Kategorie: Spielfilm
Darsteller: Adam Rifkin, Anton Troy, Corey Jones, Jim Ward, Joel David Moore, Kaili Thorne, Kristina Klebe, Owen Benjamin, Richard Riehle, Sarah Mutch, Sean Paul Lockhart, Tim Sullivan
Regie: Adam Green, Adam Rifkin, Joe Lynch, Tim Sullivan
Filmstudio: Tiberius Film
Der dritte Teil meines Movie Massakers hat dann leider doch deutlich länger auf sich warten lassen als ursprünglich geplant. Geschuldet war dies einem defekten Fernseher, größeren Verwerfungen in meinem privaten Umfeld und natürlich dem ganz alltäglichen Wahnsinn. Nun habe ich aber wieder die Muße gefunden tief in meinen Giftschrank abzutauchen und eine ganz besondere Perle ans Tageslicht zu fördern. Auf der Suche nach einem passenden Film für einen regnerischen Abend fiel mir schließlich eine DVD in die Hände, bei der ich mich weder daran erinnern konnte, sie gekauft, geschweige denn schon einmal gesehen, zu haben.
Ein kurzer Blick auf den Klappentext von Chillerama verspricht zumindest einen abwechslungsreichen Filmabend. Bei dem Machwerk aus dem Jahr 2011 handelt es sich um einen Episodenfilm, der sich mit vier völlig unterschiedlichen Themen, eingebunden in eine Rahmenhandlung, befasst.
Ausgangspunkt und Rahmenhandlung für die Kurzfilme ist das Autokino von Mr. Kaufman (Richard Riehle), das vor der endgültigen Schließung steht. Für diese letzte, denkwürdige Vorführung sind vier besonders ausgewählte Perlen des Horrorfilms geplant. Während die ersten Autos schon auf den Parkplatz rollen macht der Vorführer Floyd noch einen kurzen Abstecher auf den Friedhof zu seiner verstorbenen Frau. Der nekrophile Blowjob geht allerdings furchtbar schief – die Leiche erwacht zum Leben und knabbert am Gemächt ihres Angetrauten. Dieser besiegt den Zombie und macht sich anschließend pflichtbewusst auf den Weg ins Kino, sondert dabei aber eine bläulich leuchtende Flüssigkeit ab.
„Wadzilla“, der erste der vier Kurzfilme, ist eine Hommage an die Monsterfilme der 50er Jahre und bedient die entsprechenden Klischees. Dem kleinen, schüchternen Angestellten Miles Munson (Adam Rifkin) machen seine trägen, wenigen Spermien zu schaffen. Der Urologe Dr. Weems (Ray Wise) verschreibt ihm daraufhin ein experimentelles Medikament, dass die Spermienproduktion anregen soll. Das Medikament ist offensichtlich noch nicht ganz ausgereift, so dass der arme Munson nun nicht mehr Spermien produziert, sondern nur ein einzelnes, ausgestattet mit Fangzähnen und dem unbändigen Willen zu befruchten. Nach einem kurzen „Handgemenge“ mit Munson und seiner Freundin Louise (Sarah Mutch) entkommt es, marodiert durch New York, vernascht einige Passanten und wächst dabei immer weiter. Polizei und Militär können das Monster weder mit Panzern noch mit Spermizid-Werfern besiegen. Die Kreatur bahnt sich eine Schneise der Vernichtung durch die Stadt, bevor es zu einem spektakulären Showdown auf der Freiheitsstatue kommt.
Die Besucher des Autokinos nutzen die Pause zwischen den Filmen um sich mit Getränken und Snacks zu versorgen. Mittlerweile hat jedoch Floyd seinen bläulichen Glibber auf recht unschöne Weise in die Butter fürs Popcorn abgesondert, der nun unbemerkt an die Kinobesucher verfüttert wird.
Der zweite Film, „I was a Teenage Werebear“, startet als typische, romantische Teenager-Komödie im Stile der 60er Jahre – mit Sommer, Sonne, Strand und fetzigem Soundtrack. Peggy Lou (Gabby West) möchte eigentlich nur mit ihrem Freund Ricky (Sean Paul Lockhart) wild fummeln, doch dieser hat nur Augen für die knackigen Surfer am Strand. Kurz darauf wird Peggy bei einem tragischen Autounfall schwer verletzt, während Ricky durch den Außenseiter Talon (Anton Troy) gerettet wird. Beim Training des Ringteams der Schule beißt Talon Ricky in den Hintern, der daraufhin ungeahnte Kräfte entwickelt. Bei einem Gerangel in der Dusche der Highschool eskaliert der Streit zwischen dem Schulschläger Butch (Adam Robitel) und Talon. Im Verlauf der Auseinandersetzung verwandeln sich Talon und seine beiden schweigsamen Begleiter in Werbären (die schwule Ledervariante) und zerfetzen die anderen Schüler. Ricky fühlt sich nun hin und her gerissen zwischen dem „normalen“ Leben, das er gerne führen würde und den Verlockungen der Bären. Bei einer Strandparty attackieren die Bären schließlich die anderen Schüler und Ricky muss sich für eine Seite entscheiden. Aufgelockert wird die Story mit einigen schmissigen Rock ’n‘ Roll-Nummer, bei denen die Schauspieler selbst am Mikrofon standen.
