Théahs Nationen – Der Westen

19.01.2018 von Marcus Pohlmann

Théahs Nationen - Der Westen

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Erscheinungsdatum: 26.10.2017

Sprache: Deutsch

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Nachdem sich der erste Quellenband für das Rollenspiel 7te See natürlich den Piraten der Spielwelt widmete, legt das zweite Buch sein Hauptaugenmerk auf die „zivilisierten“ Reiche. Théahs Nationen – Der Westen liefert auf knapp über 200 Seiten Informationen zu Avalon, Castillien, Montaigne und Vestenmennavenjar. Übersetzt und veröffentlicht wird der Hardcover-Band vom Friedberger Verlag Pegasus Press, die auch schon für die vorangegangenen Publikationen verantwortlich waren.

Lesern, die nicht wissen um was sich bei 7te See handelt, sei die Rezension des Grundregelwerkes auf unserer Seite empfohlen.

Nach einer einstimmenden Kurzgeschichte und einem groben Überblick über den Inhalt des Buches schließen sich vier Kapitel an. Jedes dieser Kapitel ist einer Nation gewidmet und folgt im Aufbau dem gleichen Schema. Eine Einleitung fasst wichtige Informationen für den Leser zusammen, daran schließt sich eine Übersicht wichtiger Persönlichkeiten an. Neben den reinen biografischen Informationen erhält der Spielleiter auch Hinweise, wie die jeweilige Person als Nichtspielercharakter zu führen ist, sowie mögliche Ansatzpunkte für sich daraus ergebende Abenteuer. Eine Beschreibung von Organisationen und Geheimgesellschaften, die in dem Reich einen besonderen Einfluss haben folgt darauf. Auch werden besondere Orte und Plätze beschrieben, die die Spieler besuchen können. Schließlich endet jedes Kapitel mit einem ausführlicheren Blick auf die spezielle Magie des Volkes, die Möglichkeiten zum Duellieren und schließlich die lokalen Legenden, aus denen Spielleiter Ideen für eigene Abenteuer ziehen können.

