Kategorie: Brettspiel, Kartenspiel, Krimi-Dinner, Rollenspiel, Sammelkartenspiel, Tabletop, Würfelspiel
Verlag / Publisher: Friedhelm Merz Verlag
Veranstaltungsdatum: 24.10.2019 bis 27.10.2019
Veranstaltungsort: Grugahalle Essen »
In schöner Regelmäßigkeit plagen mich, pünktlich zur SPIEL Mitte/Ende Oktober gesundheitliche Probleme. Allerdings hält dies mich auch in diesem Jahr nicht davon ab, den langen Weg nach Essen anzutreten. Unterkunft und Pressekarte sind schnell organisiert, auch einige Termine bei Verlagen kann ich problemlos kurzfristig arrangieren. Die Hauptarbeit besteht jedoch darin, meine To-Do-Liste vorzubereiten. Schon Wochen vorher ziehe ich mir Informationen zu Spielen und Verlagen bei, durchstöbere Ankündigungen und gehe noch einige offene Punkte des letzten Jahres durch. Darüber vergeht die Zeit bis zur Messe erstaunlich – beinahe erschreckend – schnell.
Endlich ist es soweit! Die letzten Vorräte sind eingekauft, die Akkus frisch geladen und der Tank ist voll. Die Fahrt nach Essen gestaltet sich ungewöhnlich ereignislos, lediglich ein kurzer Stau bei Bonn hemmt mein Vorankommen. Glücklicherweise habe ich ausreichend zeitlichen Puffer eingeplant und erreiche die Halle pünktlich.
Mittwoch, 23. Oktober 2019
Um 11 Uhr eröffnet Dominique Metzler vom Friedhelm Merz Verlag, dem Veranstalter der Messe, die traditionelle Pressekonferenz zur 37. SPIEL. Im Zentrum stehen natürlich die abgeschlossenen Umbaumaßnahmen der Gruga-Hallen. Mittlerweile nimmt die Ausstellungsfläche einen Platz von 86.000 qm ein – eine Verdoppelung innerhalb der letzten sechs Jahre. Gut 1.200 Aussteller präsentieren über 1.5000 Neuheiten, auch eine Besucherzahl um die 200.000 wird erwartet. Damit setzt die Messe ihren jahrelangen Wachstumstrend auch 2019 in allen Bereichen fort.
Nachdem es in den letzten Jahren immer wieder zu starkem Gedränge an den Eingängen und chaotischen Zuständen in den Parkhäusern kam, haben die Veranstalter auch hier gegengesteuert. Die Einlassorganisation wurde angepasst, um die Stoßzeiten, besonders am Messebeginn abzufedern. Dabei hilft ein zusätzlicher Eingang, aber vor allem die wesentlich zahlreicheren Ordner.
Doch nicht nur räumlich hat sich auf der diesjährigen SPIEL etwas getan. Die in den letzten Jahren eher spärlich vertretene Comic Action ist nicht mehr Teil der Messe. Ich vermute, dass dies hauptsächlich den zahlreichen Comic Conventions geschuldet ist, die bundesweit stattfinden. Dafür sind jedoch eine ganze Reihe anderer Aktionen hinzugekommen. So findet bereits am Mittwoch die Preview Night statt, bei der 65 Verlage ihre Neuheiten zur Verfügung stellen. Die 550 Plätze für die Spieler waren innerhalb weniger Minuten vergeben. Ebenfalls neu ist am Freitag der Educators Day. Diese Veranstaltungsreihe richtet besonders an Pädagogen und dreht sich um den Einsatz von Brettspielen, beispielsweise in Schulen und eine Reihe weiterer Themen. Dazu gibt es ergänzende Veranstaltungen und Vorträge mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
Im Rahmen der Pressekonferenz wird auch der innoSPIEL für ein besonders originelles Spielkonzept verliehen. Nominiert waren das Kartenspiel KeyForge von Asmodee, das Deduktionsspiel Detective von Pegasus Spiele und schließlich Ab durch die Mauer von Zoch, das den Preis gewinnt. Die Auszeichnung Deutscher Spielepreis konnte Flügelschlag von Feuerland mit nach Hause nehmen, der Preis für das Kinderspiel gewinnt Concept Kids Tiere von Repos. Daran schließen sich einige allgemeine Informationen zur Entwicklung des Spielmarktes an, beispielsweise Umsatzzahlen, Verbreitung und aktuelle Trends.
