Berge des Wahnsinns

19.11.2017 von Marcus Pohlmann

Berge des Wahnsinns

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Spieleranzahl: 3 bis 5 Spieler

Altersempfehlung: ab 12 Jahren

Spieldauer: ca. 60 Minuten

Erscheinungsdatum: 26.10.2017

Sprache: Deutsch

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Bei dem Hype, der aktuell um die bekannteste Schöpfung des US-amerikanischen Autors H.P. Lovecraft, den Großen Cthulhu, herrscht, wird gerne übersehen, dass der von ihm geschaffene Mythos noch viel mehr Facetten bereit hält. Der Spieleautor Rob Daviau hat sich mit Berge des Wahnsinns einer der, wie ich finde, stimmigsten Geschichten angenommen und diese als Brettspiel umgesetzt. Veröffentlicht wird die kooperative Reise in die Antarktis von Iello in Kooperation mit ihrem deutschen Partner Hutter Trade.

Leser, die den Roman nicht kennen, bekommen HIER eine kurze Zusammenfassung. Diese Ausgabe aus dem Festa Verlag wurde auch als Quelle für die Textpassagen genutzt, die auf dem Spielmaterial zitiert werden. Kurz gesagt geht es um eine Expedition der (fiktiven) Miskatonic Universität in die Antarktis, bei der die Forscher viel mehr entdecken, als ihnen eigentlich lieb ist.
Zentrum des Spielplans ist der eigentliche Berg, der sich in mehrere, pyramidenartig angeordnete Felder aufteilt. Es gilt zuerst die Küste zu erkunden, dann die Felswand zu besteigen und die Stadt zu untersuchen. Schließlich erreichen die Forscher den Rand des Wahnsinns und müssen mit dem Flugzeug die Flucht antreten. Daneben sind auf dem Brett verschiedene Ablageflächen für das restliche Spielmaterial vorgesehen. Für jeden der bis zu fünf Spieler gibt es ein Spielertableau, auf dem sich, neben einem Portrait auch noch eine kurze Rundenübersicht befindet. Das restliche Spielmaterial besteht in erster Linie aus Karten und Begegnungsplättchen. Letztgenannte werden auf die dafür vorgesehenen Felder des Spielplanes gelegt und geben den Spielern an, welche Karten zur Bewältigung der Aufgabe abgelegt werden müssen und welche Belohnung sie erwartet. Um diese Plättchen zu erfüllen stehen 48 Ausrüstungskarten zur Verfügung, die sich wiederum in Kisten, Waffen, Werkzeuge, Bücher und Arkane Ausrüstung aufteilen. Elf Reliktkarten winken als Belohnung für erfolgreich erfüllt Begegnungen – die Verletzungenkarten sammeln sich im Spielverlauf beinahe von selbst an. Schließlich gibt es noch 66 Wahnsinnskarten in drei Abstufungen, die die Spieler beispielsweise zwingen mit einem Akzent zu sprechen, zu flüstern oder sich zu vergewissern, das kein Monster unter dem Tisch lauert. Daneben gibt es noch das Schlittentableau, das als Ablagefläche für die Ausrüstungskarten dient, sechs Anführermarker die den Spielern kurzfristige Vorteile verschaffen und Marker um bestimmte Spielereignisse festzuhalten. Eine Flugzeugminiatur stellt die Expedition mit ihren Teilnehmern dar, die Sanduhr begrenzt die Spielzeit und der Strafwürfel zeigt die Konsequenzen nicht gelöster Aufgaben. Die Regeln finden sich schließlich in der 16seitigen Anleitung.
Nachdem sich jeder Spieler für einen Charakter entschieden hat – diese unterscheiden sich nicht in ihren Handlungsmöglichkeiten – wird das Spielfeld vorbereitet. Die Begegnungsplättchen werden verdeckt auf die Felder des Berges gelegt, die Karten werden gemischt und ebenfalls auf dem Spielplan abgelegt. Je nach Anzahl erhalten die Spieler nun zwischen drei und fünf Handkarten und gegebenenfalls eine Wahnsinnskarte der ersten Stufe. Nun muss nur noch ein Anführer (Startspieler) bestimmt werden, der in der ersten Runde die Entscheidungen trifft.
Sind diese Vorbereitungen abgeschlossen kann endlich der Aufstieg auf den Berg beginnen. Dieser teilt sich in vier oder fünf Phasen auf, die nacheinander abgehandelt werden. In der ersten Phase entscheidet der Anführer, idealerweise in Absprache mit seinen Mitspielern, auf welches Feld das Flugzeug gezogen werden soll. Zur Auswahl stehen dabei immer die benachbarten Felder. Nun wird das entsprechende Plättchen umgedreht und die Begegnungsphase beginnt. Dazu wird die Sanduhr umgedreht und die Spieler haben nun die Möglichkeit zu diskutieren, wer welche Karten zur Erfüllung der Aufgabe beisteuert. So kann eine Aufgabe beispielsweise darin bestehen Karten im Wert von 12 Kisten und 13-15 Waffen abzulegen. Während dieser Absprache müssen die Effekte der Wahnsinnskarten befolgt werden, das bedeutet, dass ein Spieler in Reimen sprechen muss, während ein anderer auf dem Boden sitzt und ein dritter permanent seinen Sitznachbarn nachahmt. Liegt die erste Karte auf dem Schlittentableau werden die Gespräche eingestellt und die Mitspieler können ihrerseits noch Karten ablegen bis die Sanduhr abgelaufen ist.