Avalon, der Zusammenschluss der drei Glamour-Inseln, eröffnet den Band. Die Nation und die Magie ihrer Einwohner ist stark durch den Einfluss der Sidhe, dem Feenvolk, geprägt. Diese Wesen drängen immer mehr in die reale Welt und kommen damit häufig in Konflikt mit den Menschen. Königin Elaine gelingt es jedoch noch immer, zwischen den Fraktionen zu vermitteln und die Reiche zu einen. Zu den vorgestellten Persönlichkeiten zählt natürlich die Königin selbst, aber auch ihr Hofmagier Derwyddon wird beschrieben. Auch zu den Herrschern der beiden anderen Inseln, dem Abgesandte der Sidhe bei Hof und weiteren Günstlingen bekommt der Leser Informationen geliefert. Ein eigener Absatz ist dem Schönen Volk gewidmet, ihrer Geschichte, ihrem schwierigen Verhältnis zu den Menschen der Inseln und dem Wiedererstarken ihrer Magie. Es folgt ein Überblick über die verschiedenen in Avalon aktiven Organisationen und Geheimgesellschaften. Die Ortsbeschreibungen widmen sich der magische erschaffenen Hauptstadt Carleon mit ihrer Burg Glenayre, dem verwunschenen Síocháinwald und wichtigen Städten. Neue Anwendungsgebiete liefert der Abschnitt über die Glamour-Magie, der auch Flüche und Pakte mit Sidhe beinhaltet. Für die Kämpfer unter den Spielern gibt es mit Cleasa eine neue Möglichkeit Duelle zu bestreiten. Abschließend wird im Kapitel auf verschiedene avalonische Legenden eingegangen. So erfährt der Leser beispielsweise die Hintergründe über Drachen, untote Pilger oder mysteriöse Meeresbewohner.
Eigentlich handelt es sich bei Castillien um eine Monarchie – doch die wahre Macht liegt in den Händen der Kirche. Das Land erholt sich langsam von einem langen und kräftezehrenden Krieg; die Vormachtstellung auf den Gebieten Kunst, Kultur und Wissenschaft gerät immer weiter ins Hintertreffen. Die Kirche mit ihrer unnachgiebigen Inquisition kontrolliert weite Teile des täglichen Lebens und unterdrückt jede noch so kleine abweichlerische Meinung. Zu den vorgestellten Persönlichkeiten gehören neben dem Zwillingskönig Sandoval auch verschiedene Vertreter von Kirche und Inquisition, beispielsweise Kardinal Verdugo. Der Adel spielt in Castillien eine wichtige Rolle, daher enthält das Kapitel einen gesonderten Abschnitt über die Hierarchie der herrschenden Kaste. Die Inquisition steht vielen Geheimgesellschaften feindselig gegenüber – entsprechend sind auch nur wenige Organisationen in dem Land aktiv. Im Zentrum der Ortsbeschreibungen steht die Vaticinische Stadt, das religiöse Zentrum Castilliens; auch werden einige Ducados (vergleichbar mit Regierungsbezirken oder Grafschaften) beschrieben. Anstatt „konventioneller“ Magie wird in dem Land Alquimia praktiziert. Mittels dieser wissenschaftlichen Herangehensweise können die Spieler Tränke, Mixturen und Salben herstellent, die sich im Spielverlauf als nützlich erweisen. Auch die Duelle in Castillien laufen etwas anders ab, als in den anderen Ländern Théahs. Die Autoren liefern einen Überblick über diese streng ritualisierten Kampfformen sowie Boni für die Spieler. Die Legenden des Landes sind recht vielfältig und decken Hexerei, Seelenfänger, Meereswesen und legendäre Krieger ab.
Auch das feudalistisch regierte Montaigne hat noch immer unter den Folgen des Krieges zu leiden. Während jedoch der Adel wie immer rauschende Feste feiert und in Überfluss schwelgt, bleibt für die darbende Landbevölkerung nur das Nötigste. Korruption und Günstlingswirtschaft haben ungeahnte Ausmaße angenommen und als Folge davon wird im Volk von einer Revolution gemunkelt. Dennoch ist das Einzige, was L’Empereur interessiert seine Ausschweifungen und Feste. Unter den wichtigen Personen ist natürlich Léon Alexandre de Montaigne, der Herrscher höchstselbst: selbstsüchtig, arrogant und dekadent, aber auch gerissen, belesen und ein fähiger Magier. Bei den meisten anderen Nichtspielercharakteren handelt es sich um Mitglieder des umfangreichen Hofstaates, ergänzt durch herausragende Kämpfer und Gelehrte. Praktisch jede Geheimgesellschaft ist in Montaigne aktiv und verfolgt ihre Agenda. Dabei bekämpfen sie sich untereinander ebenso, wie sie mit dem Staatsapparat in Konflikt geraten. Der Streifzug durch die Orte des Landes führt von der Hauptstadt Charouse mit ihren belebten Plätzen und eindrucksvollen Gebäuden über die Hafenstädte Buché und Déchaîné bis in den ursprünglichen Lockhornwald. Auch in Montaigne wird eine sehr spezielle Art von Zauberei praktiziert: Porté. Dabei erschafft der Magier ein Portal durch das er hindurch tritt und an einem anderen Ort auftaucht, von dort Gegenstände holt oder sich mit längst verstorbenen Personen trifft. Hier erfährt der Leser, was ihn in diesem Portal eigentlich erwartet, zusammen mit Hinweisen, wie dies auszuspielen ist. Wie die anderen Nationen, so wird auch in Montaigne ein besonderer Duell-Stil gepflegt. Dabei kommen bevorzugt leichte Klingenwaffen wie Rapiere zum Einsatz, gerüchteweise soll es auch Magier geben, die Porté und Fechtkunst zu einer eigenen Technik verbinden. Einige der gängigsten Legenden werden in diesem Kapitel ebenfalls vorgestellt – so ranken sich beispielsweise Gerüchte um das verlorene Schwert eines vaticinischen Paladins. Aber auch magische Kreaturen sind fester Bestandteil der Folklore Montaignes.
Das letzte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit Vestenmennavenjar, dem eisigen Land im hohen Norden. Ursprünglich eine Nation der Piraten und Plünderer haben sich die Vestener mittlerweile auf den Handel verlegt und die Vendelische Liga kontrolliert weite Teil des Seehandels auf Théah. Nicht jeder Adlige ist jedoch mit dieser Entwicklung einverstanden und möchte lieber die althergebrachten Traditionen aufrecht erhalten. Als politische Führer gelten die Jarls, wobei deren Einfluss letztendlich von der Liga bestimmt wird. Der Leser bekommt einige dieser Adligen vorgestellt, ebenso wie auch einige berühmte Seefahrer, Händler und Abenteurer. Besondere Erwähnung findet in diesem Kapitel auch die Vendelische Liga selbst. Die Autoren gehen kurz auf ihre Struktur, die Geschichte und ihren Einfluss in den Ländern Théahs ein. Viele Geheimgesellschaften gehen in Vestenmennavenjar relativ ungestört ihren Aktivitäten nach – so lange sie der Gilde nicht in die Quere kommen. Die Hafenstadt Vendel ist das Zentrum der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Macht des Landes; entsprechend ausführlich wird die Stadt mit ihren Vierteln und herausragenden Gebäuden beschrieben. Ansonsten finden sich hier viele landschaftliche Besonderheiten, beispielsweise das Allvatereisschelf oder der Wald Jarlskog. Die Vestener nutzen die Runenmagie des Galdr, die den Menschen von den Göttern geschenkt wurde. Abhängig von der genutzten Rune kann der Magier bestimmte Effekte hervorrufen, die allerdings meist mit einem entsprechenden Nachteil verbunden sind. Der besondere Duell-Stil der Nordmänner nutzt den Schild neben der Verteidigung auch für den Angriff, was außergewöhnliche Kampfmanöver ermöglicht. Die viele Legenden von Vestenmennavenjar drehen sich um personifizierte Naturgewalten, wie die Weiße Hexe, die mit Eis und Schnee in Verbindung gebracht wird. Riesen und Trolle hausen auf Bergen oder in Höhlen und lauern den Reisenden auf, während der Sinterklaas die vestenischen Kinder beschenkt.
Im Anhang des Bandes sind einige regelspezifischen Information für den Leser zusammengefasst. Hier findet er neue Hintergründe und Vorteile um seinen Charakter weiter auszubauen oder seiner Herkunft entsprechend anzupassen.

