Musiker: Saeldes Sanc
Label: Prosodia
Genre: Alternative
Laufzeit: 76 Minuten
Tracklist:
01 – Prolog I
02 – Les Medixants
03 – Prolog II
04 – Lucy Gray
05 – Amoris Donat Exitio
06 – Prolog III
07 – Lache, Lache
08 – Virginis Memoriae
09 – Der Tuonkle Stern
10 – Prolog IV
11 – Des Winters Langiu Näht
12 – Prolog V
13 – Tandaradei
14 – Prolog VI
15 – Des Valchen Guldin Riemen
16 – Aval La Face
17 – Floret Silva Nobilis
18 – Prolog VII
19 – Chanterai Por Mon Corage
20 – Tanzlied
21 – Prolog VIII
22 – The Pursuit of Felicity
Erscheinungsdatum: 04.04.2017
Sprache: Deutsch/Latein/Englisch/Französisch
Dem einen oder anderen musikalisch Interessierten könnte die Sopranistin Hannah Wagner bereits durch ihre Zusammenarbeit mit dem umtriebigen Ernst Horn, von dessen Projekt Helium Nova, bekannt sein. Unter dem Bandnamen Saeldes Sanc hat sie nun eine ganze Reihe von Musikern, unter anderem auch Herr Horn, um sich geschart um mit Thank You For The Tragedy ihr eigenes Debüt zu veröffentlichen. Die CD wird über das kleine Label Prosodia veröffentlicht, die normalerweise eher auf das Folk-Genre spezialisiert sind.
Thematisch unterteilt wird das Album von acht Prologen – Gedichte, vorgetragen vom Berliner Autor Christian von Aster, die einen inhaltlichen Bezug zu den folgenden Liedern herstellen und den Hörer einstimmen sollen. Die Texte der Stücke stammen aus alten Quellen, gehen teilweise bis ins 12. Jahrhundert zurück und wurden von Hannah Wagner teils bearbeitet, während die Musik ausnahmslos aus ihrer Feder stammt.
Nach dieser kurzen Einleitung eröffnet „Les Medixants“ das Album – lockere Klavierpassagen mit fröhlichem Gesang wechseln sich mit langsamen, bedrohlichen Streicher-Parts ab und auch die Vocals von Frau Wagner wirken mit einem Mal gar nicht mehr so freundlich. Gegen Ende kommen recht dominantes Schlagzeug und mehrstimmiger Gesang hinzu, der dem Stück einen gewissen Druck verleiht und recht gut zu Gesicht steht. Der Text zu „Lucy Gray“ stammt vom britischen Romantiker William Wordsworth – geradezu modern im Vergleich zu den anderen Stücken. Gemessen am doch eher tragischen Inhalt ist die Musik schon beinahe unangemessen heiter. Viel Klavier, akzentuiert von Streichern und Schlagwerk machen das Lied sehr eingängig und liefern dem Hörer einen guten Zugang zur Musik der Band. Aus dem bisherigen Rahmen fällt dagegen das kürzeste Stück des Albums, „Lache Lache“. Ein schwungvoller Rhythmus des Schlagzeugs und überschwänglicher Gesang, in Kombination mit ausgelassenen Streichern demonstrieren, dass Sängerin und Musiker auch richtig fröhliche Musik machen können. Deutlich getragener präsentiert sich „Der Tuonkle Stern“ – hier sind es vor allem der mehrstimmige Gesang und der ungewöhnlich lange Instrumentalpart, welche das Stück hervor heben. Obwohl sie gelegentlich in den Hintergrund tritt ist die Violine für mich das eigentlich tonangebende Instrument; Schlagwerk und Klavier spielen zwar auch ihre Rollen, hinterlassen aber keinen so nachhaltigen Eindruck. Bei „Tandaradei“ setzen Saeldes Sanc auf extreme Stimmungs- und Tempowechsel – ausgelassene Feierlaune herrscht vor, während deutlich ruhigere Passagen für Kontraste sorgen. Wirklich spannend sind jedoch die Gesangsparts; neben Hannah Wagners klarem Sopran bietet das Stück mehrstimmige Choräle, Sprechgesang und psychotisches Gelächter. Für mich sicherlich das interessanteste, wenn auch nicht unbedingt das eingängigste, Stück des Albums. „Floret Silva Nobilis“ folgt dagegen wieder einem eher stringenten Ablauf. Der Gesang steht eindeutig im Mittelpunkt während Klavier und Streicher den passenden Rahmen schaffen. Ruhig, melancholisch, dabei immer wieder um druckvollere Passagen ergänzt, gehört auch dieser Track zu meinen Lieblingen auf dem Album. Wie der Name schon vermuten lässt, ist das „Tanzlied“ wohl das lockerste Stück auf Thank You For The Tragedy. Der Rhythmus bringt den Hörer mühelos zum Mitwippen, die Geschwindigkeit bleibt fast über die gesamte Dauer gleich und das Zusammenspiel der weiblichen und männlichen Stimmen bietet einen ganz eigenen Reiz. Den gelungenen Abschluss des Albums bildet „The Pursuit of Felicity“. Die Band zeigt hier noch einmal alle Stilelemente, die auch schon die vorherigen Stücke ausgezeichnet haben. Dabei schaffen sie es den Track gleichzeitig melancholisch und verhalten optimistisch klingen zu lassen. Für mich (ganz knapp) das stärkste Lied auf einem ohnehin schon ziemlich guten Tonträger.
Saeldes Sanc legen mit ihrem Debüt ein ungewöhnliches, aber auch sehr spannendes und vielseitiges Stück Musik vor. Anspruchsvolle Arrangements, die stimmigen Zwischenpassagen mit Herrn von Aster und vor allem der großartige Gesang der Frontfrau machen Thank You For The Tragedy zu einer ausgesprochen gelungenen CD. Diese lässt sich zwar thematisch grob im Genre der Mittelaltermusik verorten, verzichtet aber dankenswerterweise auf die häufig üblichen überbordenen Dudelsäcke und Trommeln und bedient sich eher eines klassischen Instrumentariums. Der Ansatz ist zwar nicht unbedingt neu, aber die Musiker um Frau Wagner müssen sich mit ihrem Erstling sicherlich nicht hinter der (noch) deutlich bekannteren Konkurrenz in dieser Nische verstecken. Wer seinen musikalischen Horizont ein wenig erweitern möchte und sich auch nicht davor scheut Musik bewusst zu hören kann mit dieser CD eigentlich nichts falsch machen.
Die Produktion ist extrem sauber und klar, was vor allem den Gesang zur vollen Geltung bringt. Die Musiker beherrschen ihre Instrumente, setzen Akzente dort wo sie gebraucht werden und schaffen einen angemessenen Rahmen um die Stimme wirken zu lassen. Das Booklet enthält neben einer Auflistung der Beteiligten auch die Texte der Stücke in Latein, Englisch, Französisch sowie in der deutschen Übersetzung. Zeichungen und Fotos runden schließlich das kleine Heft ab.
Mit ihrem Erstling präsentieren Saeldes Sanc tolle Musik abseits der gängigen Hörgewohnheiten und zeigen, dass auch (sehr) alte Texte den heutigen Hörer ansprechen können.
Arneburger Straße 37T