Infarkt

30.11.2011 von Marcus Pohlmann

Infarkt

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Spieleranzahl: 2 bis 5 Spieler

Altersempfehlung: ab 10 Jahren

Spieldauer: ca. 45 Minuten

Erscheinungsdatum: 14.10.2010

Sprache: Deutsch

Auf der alljährlich in Essen stattfindenden, weltgrößten Spielwarenmesse, der SPIEL, hat der interessierte Spieler häufig die Gelegenheit exotische Spiele zu sehen und auch anzutesten, die hierzulande in den seltensten Fällen einen Verlag finden. Eine gute Anlaufstelle für originelle und ungewöhnliche Spiele ist hier traditionell der Stand von Czech Board Games die auch in diesem Jahr wieder mit zwei Neuerscheinungen auf der Messe vertreten waren. Die meiste Aufmerksamkeit, vor allem der männlichen Standbesucher, konnte hierbei Infarkt auf sich ziehen, einen nicht gerade kleinen Anteil daran dürfte die erschreckt dreinblickende Blondine mit den zwei Defibrillator-Paddles in den Händen haben, die vom Cover der Box und von den Plakaten der Stand-Deko herunterblickt.

Im Gegensatz zum ersten optischen Eindruck geht es bei dem Spiel aber nicht um die Tätigkeit in der Notaufnahme eines Krankenhauses sondern um das Leben und die Gesundheit des modernen Menschen die ständig durch vielerlei Faktoren bedroht ist. Hier lauern Cholesterin, Blutdruck, Fettleibigkeit, Depression, Diabetes und Krebs nur darauf zuzuschlagen und so den Spieler aus dem Spiel zu reißen. Glücklicherweise haben die Spieler, wie im richtigen Leben auch, Einfluss auf ihren Gesundheitszustand und können mit der richtigen Kombination aus Ernährung, Sport und Medikamenten den negativen Auswirkungen entgegen steuern um schließlich ihre Mitspieler zu überleben und so das Spiel zu gewinnen.
Die Box enthält das zentrale Spielbrett welches als Auslagefläche für Ereignis- und Warenkarten dient und bietet den Spielern zudem noch verschiedene andere Optionen die sie in jeder Runde nutzen können, doch dazu später mehr. Zudem gibt es für jeden der bis zu fünf Spieler eine Spielerkarte auf welcher der aktuelle Gesundheitszustand vermerkt wird. Hier gibt es für jede der oben genannten Gesundheitsrisiken eine Skala von „0“ bis „10“ wobei der höchste Wert dem Exitus gleich kommt. Auch drei verschiedene Kartenarten sind während des Spieles im Einsatz. Zum einen die Ereigniskarten die von jedem Spieler gezogen werden und eher negative Auswirkungen auf den Gesundheitszustand haben, Arzneimittelkarten wirken sich in der Regel positiv auf die Verfassung der Spielfigur aus und schließlich die Warenkarten die von Schokoladenkuchen über Tofu bis hin zu dicken Zigarren alles bieten, was dem modernen Menschen an Genussmitteln lieb und teuer geworden ist. Daneben gibt es noch einige Marker, fünf Plättchen für unterschiedliche Spielvarianten und die viersprachige Anleitung.
Zu Beginn einer Runde nimmt sich jeder Spieler eine Ereignis-Karte, deren Auswirkungen auch sofort umgesetzt werden müssen. Diese können durchaus positive Aspekte haben, so sorgt beispielsweise ein Lotteriegewinn kurzfristig für mehr Geld und unterdrückt Depressionen, treibt aber gleichzeitig den Blutdruck in die Höhe, schrecklicher Durchfall verringert zwar das Gewicht, deprimiert den Charakter aber oder Einbrecher plündern die Medikamenten und Tabakvorräte im Haus. Nachdem dies abgehandelt wurde können die Spieler bis zu drei Spielfiguren auf unterschiedliche Tätigkeiten setzen, die sie in dieser Runde ausführen möchten. Im Büro wird natürlich Geld verdient, welches dann im Supermarkt für Nahrungsmittel oder in der Apotheke für Medikamente ausgegeben werden kann, wobei hier die Waren verdeckt gezogen werden. In der Markthalle sieht der Spieler immerhin was er kauft und im Fitnessstudio gibt es die Möglichkeit etwas für die Gesundheit zu tun. Zudem haben die Spieler die Option im eigenen Haus etwas zu entspannen, sich eine leckere Mahlzeit zuzubereiten oder die Nachbarn auf eine kleine Party mit allerlei ungesunden Naschereien einzuladen. So wird Runde um Runde gespielt, bis alle bis auf einen Spieler ausgeschieden sind, der folglich das Spiel gewinnt. Um etwas Abwechslung in den Spielverlauf zu bringen sind noch einige weitere Optionen in Form von alternativen Tätigkeiten dabei. So können die Spieler Karriere machen, im trauten Kreis der Familie entspannen oder in einer Bar Zerstreuung suchen.

Der Untertitel von Infarkt, „Party Board Game“, ist vielleicht etwas irreführend, da ein Spiel für maximal fünf Spieler nur für eine sehr kleine Party geeignet scheint. Natürlich gehört eine gute Portion Zynismus dazu seine Mitspieler mit verfettetem Essen in einen frühen Herztod zu treiben, macht aber letzten Endes doch Spaß. Knallharte Strategen und Brettspiel-Koryphäen dürften den Spielablauf dagegen als zu beliebig und die Mechanismen als nicht sonderlich ausgeklügelt empfinden, obwohl diese in den meisten Fällen recht gut funktionieren. Auch die Idee mit den verschiedenen Spielvarianten ist gelungen und beschleunigt das Spiel anstatt es unnötig in die Länge zu ziehen.
Die Gestaltung des Spielmaterials setzt sicherlich keine neuen Maßstäbe, geht aber völlig in Ordnung und ist durch die zahlreichen Piktogramme größtenteils selbst erklärend. Leider haben sich in die deutsche Übersetzung der Anleitung einige kleinere Fehler eingeschlichen, die aber durch einen kurzen Blick in das englische Gegenstück behoben werden können. Ansonsten sind die Spieler schon nach ein oder zwei Runden regelfest und können sich darauf konzentrieren ihren Charakter bei bester Gesundheit zu halten.
Infarkt ist sicherlich kein Spiel mit dem eine gesellige Runde ganze Abende verbringen kann oder das ständig aus dem Schrank geholt wird, dafür gibt es zu wenig Varianz im Spielablauf. Allerdings kann eine schnelle Partie, das Spiel dauert in der Regel keine Stunde, ab und an durchaus wieder etwas Schwung in einen drögen Spieleabend bringen zumal die Regeln nicht übermäßig kompliziert und schnell erklärt sind.

Ein vielleicht nicht ganz politisch korrektes aber, mit den richtigen Spielern, sehr spaßiges Spiel für zwischendurch von unseren tschechischen Nachbarn.

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