In der Auswertungsphase deckt der Startspieler die aufgedeckten Karten auf und überprüft, ob eine oder mehrere der Anforderungen der Begegnung erfüllt wurden. Ist dies der Fall, so erhalten die Spieler die entsprechende Belohnung, sei es ein Artefakt, die Möglichkeit ein verdecktes Begegnungsplättchen anzuschauen oder die Heilung von Verletzungen. Für nicht erfüllte Aufgaben müssen die Spieler dagegen Konsequenzen tragen: Der Startspieler bestimmt einen Spieler, der eine Wahnsinnskarte der nächsthöheren Stufe zieht, die alte Karte wird dafür abgelegt – oder er wirft den Strafwürfel. Durch diesen kommen entweder zwei Verletzungskarten zum Stapel der Ausrüstungskarten, zwei Anführermarken müssen abgelegt werden oder Ausrüstungskarten werden abgeworfen. Nun muss darf jeder Spieler noch entsprechend seinem Handkartenlimit Ausrüstungskarten nachziehen. In der optionalen Ruhephase kann der Startspieler eine seiner Anführermarken komplett aus dem Spiel entfernen. Dafür bekommt er seine restlichen Marken zurück und der Ablagestapel mit den Ausrüstungskarten wird neu gemischt und auf den Nachziehstapel gelegt. Danach endet die Runde und der Startspieler wechselt. So arbeiten sich die Spieler immer weiter den Berg hinauf und versuchen schließlich vom Gipfel aus mit dem Flugzeug das rettende Schiff zu erreichen.
Die Expedition in die Berge des Wahnsinns kann auf unterschiedliche Arten enden: Musste die letzte Anführermarke aus dem Spiel entfernt werden scheitern die Spieler, ebenso wenn der Stapel mit den Verletzungskarten aufgebraucht ist. Doch selbst wenn sie mit dem Flugzeug entkommen ist das Spiel noch nicht gewonnen. Vielmehr wird die Anzahl der Verletzungskarten mit denen der Reliktkarten verglichen. Haben die Spieler weniger Relikte als Verletzungen gesammelt sind sie zwar dem Berg entkommen, aber letztendlich doch gescheitert. Erst wenn sie mit reicher Beute nach Hause zurückkehren ist das Spiel gewonnen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen, die den Cthulhu-Mythos nur als Vehikel nutzen, gelingt es Berge des Wahnsinns tatsächlich eine entsprechende Stimmung aufzubauen. Die Absprachen unter Zeitdruck, das zunehmend merkwürdige Verhalten einiger Expeditionsteilnehmer und die vielfältigen Möglichkeiten des Scheiterns tragen einen großen Teil zur Atmosphäre des Spiels bei. Anfangs ist es etwas umständlich sich die Feinheiten der Regeln zu merken, auch die Diskussionen verlaufen nicht immer zielorientiert. Allerdings gibt sich dies bereits im Laufe der ersten Partie und die Spieler können sich voll auf die Lösung ihrer Aufgaben konzentrieren. Ein besonderer Druck lastet dabei auf dem Startspieler; seine Entscheidungen haben für die ganze Gruppe weitreichende Entscheidungen, beispielsweise wann er wie seine Marker einsetzt oder welcher Charakter tiefer in den Wahnsinn abgleitet. Die Expedition in die Antarktis ist keinesfalls einfach – zu viele Möglichkeiten gibt es zu scheitern. Dennoch bleibt jede Partie spannend, sehr intensiv und zumeist recht knapp; bei einigen Arten des Wahnsinns gibt es sogar für die Spieler etwas zu lachen (solange sie nicht selbst betroffen sind).
Das Spielmaterial macht einen fantastischen Eindruck: die Marker sind schwere Pokerchips, die Tableaus sind auf strapazierfähigem Karton gedruckt und auch die Karten entsprechenden dem gängigen Qualitätsstandard. Dazu kommt die ansehnliche Flugzeugminiatur, ein stabiles Spielbrett und die handliche Sanduhr. Zudem findet alles in der Schachtel seinen festen Platz und nichts rutscht herum. Hier hat Iello vorbildliche Arbeit geleistet und ein wirklich hochwertiges Produkt abgeliefert. Für die richtige Atmosphäre sorgen maßgeblich die Illustrationen von Miguel Coimbra. Praktisch für jede Karte findet er das richtige Bild und auch das Cover und die Zeichnungen im Regelheft passen hervorragend zur Expedition, die Lovecraft in seinem Buch beschreibt. Die Regeln selbst sind klar strukturiert, Dank vieler bebilderter Beispiele, leicht verständlich und ermöglichen einen schnellen Start ins Spiel. Weitere Informationen zum Spiel finden sich, zusammen mit einem etwas albernen Trailer, auf der Verlagsseite.

Stimmung und Spielgefühl von Berge des Wahnsinns kommen, wie ich finde, der literarischen Vorlage recht nahe. Lovecraft-Fans und Freunde kooperativer Spiele bekommen hier auf jeden Fall passendes Futter für eisige Winterabende.

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