Nach gut einer Stunde endet dieser offizielle Teil. Anschließend macht sich die ganze Horde auf den Weg in den Keller zur Neuheitenschau. Dort haben zahlreiche Verlage ihre Spiele aufgebaut und stehen für Fotos, Interviews und Erklärungen bereit. Ich nutze die Gelegenheit, verschaffe mir einen ersten Überblick und ergänze meine Liste entsprechend. Viele Verlage setzen hier ihre Spiele spektakulär in Szene, beispielsweise Last Bastion, das von einer Horde Monster präsentiert oder Detective, bei dem ein Tatort nachgestellt wird. Aber vor allem sind es hier die kleinen, ausländischen Verlage, die mich interessieren. Meist hat man nur hier Gelegenheit, in Ruhe einen Blick auf alle Veröffentlichungen zu werfen – im Trubel der Hallen ist dies nicht immer möglich.
Am Hallenrand entdecke ich HeidelBÄR Games, die in diesem Jahr so etwas wie ein Comeback feiern. Mit Wordsmith, Letter Jam und weiteren Spielen hat der Verlag zudem gleich eine ganze Reihe von neuen Titeln am Start. Vor allem die Roboter-Prügelei Volt gefällt mir dabei ausgesprochen gut. Bei Kosmos richtet sich mein Hauptaugenmerk auf die Neuauflage des Catan-Ablegers Sternenfahrer. Aber auch die neuen Titel der EXIT-Reihe schaue ich mir genauer an. Pegasus Spiele haben wieder eine ganze Palette von Neuheiten am Start. Vor allem die Präsentation von Kitchen Rush und das bereits erwähnte Detective stechen dabei heraus. Aber auch viele kleinere Titel sind auf den Tischen ausgebreitet. Schließlich mache ich noch einen Abstecher zu Iello die mit Ishtar ein recht ungewöhnliches Gärtner-Spiel präsentieren. Dagegen sorgt Ninja Academy für eine eher lockere Spielatmosphäre – und kommt auf meine Einkaufsliste.
Anschließend laufe ich die Gänge ab, schaue mir immer wieder Spiele an, die mir ins Auge fallen und tausche mich mit den Kollegen aus.
Schließlich habe ich genug gesehen und schlendere in die eigentlichen Messehallen. Bevor am nächsten Tag der übliche Wahnsinn beginnt, will ich mir noch einen Überblick verschaffen. Im Rahmen der Neustrukturierung befinden sich zahlreiche Stände nicht mehr an ihrem gewohnten Ort. Bei der Gelegenheit besuche ich noch einige Bekannte, die grade dabei sind, ihre Stände aufzubauen.
Donnerstag, 24. Oktober 2019
Schon bei der Anreise am ersten richtigen Messetag macht sich das neue Konzept der Veranstalter bemerkbar. Die Verteilung des Verkehrs auf die verschiedenen Parkhäuser verläuft deutlich flüssiger als in den Jahren zuvor. Auch direkt vor den Hallen leiten zahlreiche Ordnungskräfte die Besucherströme in geordnete Bahnen. Hier ist es vor allem der zusätzliche Eingang, der sich positiv bemerkbar macht. So komme ich stressfrei und sehr pünktlich in den Messehallen an – eine spürbare Verbesserung.
Meinen ersten Termin habe ich erst gegen Mittag. So bleibt mir noch genug Zeit, zumindest einen Teil meiner Einkaufsliste abzuarbeiten. Glücklicherweise habe ich mir bereits am Vortag einen Überblick verschafft und so habe ich keine Schwierigkeiten, meine Ziele zu finden. Zuerst führt mich mein Weg in Halle 4 zu Lumberjacks Studio. Bereits im letzten Jahr wollte ich mir deren charmantes, sehr makabres und auf einem Comic basierendes Spiel La Petite Mort zulegen. Leider war damals nur eine französische Version erhältlich. Da am Stand noch nicht viel los ist, unterhalte ich mich noch ein wenig mit dem Autor des Spiels. Ich bin tatsächlich der Erste, der die englische Variante in der Hand hält. Schnell lasse ich mir noch eine kleine Signatur in die markante Verpackung stricheln und ziehe dann weiter.
Auch bei den Schweizern von Kampfhummel Spiele gibt es etwas zwei Neuheiten, die in meine Tasche wandern. Die Trinkspiel-Erweiterung zu Kampf gegen das Spießertum ist ganz frisch, ebenso wie das schnelle Kartenspiel Arschlochkind. Eine schnelle Testrunde, die pädagogisch wertvolle Spielidee und die schicke Aufmachung machen zumindest neugierig. Das Spiel wandert in meinen Rucksack – den angebotenen Schnaps lehne ich allerdings dankend ab.
