Courtesans – 1917

20.06.2015 von Marcus Pohlmann

Musiker:

Genre: ,

Laufzeit: 49 Minuten

Tracklist:
01 – Scream
02 – Venus In Furs
03 – Sleaze
04 – Genius
05 – Indigo
06 – Lullaby
07 – Blood Money
08 – Dirty Killer
09 – Swallow
10 – Hard Man To Kill
11 – Liberate
12 – Swallow (Acoustic)
13 – Genius (Acoustic)

Erscheinungsdatum: 01.03.2015

Sprache: Englisch

Auf einem meiner zahllosen Streifzüge durch die unendlichen Weiten des Internets stieß ich vor kurzem auf das britische Damen-Quartet The Courtesans. Deren Version der Klassikers „Venus In Furs“, und nicht zuletzt das dazugehörige Video, machten mich neugierig auf die Band und deren Musik. Nach einigen Recherchen, mehreren Online-Clips und einer Crowdfunding-Kampagne konnte ich schließlich das Debütalbum 1917 in meinen CD-Player legen, das die Band ohne großen Vertrieb im Hintergrund veröffentlicht hat.

Der Opener „Scream“ beginnt mit einigen schleppenden Beats und Samples, die aber schnell in den Hintergrund treten und von schweren, langsamen Gitarrenriffs abgelöst werden. Die Vocals sind eine Mischung aus reinem, manchmal mehrstimmigem Gesang angereichert mit Hall- und Verzerrer-Effekten, eine Kombination, welche die Band im weiteren Verlauf des Albums noch mehrfach einsetzt. Danach schließt sich mit „Venus In Furs“ das Stück an, durch das ich letztendlich auf die Band aufmerksam wurde. Und obwohl sich die auf dem Album enthaltene Version von der im Netz kursierenden unterscheidet finde ich das Stück einfach grandios. Die Instrumentierung ist druckvoller und nicht ganz so psychedelisch wie das Original von The Velvet Underground. Doch ist es vor allem Sängerin Sinead La Bella die den Text gleichermaßen lasziv und verrucht vorträgt und so den Track zu etwas Besonderem macht. Nicht nur die Produktion des Albums, auch der Video zu „Indigo“ wurde über Crowdfunding finanziert. Für das Intro greift die Band diesmal auf einige Streicher zurück bevor in einem sehr gemäßigten Tempo gerockt wird. Was das Stück jedoch so eingängig macht, ist wieder der Refrain, bei dem wieder die gesamte Band mit einbezogen wird. Ungewöhnlich düster und schwer wabern die Töne von „Lullaby“ aus den Boxen. Hier sind es vor allem Bass und Keyboard die das langsamste Stück des Albums tragen, während Schlagzeug und Gitarre nur sporadisch zu hören sind. Bei den Vocals wird zudem viel mit Hall-Effekten gearbeitet, was die beklemmende Stimmung des Tracks noch intensiviert. Für mich eines der stärksten Stücke auf dem Album, vielleicht sogar das beste. Deutlich lauter und krachiger geht es dann mit „Dirty Killer“ weiter, bei dem der Fokus auf der sägenden Gitarre liegt und auch das Schlagzeug ist wesentlich druckvoller als zuvor. Der eigentliche Text wird diesmal eher gesprochen als gesungen, lediglich beim eingängigen Refrain zeigen alle vier Musikerinnen ihre stimmlichen Qualitäten. Der Anfang von „Liberate“, dem längsten Stück des Albums, erinnert mich an eine Trip Hop-Nummer, bevor dann nach der Hälfte die Band anfängt zu rocken. Die Kombination aus treibenden Beats melodischem Keyboard und den harten Akzenten der Gitarren funktioniert erstaunlich gut und macht das Stück durchaus tanzbar. Der letzte Track des Albums ist eine Akustik-Version von „Genius“, mehrstimmig gesungen und nur von zwei Gitarren begleitet. In dieser Variante wirkt das Lied über ein Beziehungsdrama deutlich intensiver auf den Hörer und ist so der grandiose Abschluss eines überaus gelungenen Albums.

Die vier Damen aus London legen hier ein recht beeindruckendes Erstlingswerk vor, dass sich schlecht in eine Schublade stecken lässt. Gitarrenlastiger Goth-Rock mischt sich mit Wave-Anleihen, Dubstep-Beats treffen auf Metal-Riffs und zuckersüßer, teils mehrstimmiger, Gesang trägt bitterböse Texte vor. Fast immer drehen sich diese Texte um Beziehungen in all ihren Spielarten, manchmal morbide, gelegentlich melancholisch, aber nie wirklich glücklich. Diese Mischung eignet sich nur bedingt für den Einsatz im Mainstream-Radio, doch das eine oder andere der 13 Stücke dürfte hoffentlich seinen Weg in die einschlägigen Clubs finden. Füllmaterial findet sich auf dem Album jedenfalls keines, je nach Stimmung und persönlichen Vorlieben bietet 1917 für den aufgeschlossenen Hörer das Richtige. Für mich sind eindeutig „Venus In Furs“ und „Lullaby“ die Highlights, doch finden sich bei jedem Hördurchgang kleine, spannende Details die den einen oder anderen Song in neuem Licht erscheinen lassen, wie beispielsweise die Streicher bei „Indigo“ oder der Refrain bei „Blood Money“.
Die Produktion des Albums ist sauber, druckvoll und schafft es die richtige Balance zu finden, was vor allem bei den beiden Akustik-Stücken angenehm auffällt. Das kleine Booklet enthält neben einer Auflistung der Unterstützer der Crowdfunding-Kampagne die üblichen Produktionsnotizen sowie die Texte der Stücke und einige Bilder der Bandmitglieder.

Zumindest für mich bisher die spannendste musikalische Neuentdeckung des Jahres 2015, mit einem tollen Debüt, eindrucksvollen Videos (unter www.thecourtesans.org) und einer beachtlichen, leider bisher nur auf Großbritannien beschränkten, Live-Präsenz.

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