Vengeance

07.04.2018 von Marcus Pohlmann

Vengeance

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Spieleranzahl: 1 bis 4 Spieler

Altersempfehlung: ab 14 Jahren

Spieldauer: ca. 30 Minuten pro Spieler

Erscheinungsdatum: 17.01.2018

Sprache: Deutsch

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So ziemlich jeder Leser dürfte mit dem Genre der sogenannten Revenge-Filme vertraut sein, aktuell im Kino vertreten durch Death Wish mit Bruce Willis. Der kleine Verlag Mighty Boards aus Malta nimmt sich nun dieser Thematik an und setzt sie als Brettspiel um. In Vengeance ziehen bis zu vier einsame Rächer los, um die Schurken für ihre Untaten büßen zu lassen. Asmodee bringt diesen Rachefeldzug auf die heimischen Spieltische und sorgt auch für die deutsche Synchronisation.

Das Spielbrett wird aus sechs der zwölf doppelseitig bedruckten Verstecktafeln zusammen gesetzt. Darunter finden sich Örtlichkeiten wie eine Sauna, ein Luxusappartement oder ein Dojo, aber auch ein Meth-Labor, schwiemelige Hinterhöfe oder eine Lagerhalle. Jede dieser Tafeln ist in verschiedene Räume unterteilt und bringt Siegpunkte, wenn sie komplett von Verbrechern befreit wird. Daneben finden sich hier noch Angaben, wie viele und vor allem welche Gangster platziert werden und ob es Besonderheiten, beispielsweise Joker-Marker gibt. Komplettiert wird das Spielbrett durch drei Tafeln, auf denen die Siegpunkte, die aktuelle Phase des Spiels, die Zugreihenfolge und die zur Verfügung stehenden Fähigkeiten und Ausrüstungsgegenstände festgehalten werden. Verschiedene Kartensets liegen dem Spiel bei; so die Vergeltungskarten, auf denen angegeben ist, welche Gang dem Charakter etwas angetan hat, Übersichts- und Missionskarten, sowie Boss-Karten, die verdeckt auf den Verstecktafeln platziert werden. Verbesserungsplättchen mit besonderen Fähigkeiten und Ausrüstungsgegenständen können im Spielverlauf erworben werden und ermöglichen die spätere Modifikation von Würfelergebnissen, Heilung oder Boni im Kampf. Die Würfel teilen sich auf in 13 weiße Trainingswürfel und vier rote Rachewürfel. Außerdem gibt es noch verschiedene Marker, eine Sanduhr (für einen höheren Schwierigkeitsgrad), das 20seitige Regelheft und eine Kurzübersicht. Insgesamt 75 Schurken stellen sich den Spielern, in Form von Kunststoffminiaturen, in den Weg: vom einfachen Schläger bis hin zu den Bossen selbst. Jeder Typ bringt eigene Regeln mit sich und hat, abhängig von der jeweiligen Gang (Biker, Gangsta, Yakuza und Russen-Mafia) noch weitere Sonderregeln. Hinzu kommt das Spielmaterial für die jeweiligen Spieler. Dies besteht natürlich aus der Figur des Charakters, verschiedenen Markern in der passenden Spielerfarbe und Trainingskarten. Die doppelseitige Rächertafel umfasst neben einer Illustration auch eine kurze Hintergrundgeschichte, Platz für Verbesserungen und Ausrüstung, sowie Skalen für Verstand, Kampfkraft und Leben. Diese geben in der Regel an, wie viele Würfel dem Spieler in einer Situation zur Verfügung stehen und ob es etwaige Sonderfähigkeiten gibt. Zur Auswahl stehen im Grundspiel der alternde Punk-Rocker Johnny Silver, die Killerin Lea Pistolera, das ehemalige Gangmitglied Shadowman, Großmutter und Floristin Kaja sowie die Truckerin Little Gudrun.
Nachdem die Kartenstapel gemischt sind, jeder Spieler seinen Charakter entsprechend ausgewählt hat und das Spielbrett zusammengestellt wurde startet die Partie mit dem Charakter, der über den höchsten Schnelligkeitswert verfügt.