Langsam muss ich mich auf den Weg zurückmachen, allerdings bleibt mir noch Zeit für einen kurzen Abstecher zu iDventure. Schon am Vortag ist mir deren Cluebox ins Auge gefallen. Dabei handelt es sich um einen kleinen Quader aus Holz, den es zu öffnen gilt. Keine Anleitung, keine Lösungsvorgaben – nur einige kryptische Hinweise finden sich auf den sechs Seiten des Würfels. Sicherlich kein Spiel für mich, dazu bin ich viel zu ungeduldig, aber eine der originellsten Ideen der diesjährigen Messe. Stattdessen begnüge ich mich dem dritten Teil der Detective Stories, der ebenfalls neu im Verlagsprogramm ist.
Auf dem Rückweg fallen mir die ungewöhnlichen langen Schlangen auf, die sich um einige Stände gebildet haben. Beispielsweise bei Feuerland oder AEG stehen die Besucher in Dreierreihen um an die begehrten Spiele, Erweiterungen und Promos zu kommen.
Dann geht es jedoch für mich zu meinem ersten Termin in den Saal Brüssel. Hier haben sich Asmodee einquartiert, um ihre Neuheiten abseits des normalen Messetrubels vorzustellen. Viel Platz zum Spielen ist leider nicht, dafür kann das freundliche Personal aber umfangreiche Auskünfte erteilen. Besonders einige der dicken Brocken haben es mir angetan, beispielsweise die deutsche Version von Betrayal at the House on the Hill. Ich bin ein großer Fan des Spiels, das bereits vor einigen Jahren auf Deutsch angekündigt wurde. Die Spieler erforschen dabei gemeinsam ein Spukhaus, irgendwann wird jedoch einer zum Verräter. Alleine die Ausstattung von Cthulhu: Death May Die ist beeindruckend. Eine Handvoll halb wahnsinniger Investigatoren versuchen hier die Schrecken des Cthulhu-Mythos zu bannen. Während das Spiel sowohl auf Deutsch, wie auch auf Englisch bereits im Laden erhältlich ist, muss ich mich noch bei der Auslieferung des Crowdfundings etwas gedulden. Thematisch in eine ganz ähnliche Richtung geht Letzte Stunde, der neueste Zuwachs aus den Arkham Horror Files. Hier müssen die Spieler verhindern, dass der Campus der Miskatonic Universität von Monstern überrannt wird. Ebenfalls im Fokus steht die aktuelle Erweiterung des Deckbuilding-Kartenspiels KeyForge, zu der auch einiges Zubehör präsentiert wird. Mit Obscurio gibt es ein frisches Bilderrätsel des französischen Verlags Libellud zu sehen. Bei Black Angel durchstreifen die Spieler an Bord eines Raumschiffes die Galaxis und in Yggdrasil Chronicles müssen sie als nordische Gottheiten Ragnarök verhindern.
Bei der Vielzahl der Neuerscheinungen habe ich mich bei Asmodee doch länger aufgehalten als ursprünglich geplant. Glücklicherweise habe ich es nicht weit, bis zum Stand von moses., die wieder an gewohnter Stelle in Halle 3 zu finden sind. Während auf der einen Seite in großer Runde eine Partie black stories live gespielt wird, werfe ich in einer ruhigen Ecke einen Blick auf die aktuellen Veröffentlichungen. Gleich zwei Rennspiele hat der Verlag auf die Messe mitgebracht. Crash Test Bunnies ist ein Karten-Lege-Spiel mit putzigen Kuscheltieren und schnellen Entscheidungen. Dagegen ist das Würfelspiel Caracho deutlich strategischer und richtet sich an eine etwas ältere Zielgruppe. Einige hübsche Mechaniken werden hier mit verdeckten Rollen kombiniert – durchaus reizvoll und unterhaltsam. Ebenfalls um Würfel dreht sich Beam Me Up, im weitesten Sinne ein weiteres Rennspiel. Vor allem der Ärgerfaktor hat mir gut gefallen – sicherlich ein Würfelspiel, das bei mir auf den Tisch kommen wird. Mit Small Talk Bingo hat der Verlag schließlich auch ein Kommunikationsspiel im Programm. Dabei unterhalten sich zwei Mitspieler über ein vorgegebenes Thema und die anderen streichen Begriffe ab, die im Gespräch vorkommen. Nach diesem kurzen Überblick zieht es mich weiter durch die Hallen, wirklich viel habe ich ja noch nicht gesehen.
