Kolejka

29.09.2018 von Marcus Pohlmann

Kolejka

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Spieleranzahl: 2 bis 5 Spieler

Altersempfehlung: ab 12 Jahren

Spieldauer: ca. 60 Minuten

Erscheinungsdatum: 20.02.2015

Sprache: Deutsch

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Vielleicht mag sich der eine oder andere unserer Leser noch an den real existierenden Sozialismus erinnern, welcher der Bevölkerung in vielen osteuropäischen Staaten bis Anfang der 1990er Jahre die Glückseligkeit versprach. Wie dies letzten Endes ausging, lässt sich mittlerweile in den Geschichtsbüchern nachlesen. Das polnische Institut für Nationales Gedenken hat mit Kolejka ein Spiel veröffentlicht, dass diese glorreiche Zeit wieder aufleben lässt. Dank Übersetzung und Vertrieb von HUCH! & friends können nun auch die Nachgeborenen an der nostalgischen Einkaufstour teilnehmen.

Das zentrale Element ist der Spielplan mit fünf Geschäften, einem Kiosk, einem Möbelhaus, dem Lebensmittelladen, einem Kleidergeschäft und einem Gemischtwarenladen. Hinzu kommen Ablageflächen für Karten, eingezeichnete Schlangen vor den Läden und einem LKW-Tableau, das als Nachziehstapel für die verschiedenen Waren dient. Für diese fünf Warenarten (Lebensmittel, Kleidung, Möbel, Haushaltswaren, Kioskartikel) gibt es jeweils zwölf Karten mit alltäglichen Gütern, einschließlich einem kleinen Werbetext und einem zeitgenössischen Foto. Die 15 Lieferkarten bestimmen, wieviel von welcher Ware in einer Runde wohin geliefert wird. Jeder Spieler bekommt einen der fünf Einkaufszettel; auf diesen sind vier Waren aufgelistet, die er besorgen muss, beispielsweise für die „Feier der Jugendweihe“ vier Nahrungsmittel, drei Haushaltsgegenstände, zwei Möbelstücke und ein Kleidungsstück. Dazu erhält jeder Spieler in seiner Farbe fünf Holzpöppel, eine Übersichtskarte und zehn Aktionskarten. Mit diesen Karten lässt sich die Reihenfolge innerhalb der Schlange ändern, Waren können in einen anderen Laden gebracht werden oder ein Geschäft hat wegen Inventur schlicht geschlossen. Hinzu kommen noch sechs Figuren für Spekulanten, eine Marktfrau, ein Startspielerstein und die 44seitige Anleitung.
Jeder Spieler erhält sein Spielmaterial, einschließlich einem zufälligen Einkaufszettel, zieht drei Aktionskarten und platziert in der ersten Runde seine Figuren vor den Geschäften. Die Warenstapel werden gemischt und entsprechend auf den LKWs platziert, die Lieferkarten kommen auf das eigentliche Spielbrett.
Sind die Vorbereitungen abegschlossen, kann die Jagd nach den kostbaren Waren beginnen. Dabei teilt sich eine Runde in sechs Phasen auf, die jeweils von allen Spielern der Reihe nach durchlaufen werden müssen. Beim „Anstellen an die Warteschlange“ platzieren die Spieler nacheinander immer eine Figuren in den verschiedenen Schlangen – so lange, bis alle Figuren gesetzt sind. Dabei können sie durchaus auch mehrere Figuren in die gleich Schlange stellen. Für die „Warenlieferung“ deckt der Startspieler drei Karten vom Lieferkartenstapel auf und verteilt die Waren von den LKWs auf die entsprechenden Geschäfte. Nachdem die Waren verteilt sind, beginnt die „Drängelei“. Hier können die Spieler entweder passen, was diese Phase für sie beendet, oder aber Handkarten spielen, um Einfluss auf die Warenverteilung oder die Reihenfolge in der Schlange zu nehmen. Haben alle Spieler gepasst endet die Phase und es folgt die „Ladenöffnung“. Dabei nehmen sich die Spieler, entsprechend ihrer Reihenfolge, jeweils eine Ware aus dem Geschäft und legt sie offen vor sich ab. Ist die neutrale Figur des Spekulanten an der Reihe, so wird die Ware auf das entsprechende Feld des Schwarzmarkts gelegt. Die Figuren, die in dieser Runde leer ausgehen, bleiben vor dem Laden und rutschen in der Schlange entsprechend vor. In der fünften Phase, dem „Schwarzmarkt“ können die Spieler, vorausgesetzt sie haben eine Figur dort stehen, Waren im Verhältnis 2 zu 1 eintauschen. Die eingetauschten Waren bleiben im Schwarzmarkt für kommende Runden. Die „Aufräumphase“ beendet die Spielrunde. Liefer- und Inventurkarten werden abgelegt, der Startspieler wechselt, die Spieler dürfen drei neue Handkarten ziehen und die Figur der Marktfrau wird ein Feld weiter gezogen.
Das Spiel endet sofort, wenn es einem Spieler gelingt, alle Waren auf seinem Einkaufszettel zu besorgen. Schaffen es mehrere Spieler gleichzeitig, dann dienen die überschüssigen Waren als Tie-Breaker. Sind sowohl LKWs als auch Läden leer, aber es hat niemand seinen Einkaufszettel erfüllt,endet das Spiel ebenfalls. In diesem Fall gewinnt der Spieler, dem die wenigsten Waren fehlen.

Eigentlich handelt es sich hier um ein recht einfaches Worker-Placement-Spiel vor einem Handelshintergrund. Dabei haben, zumindest in der Theorie, alle Spieler die gleichen Grundvoraussetzungen, ihren Einkaufszettel abzuarbeiten. Je mehr Spieler allerdings sich um die kostbaren Waren streiten, desto unübersichtlicher und weniger planbar wird der Spielverlauf. Eine Partie zu zweit ist zwar auch möglich, allerdings macht es mit vier oder fünf Spielern deutlich mehr Spaß. Für ausgebuffte Strategen natürlich ein Graus, aber für Gelegenheitsspieler – die keine Probleme damit haben, ihre Mitspieler zu ärgern – ein sehr spannendes, unkompliziertes Spiel. Ein bisschen Planung sollte zwar schon dabei sein, aber wichtiger ist es, im richtigen Moment die passenden Aktionskarten zu spielen und seine Pöppel entsprechend in den Schlangen zu verteilen. Der Umweg über den Schwarzmarkt verhindert meist den gröbsten Frust und ganz wie im richtigen Leben ist nicht so wichtig, dass der Spieler die passende Ware bekommt, sondern irgend etwas mit nach Hause nehmen kann.
Die Aufmachung von Kolejka mutet für den heutigen Betrachter etwas seltsam an, ist aber tatsächlich mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Angefangen bei den geschmacklosen Farbtönen, über die authentischen Fotos der Waren bis hin zu den Kaffeeflecken in der Anleitung passt alles zusammen. Die Regeln sind einfach und verständlich erklärt, auch einige häufig auftretenden Fragen werden behandelt. Hinzu kommen umfangreiche geschichtliche Informationen zur fraglichen Epoche, so dass sich Spieler, die diese nicht selbst miterlebt haben, eine Vorstellung der damaligen Verhältnisse bekommen.
Einige Artworks und weitergehende Informationen zum Spiel gibt es auf der Verlagsseite von Hutter Trade.

Wer sich nicht an der ungewöhnlichen Thematik und dem gewöhnungsbedürftigem Design stört, bekommt mit Kolejka ein wirklich unterhaltsames, wenn auch recht garstiges Spiel.

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