Erwartungsgemäß geht der Band nicht wirklich ins Detail – zu umfangreich ist das behandelte Themengebiet. Dennoch sind die hier enthaltenen Informationen völlig ausreichend um dem Leser eine Vorstellung zu vermitteln, wie es aktuell um die „zivilisierten“ Länder der Spielwelt steht. Für Spieler und Spielleiter, die etwas für politische Ränkespiele, städtische Intrigen und komplexe Zusammenhänge übrig haben ist Théahs Nationen – Der Westen dabei nahezu unerlässlich. Vor allem die verschiedenen Abenteueransätze bei der Beschreibung der Personen und Legenden liefern dem Spielleiter genug Material für eigene Szenarien. Auch gibt es genug Hilfestellungen um die Entwicklung der Spielwelt direkt in eine Kampagne einzubeziehen, ohne dabei durch zu strikte Vorgaben eingeengt zu werden. Die wenigen enthaltenen Regeln sind meist in den Fluff-Text eingearbeitet, was sie einerseits etwas schwer zu finden macht, andererseits aber die Aufmachung und Atmosphäre des Quellenbandes unterstützt.
Zudem sieht das Buch einfach nur gut aus: ein angenehmes, gut lesbares Layout, zahlreiche atmosphärische Illustrationen, die Hardcover-Bindung mit Kapitalband sowie ein umfassender Index runden den hervorragenden Eindruck ab. Auch zur Übersetzung lässt sich hier nichts Negatives sagen.

Mit Théahs Nationen – Der Westen veröffentlicht der Friedberger Verlag ein weiteres optisch ansprechendes und sehr lesenswertes Buch für das fantastische Rollenspiel 7te See.

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