Gutenberg

29.05.2022 von Marcus Pohlmann

Gutenberg

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Spieleranzahl: 1 bis 4 Spieler

Altersempfehlung: ab 12 Jahren

Spieldauer: 60 bis 120 Minuten

Erscheinungsdatum: 25.03.2022

Sprache: Deutsch

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Der eine oder andere unserer Leser wird vielleicht bemerkt haben, dass bei mir gewisse, berufsbedingte, Affinität zu Bleisatz und Buchdruck vorhanden ist. Da ist es natürlich selbstverständlich, dass ein Spiel wie Gutenberg meiner Sammlung einverleibt wird. Bis zu vier angehende Druckermeister bauen im ausgehenden 15. Jahrhundert ihre Werkstatt aus und erfüllen Druckaufträge ihrer Gönner. Ursprünglich zur SPIEL 2021 vom polnischen Verlag Granna veröffentlicht, haben HUCH! die deutsche Übersetzung und den Vertrieb auf dem heimischen Markt übernommen.

Was steckt drin?

Im Zentrum des Spiels befindet sich der doppelseitige Spielplan. Dieser bietet in erster Linie Ablageflächen für die unterschiedlichen Spielmaterialien, dient aber auch der Rundenanzeige und gibt über die aktuellen Ruhmespunkte Auskunft. 100 Auftragskarten warten darauf, erfüllt zu werden. Diese teilen sich in je 50 Druck- und Veredelungskarten auf. Weitere Karten dienen der Spezialisierung oder stellen Gönner dar. Tintenplättchen in verschiedenen Farben aus Pappe, Lettern aus Holz (nicht aus Blei), schwarze Holzquader und graue Scheiben kommen ebenfalls zum Einsatz. Die Währung des Spiels sind die Gulden, die in verschiedenen Werten als Papp-Marker beiliegen. 32 Zahnräder mit bis zu drei unterschiedlichen Aktionen, ein Rundenmarker und ein Stoffbeutel gehören ebenfalls zum allgemeinen Spielmaterial.
Hinzu kommt die Ausstattung für jeden Spieler. Diese besteht aus einem Druckereitableau mit Platz für Zahnräder, Aufträge und Ausbaustufen, einer Planungstafel und einem Sichtschirm. Außerdem gehören Holzquader und -scheiben in der Spielerfarbe dazu.

Start in die Schwarze Kunst

Start in die Schwarze Kunst

In einer optionalen Regelvariante übernimmt zudem jeder Spieler die Rolle eines der zehn Charaktere, beispielsweise Peter Schöffler oder Aldus Manutius. Diese verfügen über eine Sonderfähigkeit, so werden etwa weniger Materialien für die Fertigstellung eines Auftrages benötigt, es gibt mehr Ruhmespunkte im Austausch für Gulden oder Aktionen können nachträglich geändert werden.
Die 24seitige Anleitung enthält neben den Regeln auch Hintergrundinformationen zur Entstehung des Buchdruckes und einigen herausragenden Persönlichkeiten.

Wie wird’s gespielt?

Die, der Spieleranzahl entsprechende Seite des Planes wird ausgelegt und das Spielmaterial (Karten, Tinte und Zahnräder) darauf verteilt. Die restlichen Tintenplättchen kommen in den Beutel, Gulden und Lettern werden in Reichweite abgelegt. Jeder Spieler erhält sein persönliches Spielmaterial und wählt zufällig einen Charakter. Außerdem gibt es zehn Münzen als Startkapital und Planungsmarker, wiederum abhängig von der Spielerzahl. Jeder Spieler sucht sich drei Holzlettern und zwei Druckaufträge, bestehend aus je einer Druck- und einer Veredelungskarte, aus.

Jede der sechs Spielrunden setzt sich aus fünf Phasen zusammen, in denen die Spieler agieren. In der ersten Phase werden die Zahnräder um ein Segment gedreht. Allerdings entfällt dies zu Beginn, da die Spieler sich die Räder erst besorgen müssen. Je nach Segment stehen weitere Optionen offen, beispielsweise Farben oder Lettern austauschen, günstiger einkaufen oder einen Auftrag nehmen.
Darauf folgt die Planungsphase, bei der die Planungstafeln hinter dem Sichtschirm verborgen werden. Hier verteilen die Spieler ihre Planungsmarker auf den fünf verschiedenen Aktionen. Je mehr Marker auf eine bestimmte Aktion kommen, desto früher darf er sie ausführen.

Eine ordentlich geführte Druckerei

Eine ordentlich geführte Druckerei

Im Anschluss werden die Pläne umgesetzt. Das heißt, die Spieler nehmen neue Druckaufträge an oder besorgen sich frische Tinte. Mit neuen Spezialisierungen lassen sich anspruchsvollere Aufträge erfüllen. Mit dem Plan „Druckerei verbessern“ nimmt sich der Spieler eines der ausliegenden Zahnräder und setzt es in einen der freien Plätze auf seinem Tableau ein. In künftigen Runden stehen nun diese Aktionen zur Verfügung. Schließlich kann der Spieler noch die Gunst eines Gönners erlangen. Dadurch gibt es entweder direkt neue Aufträge, Tinte oder Gulden, oder am Spielende Ruhmespunkte.
In der vierten Phase erfüllen die Spieler ihre Druckaufträge – so sie denn die notwendigen Materialien und Fähigkeiten besitzen. Der Spieler benötigt die auf der Druckkarte gelisteten Lettern. Fehlende Buchstaben kann man in dieser Phase gegen Gulden kaufen. Für die Veredelungskarte sind verschiedene Tintenplättchen und Spezialisierungen erforderlich – allerdings müssen diese Anforderungen nicht komplett erfüllt werden.