Auch in der zweiten Filmpause wird fleißig Popcorn konsumiert und die kleine Lovestory zwischen den beiden Nerds Tobe (Corey Jones) und Mayna (Kaili Thorne) entwickelt sich langsam, während auch schon der dritte Streifen der Spätvorstellung beginnt.
Zurück ins Jahr 1944 führt „The Diary of Anne Frankenstein“. Hier treffen wir die Familie Frank, die sich in einem Hinterhaus in Amsterdam vor den Nazi-Schergen versteckt hält. Um sich die Zeit zu vertreiben blättert die jungen Anne im Tagebuch ihre Urgroßvaters, der damals noch den vollen Familiennamen Frankenstein trug. Ihr Vater warnt sie, dass ihr Ahne ein schlechter Mensch war und „aus Totem Leben erschaffen hat“. Kurz darauf stürmt Adolf Hitler (Joel David Moore) höchstpersönlich mit einigen SS-Truppen das Versteck, tötet die Familie und bringt das Tagebuch an sich. Die nächste Szene führt in das Labor des Führers, wo er aus den Körperteilen, die ihm schubkarrenweise geliefert werden, eine neue Geheimwaffe baut. Während sich Eva Braun (Kristina Klebe) mit dem Leichendieb und diversen Soldaten vergnügt, gelingt es Hitler seine Kreatur fertig zu stellen. Ungeschickterweise stammten die Körperteile von jüdischen Leichen und das erweckte Wesen stellt sich als monströser Rabbiner heraus. Schon nach kurzer Zeit wendet sich dieser gegen seinen Schöpfer und setzt im Endkampf gegen Hitler und seine Handlanger effektiv Dreidel und Chanukkia als todbringende Waffen ein. Die Episode ist, auch in der englischen Sprachversion, komplett auf deutsch gedreht; interessant sind dabei vor allem die Dialoge Hitlers, die eine komplett andere Bedeutung haben als ihre Untertitel.
Mittlerweile entfaltet der blaue Glibber bei einem guten Teil der Kinobesucher seine Wirkung. Die ersten Zuschauer verwandeln sich in Untote, denen der Sinn nicht unbedingt nur nach dem Hirn ihrer Mitmenschen steht, auch eine sexuelle Zügellosigkeit geht mit der Verwandlung einher.
Der vierte Kurzfilm „Deathication“, eine psychedelische, sehr unschöne Mischung aus Fäkalien und nackten Brüsten, wird glücklicherweise durch die vollständige Invasion der Zombies auf das Autokino beendet.
Während sich die meisten zombiefizierten Besucher einer nepkrophilen (und ziemlich ekligen) Orgie hingeben wehren sich Tobe, Mayna und Mr. Kaufman verzweifelt gegen die untoten, notgeilen Horden und versuchen sich einen Weg aus dem Kino frei zu kämpfen.
Ich weiß nicht genau, was sich die Macher während der Entstehung von Chillerama eingefahren haben, aber es muss ziemlich heftiger Stoff gewesen sein. Die dreieinhalb Episodenfilme sind zwar originell – ich kann mich beim besten Willen nicht an andere Filme mit schwulen Werbären, tödlichen Kackwürsten oder Rabbi-Golems erinnern – aber eben völlig hirnrissig. Dazu kommen die (gewollt) billigen Tricks und Spezialeffekte, die den trashigen Charakter des Films hervorragend unterstreichen. Die schauspielerischen Leistungen reihen sich dann auch ebenfalls nahtlos in das Gesamtbild ein. Die Aufnahmen sind körnig mit Störungen und Ausfällen, auch die Tonspur knarzt herrlich. Die Rahmenhandlung ist etwas weniger durchgeknallt und kann mit recht guten Effekten, Film- und Tontechnik punkten.
Die Extras auf der DVD sind mit zwei Interviews recht dürftig ausgefallen, auch die deutsche Synchronisation ist nicht wirklich berauschend, so dass ich den Originalton bevorzuge. Bei der Besetzung haben die Produzenten auf eine Mischung aus bekannteren Gesichtern (aus der zweiten oder dritten Reihe) und Neulingen gesetzt, auch die Regisseure ließen es sich nicht nehmen, kleinere und größere Rollen in ihren jeweiligen Episoden zu übernehmen.
Normalerweise bin ich ja nicht sonderlich zimperlich was Blut und Gedärm angeht, aber in diesem Fall finde ich die Altersfreigabe „Ab 16“ nicht wirklich angebracht. Die Effekte der Episodenfilme mögen noch weitgehend harmlos sein und wirken schon beinahe charmant unbeholfen. Dagegen ist das Zombie-Massaker gegen Ende des Filmes recht heftig und liefert ziemlich derbe Bilder ab, die zumindest noch vor einigen Jahren mit Sicherheit von der FSK einkassiert worden wären.
Wer glaubt schon alles gesehen zu haben was das Genre bereit hält, sollte sich vielleicht an Chillerama heranwagen. Am besten mit ein klein wenig Alkohol für das bessere Verständnis und in netter, gleichgesinnter Gesellschaft – dann macht der Film nochmal so viel Spaß. Einen kleinen Eindruck von dem Grauen das den Zuschauer erwartet bekommt man HIER.