Es sind zwar noch gut zwei Stunden bis zum Ende des ersten Messetages, doch einige Besucher haben sich anscheinend bereits auf den Heimweg gemacht. Das gibt mir die Gelegenheit, tatsächlich noch eine Demorunde zu suchen. Meine Wahl fällt nach kurzer Überlegung auf Wolfenstein: The Boardgame. Beim Dungeon-Crawler von Archon Studios handelt es sich um einen recht weit fortgeschrittenen Prototypen, basierend auf den bekannten Computer- bzw. Konsolenspielen. Die Figuren machen, wie vom Hersteller gewohnt, einen sehr guten Eindruck. Das Spiel selbst ist dagegen eher einfach gehalten und nutzt Abläufe, die aus zahlreichen anderen Vertretern des Genres bekannt sind – nett, aber leider auch nicht mehr. Geplant ist eine Finanzierung über Crowdfunding. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Die Vorgängerfirma Prodos hatte in dieser Hinsicht nicht den besten Ruf.
Und wenn ich schon in dieser Gegend bin, kann ich bei der Gelegenheit auch eine Vorbestellung abholen. Wie praktisch jedes Jahr haben Sphinx Spiele eine Neuveröffentlichung mit cthuloider Thematik dabei. Als Anführer eines okkulten Zirkels müssen die Spieler in Rituale des Wahnsinns ihre Kultisten an einem Ritualplatz versammeln, um eine Gottheit des Mythos zu beschwören. Trotz der finsteren Hintergrundgeschichte liefert der Verlag wieder ein lockeres, witziges Spiel mit charmanten Illustrationen ab.
Eigentlich hätte ich noch ein bisschen Zeit, aber da ich mich später noch mit Bekannten treffe (und vorher kurz die Füße hochlegen will) verlasse ich die Gruga-Halle bereits vor dem offiziellen Messeschluss. Der Feierabendverkehr ist weitgehend abgeklungen, so dass auch der obligatorische Stau sehr überschaubar ausfällt. Schnell verstaue ich die Errungenschaften des ersten Messetages und mache mich bereit für das Oberhausener Nachtleben.
Freitag, 25. Oktober 2019
Wie schon am Vortag komme ich praktisch ohne Stau zum Parkhaus. Da noch etwas Zeit bis zum Einlass ist, gehe ich noch einmal meine Liste durch und ergänze einige Dinge, die mir am Vortag aufgefallen sind. Vorsichtshalber organisiere ich mir im Pressezentrum ein Schließfach – es ist doch etwas mühsam, alle Einkäufe den ganzen Tag mit sich herum zu schleppen.
Ich beginne den Tag in der nahezu verwaisten Neuheitenschau – phasenweise schlendere ich alleine durch die Reihen. Hier kann ich mir nochmals in aller Ruhe die Spiele anschauen und auch die Materialien in die Hand nehmen und begutachten. Bei dieser Tour fallen mir die Artworks zu Barpig und seiner Erweiterung After Hours ins Auge und ich nehme mir vor, später eine Testrunde zu spielen. Bis ich noch einige Fotos geschossen habe, ist der erste Besucherandrang an den Eingängen bereits abgeebbt. Auf dem Weg zu Schmidt Spiele treffe ich noch eine Bekannte, bei der ich mich fest schwätze.
Grade noch rechtzeitig zu meinem Termin kann ich mich losreißen. Traditionell richtet sich das Programm des Berliner Verlages an eine etwas jüngere Zielgruppe, so dass ich bei bayala oder Benjamin Blümchen dankend abwinke. Viel interessanter ist dagegen für mich die Vorstellung von Inseln im Nebel. Hier erkundet jeder Spieler mit seinem Ballon eine Insel und muss verschiedene Punkte ansteuern. Das Spiel macht sowohl optisch als auch spielerisch einen überzeugenden Eindruck und ich nehme mir die Zeit für eine kurze Einführungsrunde. Auch auf das Kartenspiel HiLo und das knallige Würfelspiel Noch mal so gut! werfe ich einen Blick – beide sind interessant, allerdings nicht unbedingt für meine Spielrunden geeignet. Dagegen spricht mich Kakerlaken Sushi viel eher an. Ganz in der Art seiner zahlreichen Vorgänger müssen die Spieler auch bei diesem Kommunikationsspiel ihre Hirnwindungen verknoten.
