bisschen besser.
Für „Discipline“ verabschieden sich Solitary Experiments ein Stück weit vom Future Pop. Der Gesang kommt aggressiver daher, auch die Beats sind treibender. Dies relativiert sich im Refrain jedoch immer wieder ein wenig. Insgesamt tut der Musik etwas mehr Biss und Härte erstaunlich gut. Hier zeigt die Band, dass sie auch mit anderen Spielarten der elektronischen Musik umgehen kann.
Der ruhige, beinahe meditative Titeltrack „Transcendent“ kommt ausnahmsweise ganz ohne Vocals aus. Es braucht fast eine Minute, bis die einfache gestrickte Tonfolge durch sehr langsame Beats strukturiert wird. Nach einer weiteren Minute kommt als dritte Ebene eine komplexere Melodie hinzu, die den ruhigen Charakter des Stücks nochmals verstärkt. Ein ungewöhnlicher Track, aber für mich eines der Highlights des Albums.
Elena Alice Fossi, hauptberuflich bei Kirlian Camera am Mikrofon, hat bei „The Great Unknown“ einen Gastauftritt. Wie nicht anders zu erwarten tritt die Musik dabei weit in den Hintergrund, um der großartigen Stimme ihren Raum zu lassen. Einzig der konsequent eingängige Beat und kurze instrumentale Zwischenpassagen können dagegen bestehen. Eine objektive Einschätzung fällt mir, zugegebenermaßen, etwas schwer. Auf jeden Fall passen die Musik von Michael Thielemann und der Gesang von Frau Fossi hervorragend zusammen.
Den regulären Teil von Transcendent beschließt „In Agony“. Die Atmosphäre des Tracks ist deutlich beklemmender als bei den vorangegangenen Stücken. Die leicht verzerrten Vocals wechseln zwischen gesprochenem Wort und Gesang im Refrain und haben wahlweise einen bedrohlichen oder gequälten Unterton. Die Musik passt sich daran gekonnt an und variiert zwischen puppernden Beats und unterkühlten Keyboard-Passagen. Für mich mein Lieblingstrack auf dem Album.
Bei den Tracks auf der zweiten CD handelt es sich um vier Kollaborationen mit Gastsängern, beispielsweise Nina de Lianin von In Strict Confidence oder Niels Upahl der bei Beyond Obsession hinter dem Mikrofon steht. Unter den acht Remixen sind Stücke von Transcendent, aber auch Archivfunde.
Den Anfang macht „Träumen“, bei dem es sich tatsächlich um ein Duett handelt. Die Gesang von de Lianin/Schober steht gleichberechtigt nebeneinander und harmoniert recht gut miteinander. Den (deutschen) Text empfinde ich dagegen als ein wenig kitschig. Dieses Manko wird aber durch die Musik mehr als wett gemacht. Hier gibt es wieder besten Future Pop zu hören: melodisch, eingängig, tanzbar.
Der Rob Dust Remix von „Every Now And Then“ bedient sich kräftig am 1980er Jahre New Wave. Eine sehr interessante Variante, die mir tatsächlich besser gefällt als die reguläre Album-Version. Viel Hall in den Vocals, harmonischer Keyboard-Einsatz und ein klassischer Beat freuen den Nostalgiker in mir.
„Wonderland“ wird von In Strict Confidence durch den Mixer gedreht. Dabei ist eine sehr entschleunigte Version des Tracks herausgekommen. Wenn man (sehr) großzügig ist, könnte das Stück durchaus als Piano-Ballade durchgehen. Eine interessante Interpretation, die mit dem Original nur noch wenig zu tun hat.
„Darkness Falls“ im Anxiolytic Remix und „Immortal“, gemixt von Massiv in Mensch verabschieden sich schließlich ganz von poppigen Gefilden. Hier ist der Gesang merklich stärker verzerrt, aggressiver und durch Samples ergänzt. Dazu kommt ein treibender Rhythmus und nur selten melodische Parts. Diese Varianten finde ich sehr spannend, bringen sie doch eine neue Facette in die Musik von Solitary Experiments.
Gehört die CD in den Player?
Auch mit ihrem (je nach Zählweise) 18ten Album liefern Solitary Experiments wieder gewohnt gehaltvolle futuristisch-poppige Kost. Die Mischung aus Melodie, Gesang und tanzbaren Beats funktioniert nach wie vor ausgesprochen gut. Dabei sorgen kurze Ausflüge in Industrial, Instrumental oder EBM dafür, dass das Album auch nach mehreren Durchgängen nicht langweilig wird. Mit der zweiten CD gibt es außerdem noch großzügiges Bonusmaterial, welches die Vielseitigkeit in den Vordergrund stellt. Die Gastsänger und Duette funktionieren mal mehr und mal weniger gut. Dafür sind die Remixe durchgängig hörenswert und verleihen den ursprünglichen Stücken einen völlig neuen Klang.
Im Booklet gibt es die Texte zu den einzelnen Liedern, und dazu ausführliche Angaben, wer alles an der Entstehung des Albums beteiligt war.
Weitere Informationen zur Band und, unter anderem, den Live-Dates im kommenden Frühjahr gibt es auf der Homepage. Dort finden sich zudem auch einige Videos und Hörproben. Das Label Out of Line hat passend zum Album noch verschiedenes Merchandise im Angebot – hinzu kommt vorangegangene Veröffentlichungen und ein Tour-Überblick.
Transcendent zeigt die Band in gewohnt guter Form und bietet als Bonus das eine oder andere Leckerli.