Das Spiel folgt dabei dem Ablauf, den auch die Filme des Genres vorgeben. In der Anfangsphase, hier als „Die ersten Untaten“ bezeichnet, werden die Charaktere von den verschiedenen Gangs misshandelt. Dazu erhält jeder Spieler zufällig neun Vergeltungskarten, wählt davon eine aus und gibt den Rest an seinen linken Nachbarn weiter. Das wird so lange wiederholt, bis jeder Spieler sieben Karten auf der Hand hat. Von diesen wählt er wiederum drei und spielt diese direkt aus. Dadurch erleidet der Charakter Schaden und wird auf den Pfad der Vergeltung geschickt. So quält Batoman beispielsweise gerne mit der Chinesischen Wasserfolter, Prez peitscht gerne aus und Roxy Kween bearbeitet ihre Gegner mit dem Akkubohrer. Diese drei Gangster sind die ersten Ziele des Spielers, die es zu eliminieren gilt und die auch Punkte bringen. Daran schließt sich nun die Trainingsphase an, in der sich die Charaktere heilen können, neue Fähigkeiten erlernen oder sich ausrüsten. Jeder Spieler nimmt dafür eine Anzahl Würfel entsprechend seinem aktuellen Verstand-Wert und wirft diese. Alle Würfel kommen in einen gemeinsamen Pool, aus dem sich die Spieler abwechselnd bedienen. Diese sechsseitigen Würfel verzichten auf die üblichen Zahlen, sondern haben verschiedene Symbole auf ihren Seiten, beispielsweise für Heilung, für das Auskundschaften eines gegnerischen Unterschlupfs, für den Erwerb von Ausrüstung und Fähigkeiten, Schnelligkeit oder einen vielseitig einsetzbaren Joker. Nachdem die Spieler ihre Würfel ausgewählt haben, legen sie verdeckt drei ihrer Trainingskarten an die Rächertafeln an und verstärken sie gegebenenfalls noch durch die Würfel. Anschließend werden die Karten aufgedeckt und abgearbeitet. Nach dieser Phase sind die Charaktere geheilt, ausgerüstet und wissen im besten Fall, wo sich ihre Gegner befinden. Nun haben sie noch die Gelegenheit, Jokerwürfel gegen neue Vergeltungskarten auszutauschen oder bereits vorhandene Karten auszuspielen.
Weiß ein Spieler, wo sich sein Peiniger befindet, so hat er im Spielabschnitt „Die Vergeltung“ die Möglichkeit Rache zu nehmen. Dazu wählt er eine Verstecktafel aus, betritt sie mit seiner Spielfigur und wirft entsprechend seiner Kampfkraft eine bestimmte Anzahl Rachewürfel. Diese zeigen Symbole für Bewegung, Schuss- und Nahkampfangriffe, sowie Angriffe der Schurken. Ist ein Spieler nicht mit seinem Wurf zufrieden, so kann er Fähigkeiten und Ausrüstung einsetzen, um Würfe zu wiederholen, oder die Ergebnisse direkt zu modifizieren. Mit dem Endergebnis kann er sich nun durch das Versteck bewegen, Gegner ausschalten und schließlich den Boss eliminieren. Die meisten Gegner verfügen nur über einen Trefferpunkt, doch manche halten mehr Schaden aus oder verhindern, dass der Charakter bestimmte Fähigkeiten einsetzen kann. Hat es der Spieler geschafft in drei Kampfrunden (oder weniger) alle Gegner oder doch zumindest den Boss auszuschalten, so bekommt er entsprechend seiner Vergeltungskarten Punkte gutgeschrieben und es wird ein neues Versteck ausgelegt. Scheitert der Spieler jedoch, muss er flüchten und erhält Verwundungen; der Boss verbleibt in seinem Versteck. Zusätzliche Punkte bekommen die Spieler für das Erfüllen besonderer Missionen, beispielsweise den Besitz der meisten Jokerplättchen oder wenn er Jagd auf einen bestimmten Schurkentyp macht. Das Training und die Kampfrunden werden im weiteren Spielverlauf noch zwei Mal wiederholt. Danach erfolgt die Endabrechnung der Siegpunkte. Der Spieler mit den meisten Punkten ist, wie so oft, auch hier der Sieger.
In der Solo-Variante des Spiels hat der Spieler vorgegebene Ziele, für die er Punkte bekommt. Je höher die Punktzahl, desto besser hat er sich geschlagen.