Wenn ich schon in Halle 3 bin, kann ich auch gleich einen Abstecher zu Abacusspiele machen. Einen Termin habe ich zwar nicht, trotzdem finde ich jemanden, der mir einen ausführlichen Überblick der Messeneuheiten gibt. Die beiden Krimi-/Rätsel-Serien Sherlock und Deckscape erhalten Zuwachs, den ich genauer unter die Lupe nehme. Am Spielprinzip (nachzulesen beispielsweise HIER) ändert sich dabei nichts, allerdings liefern die Autoren nun eine größere Bandbreite an Themen ab. Ähnlich gelagert ist eine weitere Serie, die auf der SPIEL Premiere hat. Bei Decktective – Rose Rosen wird die Spielschachtel zum Tatort. Diesen müssen die Spieler nun untersuchen, um den Fall zu lösen. Ein originelles Konzept, das wir demnächst sicherlich einmal ausprobieren werden. Eine weitere Neuheit ist, Dank ihrer knalligen Verpackung, kaum zu übersehen. Bei TEAM3 handelt es sich um ein kooperatives Kommunikations- und Bauspiel. Sehr einfache, ungewöhnliche Mechaniken, Verständigungsprobleme und die spaßige Grundidee sprechen mich direkt an.
Auf dem Weg zu meinem nächsten Ziel mache ich kurz beim riesigen Stand von Asmodee / Fantasy Flight Games halt, der beinahe die Hälfte der Halle 1 einnimmt. In den Vitrinen stehen die Neuheiten der verschiedenen Star Wars-Titel, aber auch ein Superhelden-Skirmish kann schon angetestet werden. Da jedoch sämtliche Spieltische besetzt sind und die Schlangen an den beiden Shops eine beeindruckende Länge haben, halte ich mich hier nicht übermäßig lange auf. Die meisten Sachen habe ich bereits beim Pressetermin genauer unter die Lupe nehmen können.
Für den Rest des Tages steht einzig die Halle 6 auf meinem Programm. Hier haben sich, wie bereits in den Jahren zuvor, die meisten Rollenspiel- und Tabletop-Verlage niedergelassen. Am Stand des britischen Tabletop-Herstellers Games Workshop gibt es neben den Vorstellungen der Spielsysteme, beispielsweise Warhammer Underworlds: Beastgrave und einem Ausblick auf kommende Miniaturen auch ein kleines Speedpainting. Für mich eine gute Gelegenheit, mich ein wenig zu setzen und seit langer Zeit wieder einmal den Pinsel zu schwingen. Ein Space Marine, begrenzte Zeit und eine eingeschränkte Farbpalette machen das Ergebnis nicht wirklich vorzeigbar. Doch ist dies immerhin die erste Figur, die ich in diesem Jahr bemalt habe.
Nur wenige Schritte entfernt, beim Verlag Martin Ellermeier kann man nicht nur einen Blick in die Zeitschriften Mephisto und Tabletop Insider werfen, es gibt auch Gelegenheit Demorunden für das venezianische Skirmish-Tabletop Carnevale zu spielen. Das Spiel selbst hatte ich bereits vor einigen Monaten auf einer anderen Veranstaltung angetestet, aber die schicke Messefigur und eine Gondel wandern in meinen Rucksack. Nebenan, bei Stronghold Terrain gibt es ebenfalls eine Sonderminiatur. Gedacht für das SAGA-Tabletop, hole ich mir die Fantasy-Interpretation von Lemmy Kilmister, bevor ich weiter zu Freebooter Miniatures gehe. Die Veröffentlichung des Mannschaftsbuches zu Freebooter’s Fate liegt noch nicht allzu lange zurück. Daher erwarte ich auch keine spektakulären Neuheiten, als ich den Stand der Piraten-Crew besuche. Dafür gibt es allerdings den obligatorischen Rum und einen ersten Blick auf die Miniaturen der kommenden Schatten-Fraktion.
Ich schlendere weiter durch die Gänge und klappere die Stände von meiner Liste ab. So werfe ich bei der Redaktion Phantastik einen Blick in das neue Abenteuer zum viktorianischen Detektivrollenspiel Private Eye oder gönne mir ein paar Figuren aus dem Programm von Legends of Signum. Daneben finde ich noch einige Kleinigkeiten zur Miniaturenbemalung, beispielsweise ein Tutorial für Chibi-Figuren, neue Farbsets oder eine Nasse Palette.
Als Tagesabschluss steht noch eine kleine Testrunde an. Meine Wahl fällt dabei auf das kooperative cthuloide Brettspiel Cultistorm. Im letzten Jahr habe ich das Crowdfunding von Purple Meeple Games verpasst – jetzt ergibt sich vielleicht doch die Gelegenheit, mir das Spiel zuzulegen. Die spektakuläre Ausstattung und tolle Illustrationen machen einen sehr guten Eindruck. Allerdings stehen bei mir im Schrank bereits zahlreiche Spiele mit identischer Thematik und ähnlichen Abläufen. Daher, und in Anbetracht meines bereits geschrumpften Messebudgets, verzichte ich schließlich nach reiflicher Überlegung darauf.