Für die Druckkarte winken als Belohnung Gulden, bei der Veredelung gibt es Ruhmespunkte und gelegentlich andere Boni. Nach der Erfüllung des Druckauftrages legt der Spieler die benötigten Tintenplättchen ab, Lettern und Spezialisierungen bleiben ihm erhalten.
In der letzten Phase werden die leeren Felder auf dem Spielplan mit Karten, Tinten-Markern oder Zahnrädern aufgefüllt. Außerdem kommen etwaig eingesetzte Spieler-Marker wieder zu ihren Besitzern, der Rundenanzeiger wandert weiter und der Startspieler wechselt.

Nach sechs Runden endet die Partie und es folgt die Endabrechnung. Zusätzlich zu den bisher erworbenen Ruhmespunkten gibt es weitere Punkte für Spezialisierungen, Gönner und übrig gebliebene Gulden. Der Spieler mit den meisten Ruhmespunkten ist der erfolgreichste Drucker und gewinnt die Partie.

Durch eine Spielmechanik, Automa, genannt, wird bei Bedarf ein zusätzlicher Spieler simuliert. Dies ermöglicht das Spiel in einer Solo-Variante, kann aber auch in der Partie zu zweit oder zu dritt genutzt werden.

Kann das Spiel was?

Ich bin, zugegebenermaßen, nicht ganz unvoreingenommen an Gutenberg herangegangen. Durch die Thematik und den ersten optischen Eindruck hat das Spiel eine gewisse Erwartungshaltung bei mir hervorgerufen – die es durchaus erfüllt hat. Den Spielablauf mit dem Ausbau der eigenen Druckerei, die Sammlung von Lettern und die verschiedenen Spezialisierungen (beispielsweise Buchschmuck oder Holzschnitt) finde ich sehr stimmig und passend umgesetzt. Der „Bietmechanismus“ in der Planungsphase ist nicht unbedingt neu, allerdings ist er so ausgelegt, das kein Spieler wirklich leer ausgeht. Der Einsatz der Zahnräder gefällt mir ebenfalls gut – die daraus resultierende Vorteile sind zwar nicht spielentscheidend, eröffnen aber weitere Möglichkeiten, um an Punkte zu kommen.

Das stimmige Spielmaterial

Das stimmige Spielmaterial

Der Spielablauf lässt sich nur bedingt um voraus planen, aber die Spieler können den Zufallsfaktor durch entsprechende Erweiterungen etwas abmildern – oder sich eben sehr flexibel aufstellen. Trotz der sich bietenden Optionen ist das Spiel nicht übermäßig komplex und ermöglicht einen schnellen Einstieg. Einer der positiven Aspekte von Gutenberg, ist für mich, dass man zu keinem Zeitpunkt hat, seinen Zug „verschwendet“ zu haben. Bei vielen anderen Spielen des Genres sorgt es für Frustration, die Mitspieler nach einer schlechten Runde uneinholbar davonziehen zu sehen. Hier ist der Spielverlauf ausgeglichener und bleibt meist bis zum Ende spannend.

Die Verwendung unterschiedlicher Charaktere, die verschiedenen Gönner und der Wechsel der Zahnräder sorgen für Abwechslung im Spielverlauf, so dass keine Partie der anderen gleicht. Einzig die Interaktion kommt für meinen Geschmack ein wenig zu kurz. Diese besteht lediglich daraus, der Konkurrenz Aufträge und Gönner wegzuschnappen – was wiederum im richtigen Leben in der Branche auch so üblich ist.
Der simulierte Spieler in der „Automa“-Variante funktioniert sehr gut und sorgt auch alleine für eine Herausforderung.

Der Sichtschirm

Der Sichtschirm

Das Spielmaterial ist ausgesprochen hübsch anzuschauen. Hier haben die Macher viel Wert auf die passende Atmosphäre gelegt. Lettern und Marker liegen in kleinen Papp-Schächtelchen in der großen Spielbox und die Illustrationen versetzen die Spieler ins ausgehende 15. Jahrhundert. Auch qualitativ gibt es nichts auszusetzen – die Karten sind stabil und die Holzelemente sauber und detailliert. Einzig die Stanzungen für die Scheiben der Zahnräder und der Charaktere sind nicht immer passend. Die Anleitung ist verständlich geschrieben und übersichtlich strukturiert. Dank vieler Abbildungen und Beispiele findet man sich schnell zurecht. Die historischen Informationen rund um die Entstehung des Buchdrucks mit auswechselbaren Lettern und die bedeutenden Drucker (und Druckerinnen) dieser Zeit runden den guten Gesamteindruck ab.

Auf der Homepage von HUCH! gibt es neben weiteren Bildern auch die Anleitung als PDF zum Download. Und wer sich für die Thematik interessiert, kann sich traditionellen Buchdruck im Mainzer Gutenberg-Museum live anschauen (oder gar selbst ausprobieren).

Für Freunde lockerer, hübscher und einsteigerfreundlicher Strategiespiele ist Gutenberg eine hervorragende Wahl.

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