Vengeance setzt alle Elemente (und auch Klischees), die die Spieler aus den einschlägigen Filmen kennen, wirklich gekonnt auf dem heimischen Spielbrett um. Die Kombination der verschiedenen Mechanismen ist dem Autor recht gut gelungen und wirkt keinesfalls erzwungen, sondern eher elegant und in sich schlüssig. Da gibt es Deckbuilding in der Anfangsphase, Ressourcenmanagement in Form von Würfeln und Lebenspunkten, Taktik bei der Auswahl der Fähigkeiten und auch ein gerüttelt Maß an Risiko in den Kämpfen. Dabei greifen die einzelnen Elemente nahtlos ineinander und variieren von Spiel zu Spiel deutlich. Mehrere Vorgehensweisen bringen einem Spieler Punkte, so kann er sich beispielsweise auf die Bosse einer Gang konzentrieren, lieber reihenweise einfache Schläger metzeln, Missionen abarbeiten oder eine Kombination aller Möglichkeiten nutzen. Alle Methoden funktionieren gleichermaßen gut und sorgen für einen abwechslungsreichen Spielverlauf. Leider beschränkt sich die Interaktion der Spieler untereinander lediglich auf das Wegschnappen von Fähigkeiten und Gangstern, allerdings passt auch dies zum Klischee des „Einsamen Rächers“. Wahrscheinlich aus diesem Grund funktioniert auch das Solospiel recht gut und weiß zu gefallen. Die Thematik ist dagegen nicht ganz unproblematisch und recht blutrünstig. Wem beispielsweise bei Filmen wie Kill Bill die Haare zu Berge stehen, sollte sich vielleicht genau überlegen, ob Vengeance das richtige Spiel für einen gemütlichen Abend ist.
Mit ihren Artworks schöpfen die Zeichner ebenfalls aus dem Vollen, von ganzkörpertätowierten Yakuza-Boss über den heruntergekommenen Biker bis zum crackdealenden Gangsta mit Dreadlocks und dicken Goldketten ist alles vorhanden. Dabei tragen die Illustrationen, sowohl der Figuren als auch der Verstecktafeln, sehr zur finsteren Atmosphäre des Spiels bei.
Für die Figuren ist der polnische Miniaturenhersteller Titan Forge verantwortlich, der bereits an einigen Brettspielprojekten beteiligt war. Der Kunststoff ist relativ weich, was die Details etwas beeinträchtigt; auch waren viele Figuren verbogen und mussten erst im Wasserbad gerichtet werden. Das Miniaturendesign selbst ist dagegen sehr stimmig und setzt die Illustrationen gut um.
Die Anleitung setzt auf viele bebilderte Beispielsituationen und beschreibt ausführlich die verschiedenen Spielsituationen. Allerdings erleichtert ein „Testaufbau“ des Spiels das Verständnis erheblich und sorgt für den richtigen Überblick. Nach der ersten Runde ist es völlig ausreichend nur noch die Kurzanleitung greifbar zu haben.
Einen Einblick in die Spielregeln (auf Englisch) und die verschiedenen Komponenten gibt es auf der Seite des Verlages.

Asmodee liefert mit Vengeance ein spannendes, atmosphärisch dichtes, taktisches und recht gewalttätiges Spiel ab, das (zumindest mich) komplett überzeugen kann.

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