Mittlerweile ist es spät geworden und ich muss mich beeilen, mein Schließfach zu leeren. Auf dem Weg zu meiner Unterkunft decke ich mich noch mit Vorräten für den nächsten Messetag ein. Auch etwas zu essen wäre nicht schlecht – immerhin verspüre ich ein leichtes Hüngerchen. Ausnahmsweise habe ich an diesem Abend kein Programm, sondern flätze mich gemütlich im Sessel und sichte meine Errungenschaften. Tatsächlich sind einige wirklich interessante Spiele dabei und ich freue mich auf den nächsten Spieleabend, um sie auszuprobieren.
Samstag, 26. Oktober 2019
Traditionell ist Samstag der Tag mit den meisten Messebesuchern – und auch dieses Jahr bildet dabei keine Ausnahme. Glücklicherweise bin ich vor dem großen Andrang bereits vor Ort und kann mir das Spektakel der Toröffnung aus sicherer Entfernung anschauen. Ich kann ja verstehen, dass die Besucher aufgeregt sind und ihr Geld loswerden wollen, allerdings ist das kein Grund, rücksichtslos durch die Gänge zu rennen und dabei alle und jeden aus dem Weg zu räumen.
Nachdem das am Vortag so gut mit der Miniaturenmalerei funktioniert hat, versuche ich auch heute mein Glück – diesmal am Stand des spanischen Farbenherstellers Acrylicos Vallejo. Das Niveau liegt hier ein ganzes Stück höher als beim Space Marine – was in erster Linie an der fachkundigen Anleitung liegt. Nach einer guten Stunde habe ich einen ganz ansehnlichen Beholder zustande gebracht und ziehe weiter. Für heute habe ich mir eine Art Themenschwerpunkt gesetzt – Tower-Defence-Spiele. Bereits in der Neuheitenschau am Mittwoch ist mir Last Bastion von Repos ausgefallen und nun nehme ich mir die Zeit für eine Testrunde. Vier Spieler müssen in diesem kooperativen Spiel die letzte Zuflucht der Menschen (und Zwerge, Elfen, Halblinge) gegen finstere Monsterhorden verteidigen. Dabei helfen die Fähigkeiten der Zivilisten, der geschickte Einsatz von Ressourcen und natürlich Würfelglück. Umgekehrte Vorzeichen hat dagegen Village Attacks des britischen Herstellers Grimlord Games. Zwar ist auch dieses Spiel kooperativ, aber die Spieler übernehmen die Rolle von Monstern und Schurken, die sich gegen die aufgebrachte Dorfbevölkerung zur Wehr setzen müssen. Neben seiner wirklich großartigen Ausstattung kann das Spiel mit detaillierten Abläufen und Spieltiefe aufwarten – außerdem mag ich es, den Bösen zu spielen. Aktuell läuft eine Crowdfunding-Aktion für die erste große Erweiterung.
Das letzte Spiel, dass ich mir zu diesem Thema anschaue, ist derzeit noch in der (fortgeschrittenen) Entwicklungsphase. Auch bei Knight Tales gilt es, mit tapferen Recken ein Dorf vor fiesen Monstern zu retten. Das Spiel von Voodoo Games setzt auf Synergieeffekte zwischen den Spielern und den bedachten Einsatz von Würfeln. Etwas mehr Tiefe bekommt das Spiel dabei durch das Ressourcenmanagement, das den Spielern mehr Optionen an die Hand gibt. Auch hier wird in absehbarer Zeit eine Crowdfunding-Kampagne folgen.
Damit ist meine Aufnahmefähigkeit, was Regeln angeht, fürs Erste erschöpft. Daher trifft es sich ganz gut, dass noch ein weiterer Termin in meinem Kalender steht. Iello gehört für mich jedes Jahr zu den Highlights – sowohl in Nürnberg, als auch in hier Essen. Während man im opulent ausgestatteten regulären Ausstellungsbereich die aktuellen Neuheiten ausgiebig antesten kann, gibt es im Händler- und Pressebereich einen Ausblick auf die kommenden Veröffentlichungen. Nach dem üblichen Smalltalk und den Frotzeleien über deutsche und französische Gewohnheiten habe ich endlich Gelegenheit die Prototypen in Augenschein zu nehmen. Dabei ist es vor allem King of Tokyo – Dark Edition das meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Leider darf mein Gesprächspartner noch nicht übermäßig viel zum Spiel verraten – auch die enthaltenen Monster sind noch unter Verschluss. Allerdings verfügt das Spiel über eine neue Mechanik, neue Ausrüstung und über eine sehr stimmige, finstere Aufmachung. Der Veröffentlichungstermin ist für das kommende Frühjahr angedacht – ich bin gespannt. Daneben steht mit The Vth Element eine Erweiterung für das knackig schwere Magierspiel The Big Book Of Madness. Keinen wirklichen Tiefgang, dafür einige lustige Runden verspricht Flyin‘ Goblin. Dabei müssen die namensgebenden Plagegeister mittels einer Wippe in die Räume einer Burg katapultiert werden. Mit Break The Code und Time Bomb Evolution sind auch zwei Deduktions- und Rätselspiele im Programm des französischen Verlages. Während das eine ungewöhnlich schlicht daherkommt, überzeugt das andere wieder mit tollen Illustrationen und liebevoller Aufmachung. Beide funktionieren jedoch als lockere „Zwischenmahlzeit“ für kleinere Spielergruppen. Schließlich habe ich auch hier genug gesehen und setze meinen Weg fort.
