Kurzer Prozess

24.09.2017 von Marcus Pohlmann

Kurzer Prozess

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Spieleranzahl: 3 bis 6 Spieler

Altersempfehlung: ab 10 Jahren

Spieldauer: ca. 30 Minuten

Erscheinungsdatum: 31.07.2017

Sprache: Deutsch

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Reiner Knizia ist nicht nur einer der bekanntesten deutschen Spieleautoren, sondern wohl auch einer der produktivsten. Erst vor wenigen Tagen bekam ich das Würfelspiel Schollen Rollen von ihm auf den Schreibtisch, nun also mit Kurzer Prozess ein Kartenspiel. Angesiedelt ist das Spiel im kriminellen Milieu, dem Spezialgebiet des Gmeiner-Verlages. Hier versuchen bis zu sechs Spieler auf der Anklagebank möglichst ungeschoren davon zu kommen und ihren Komplizen die Schuld unterzuschieben.

In erster Linie besteht das Spielmaterial in der kleinen Schachtel aus 60 Karten. Jeweils zehn davon sind einem von fünf Verbrechen zugeordnet, beispielsweise Diebstahl, Mord oder Erpressung. Auf jeder Karte findet sich dabei ein Zahlenwert zwischen 1 und 3, ein Bildmotiv, beispielsweise ein Fingerabdruck, eine Haarsträhne oder ein Geständnis, die Bezeichnung für welche Art von Verbrechen die Karte gilt und die dazugehörige Hintergrundfarbe. Fünf Karten sind den Zeugen vorbehalten, die eine Art Joker darstellen und für jede Farbe, das heißt jede Verbrechensart eingesetzt werden können. Schließlich gibt es noch fünf Karten, die als „Schwarzer Peter“ bezeichnet werden. Diese muss ein Spieler vor sich selbst auslegen und bewirken, dass alle ausliegenden Karten reihum zum linken Nachbarn geschoben werden. Dazu kommen Papp-Streifen, die sogenannten Knastperioden, die angeben, wie lange ein Verbrecher einsitzen muss und schließlich die achtseitige Anleitung.
Zur Spielvorbereitung werden alle Karten unter den Spielern verteilt und es werden drei Reihen, für jede Partie eine, mit Knastperioden ausgelegt. Dazu werden Streifen blind aus der Schachtel gezogen, immer einen weniger als Spieler dabei sind.
Ist ein Spieler an der Reihe, so muss er eine Karte vor einem Mitspieler oder auch sich selbst ablegen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass vor jedem Spieler nur Karten einer Farbe liegen dürfen und dass keine zwei Mitspieler Karten der gleichen Farbe vor sich liegen haben. Hat ein Spieler Karten mit einem Gesamtwert von fünf oder mehr Punkten kassiert, muss er sämtliche ausliegenden Karten (auch die der Mitspieler) einsammeln und auf seinen Ablagestapel legen, danach wird die Runde mit diesem Spieler fortgesetzt. Kann ein Spieler keine passende Karte mehr ablegen oder entscheidet er sich gar freiwillig dazu, so muss er die Karten ebenfalls aufnehmen. Wenn es einem Spieler gelingt seine letzte Handkarte abzulegen endet die Partie. Der Spieler mit den meisten Karten muss sich nun die längste Knastperiode nehmen, der nächste die zweitlängste und so weiter. Der Spieler mit den wenigsten Karten hat Glück gehabt und kommt straffrei davon.
Es folgen eine zweite und dritte Partie mit dem gleichen Ablauf, an deren Ende die Spieler schließlich die Länge ihrer gesammelten Knastperioden vergleichen. Der Spieler, der die kürzeste Zeit im Gefängnis verbringen muss, ist glimpflich davon gekommen und der Sieger des Spiels.

Dem erfahrenen Spieler wird das grundlegende Prinzip vielleicht bekannt vorkommen, das Reiner Knizia bei Kurzer Prozess nutzt. Dennoch bietet das Spiel, ganz abgesehen von der Thematik, genug Alleinstellungsmerkmale um nicht wie eine simple Kopie zu wirken. Mit drei oder vier Spieler funktioniert eine Runde zwar auch, deutlich mehr Bewegung ist aber bei fünf oder sechs Spieler auf dem Tisch. In diesem Fall muss praktisch in jeder Runde ein Spieler Karten nehmen und der Ablauf wird deutlich dynamischer. Die Wartezeit für die einzelnen Spieler hält sich in überschaubarem Rahmen; meist ist es eine klare, aber nicht einfache, Entscheidung, welche Karte gespielt werden muss. Für den Spieler ist es immer eine Gratwanderung, die Mitspieler nicht gegen sich aufzubringen, die eigenen Karten möglichst unauffällig loszuwerden und im richtigen Moment auch mal einen Kartenstapel zu nehmen. Und grade dies macht, zumindest für mich, den Reiz des Spiels aus. Gmeiner liefern hier ein leicht zu erlernendes, kurzweiliges Kartenspiel, bei dem die Interaktion zwischen den Spielern nicht zu kurz kommt und das durchaus über einen gewissen „Ärgerfaktor“ verfügt.
Die Motive der Karten sind zwar nur Beiwerk, dennoch stimmig und unterstützen den „kriminellen“ Charakter des Spiels. Durch die Kombination aus Farbe und Bezeichnung werden Verwechslungen vermieden. Besonders gut gefallen mir die Leisten mit den unterschiedlich langen Knastperioden. Dies passt viel besser zum Spiel als einfach nur eine Addition von Punktzahlen – zudem sieht es auf dem Spieltisch gut aus. Die Anleitung ist nicht sonderlich umfangreich, muss sie auch gar nicht sein. Der Spielablauf wird klar und eindeutig erklärt, und lässt eigentlich keinen Raum für Interpretationen.

Die Spieler bekommen mit Kurzer Prozess ein nicht übermäßig kompliziertes Spiel, das über einige strategische Optionen verfügt und bei dem sich die Mitspieler gegenseitig beharken können.

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