Auf meiner Liste sind nur noch wenige Punkte übrig. Eigentlich wollte ich mir diese für den letzten Messetag aufheben, aber ich liege noch gut in der Zeit und bin leidlich fit. So bahne ich mir meinen Weg zurück in Halle 6 und hole ein weiteres vorbestelltes Spiel ab. Kraken Ataken ist eine lockere Schatzjagd des polnischen Verlags Titan Forge, eigentlich bekannt für ihre Miniaturen. Aber Grundidee und Aufmachung fand ich so gelungen, dass ich mir das Grundspiel nebst Erweiterung habe zurücklegen lassen. Nun können wir bei Gelegenheit als tentaklige Tiefseeungeheuer Schätze von Piratenschiffen stehlen.
Direkt nebenan bei Warlord Games dreht sich alles um napoleonische Seeschlachten in Black Sails. Die Schiffe sehen großartig aus, auch das Spielprinzip macht einen soliden Eindruck – allerdings schreckt mich ein weiteres Tabletop-System doch ab. Oktoberfest von Fat Fox Games hat es dagegen leider nicht auf die Messe geschafft – darauf hatte ich mich eigentlich gefreut! Auch bei Modiphius schaue ich vorbei – auch wenn das Spiel, was ich haben wollte, noch nicht fertig ist. Stattdessen begutachte ich die Neuerscheinungen für das Fallout-Tabletop, die nächste Inkarnation von Vampire: The Masquerade und das Elder Scrolls-Spiel. In einem beinahe unmenschlichen Akt der Selbstbeherrschung beschränke ich meine Einkäufe nur auf zwei Miniaturen.
Mittlerweile neigt sich auch der dritte Messetag seinem Ende entgegen. Allerdings habe ich noch ein bisschen Zeit, die ich für einen schnellen Ausflug in Halle 5 nutze. Inmitten der allgemeinen Aufbruchsstimmung, bekomme ich eine rasche Einführung in das Partyspiel Barpigs. Sicherlich nicht für jede Spielerrunde geeignet, aber sehr spaßig – vor allem mit steigendem Alkoholpegel. Schnell packe ich das Spiel mitsamt der Erweiterung in meinen Rucksack und begebe mich zurück zu meinen Bekannten. Diese haben mittlerweile ihren Stand für die Nacht fertig gemacht und so können wir direkt zum Abendprogramm übergehen. Wie bereits im letzten Jahr geht die Fahrt zur Burger-Braterei des Vertrauens in Essen.
Obwohl es schon ziemlich spät ist, als ich meine Unterkunft erreiche, und ich schrecklich müde bin, packe ich dennoch meine Sachen zusammen. Während ich die letzten Spiele in den Taschen verstaue, frage ich mich, wann ich die ganzen Sachen gekauft habe. Eigentlich hatte ich mir dieses Jahr etwas mehr Zurückhaltung verordnet. Glücklicherweise ist es bis zur nächsten SPIEL ja noch ein bisschen hin!
Sonntag, 27. Oktober 2019
Der letzte Messetag bricht an!
Meine Termine sind alle erledigt, auch meine Einkaufsliste ist praktisch abgearbeitet. So bleibt mir eigentlich nur noch, ein wenig durch die Halle zu schlendern, auf der Suche nach etwas wirklich Außergewöhnlichem. Obwohl ich eigentlich in den vergangenen Tagen jeden Gang mehrfach durchlaufen habe, finde ich immer noch Spiele, die mir gänzlich unbekannt sind. So beispielsweise Wurst Case Scenario bei dem die Spieler als intelligente Wurst dem Fleischwolf entkommen wollen oder Soviet Kitchen, das mit ähnlichen Zutaten, aber einem völlig anderen Spielprinzip aufwarten kann. Für Proberunden fehlt mir mittlerweile allerdings der Nerv, das Ende meiner Aufnahmefähigkeit ist erreicht.
Stattdessen wage ich mich an diesem Tag zum ersten Mal in einige der zahlreichen „Resterampen“. Hier kann ich einige Spiele ergattern, die ich schon seit Jahren suche – und das zu einem geradezu lächerlichen Preis.
Es ist zwar noch relativ früh am Tag, aber ich habe ja noch die lange Heimfahrt vor mir. So mache ich mich schließlich schwer bepackt auf den Weg zu meinem Wagen und kehre den Messehallen den Rücken – bis zum nächsten Jahr.
Das Fazit
Wie jedes Jahr habe ich viel zu wenig geschlafen, zu viel Geld ausgegeben und bin unzählige Kilometer gelaufen. Auch brauchte ich einige Tage um die ganzen Eindrücke zu ordnen und zu verarbeiten – von der obligatorischen Messeerkältung einmal ganz abgesehen. Für mich sehr erfreulich war, dass es nicht das eine dominierende Thema gab. Einhörnern, Zombies, Steampunk oder Cthulhu waren zwar überreichlich vorhanden, aber eben in einer ausgewogenen Mischung. Praktisch für jeden Spielertyp, jedes Genre und jedes Budget gab es mehr als genug Auswahl.
Natürlich kann ich im Rahmen dieser Nachlese nicht auf jedes Spiel eingehen, dass ich gesehen habe – daher habe ich mich auf einige ausgewählte Veröffentlichungen beschränkt. Vor allem bei solch einer Veranstaltung sind für mich Spiele der kleineren Verlage interessant. Daher liegt hier auch mein besonderer Fokus. Dabei habe ich einige spannende neue Spielkonzepte gesehen, tolle Ausstattungen und eindrucksvolle Präsentationen – aber vor allem viele Menschen, die Spaß am Spielen haben!
Seit einigen Jahren wächst die Anzahl der Aussteller, die Spielezubehör liefern. Waren es zu Beginn nur Würfel und Kartenhüllen, hat sich das Angebot beständig erweitert. Inlays für die unterschiedlichsten Brettspielboxen, Würfeltürme, Transporttaschen und Spielunterlagen sind hinzugekommen. Auch Anbieter von eigens gebauten, teils ausgesprochen luxuriösen, Spieltischen präsentieren ihre Produkte auf der SPIEL. So kann jeder Spieler, die nötigen Finanzmittel vorausgesetzt, das perfekte Spielzimmer für seine Bedürfnisse einrichten. Ebenfalls ungewohnt ist die verstärkte Präsenz von Produktionsfirmen, die das Spielmaterial für die eigentlichen Verlage herstellen. Druckereien und Logistiker waren dabei ebenso vertreten, wie die Hersteller von Spielfiguren. Da ich mich (beruflich bedingt) sehr für diesen Aspekt der Spieleentwicklung interessiere, war es für mich spannend, mir auch dort Informationen zu holen.
Auffällig, ist die abnehmende Halbwertzeit vieler Spiele. Titel, die noch vor ein oder zwei Jahren hochgejubelt und teuer verkauft wurden, finden sich zuhauf in den Ramschkisten. Natürlich gibt es dagegen auch Spiele, die nach Jahren kaum im Preis sinken, beispielsweise Abalone. Auf der einen Seite finde ich diese Entwicklung schade, entwertet sie doch die Spiele an sich. Andererseits freue ich mich darüber – so kann ich für relativ kleines Geld die Lücken in meiner Sammlung schließen.
Sehr wahrscheinlich haben die zahlreichen Crowdfunding-Kampagnen ihren Teil dazu beigetragen, das viele Spiele auf den Markt drängen. Einige der Verlage nutzen die Messe, so zumindest mein Eindruck, einzig als Werbekampagne für den nächsten Kickstarter. Dabei wird häufig mehr Wert auf die Ausstattung gelegt; ein originelles Konzept oder funktionierende Spielmechaniken bleiben dabei gelegentlich leider auf der Strecke.
Eine der größten Neuerungen war das Einlasskonzept des Friedhelm Merz Verlag. Die Verantwortlichen haben sich die Kritik der letzten Jahre wirklich zu Herzen genommen und die Abläufe deutlich optimiert. Keine kilometerlangen Staus auf den Zufahrtsstraßen, wenig Gedränge vor den Hallen und ein flüssiger Einlass haben dafür gesorgt, dass der Stresspegel auf einem überschaubaren Niveau bleibt. Auch die Charity-Aktionen, der viertägige Live-Stream und das umfangreiche Nebenprogramm haben die diesjährige SPIEL aus meiner Sicht aufgewertet. Dafür nochmals vielen Dank an die Verantwortlichen!