Auge um Auge

26.05.2018 von Marcus Pohlmann

Private Eye - Auge um Auge

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Erscheinungsdatum: 26.10.2017

Sprache: Deutsch

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Das auch Rollenspiele vor einem historischen Hintergrund durchaus reizvoll und spannend sein können stellt Private Eye bereits seit 1988 unter Beweis, aktuell in der fünften Edition. Das Detektivrollenspiel versetzt die Spieler ins viktorianische England und lässt sie dort Kriminalfälle lösen. Mit Auge um Auge legt die Redaktion Phantastik mittlerweile ihr elftes Abenteuer für das System vor: Ein eigentlich erholsamer Urlaub im ländlichen Yorkshire im Sommer des Jahres 1891 nimmt in dem 72 Seiten starken Softcover-Band schon bald eine unerwartete Wendung.

Während ihres Aufenthaltes in der Ortschaft Nun Monkton entdecken die Ermittler die Leiche einer jungen Frau, die offensichtlich im Fluss Ouse ertrunken ist. Die Suche nach den Hintergründen führt nach einigen Recherchen in das kleine Dorf Bellington, aus dem die Frau stammte. Dort wurde erst vor wenigen Tagen der Vater der Frau, Lewis Ontkean, auf bestialische Weise umgebracht – die ältere Schwester der Getöteten verschwand bereits vor Jahren spurlos. Nun liegt es an den Spieler die Hintergründe zu ermitteln, die zu der Bluttat geführt haben und den Täter zu entlarven.
Für die Nachforschungen in dem kleinen Dorf müssen Zeugen befragt werden, es gilt Beweismaterial zu sichten und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Erschwert wird dieses Vorgehen durch die engen Verflechtungen innerhalb der Ortsgemeinschaft; jeder Bewohner hat seine ganz eigene Meinung, wer für den Mord verantwortlich ist und (falsche) Beschuldigungen gibt es ebenfalls reichlich. Vom nichtsnutzigen entfernten Verwandten des Opfers über den merkwürdig zerstreuten Priester der Gemeinde oder den grobschlächtigen Dorfpolizisten bis hin zur greisen Lehrerin – jeder scheint etwas zu verbergen zu haben. Verdächtige und Motive sind also genug vorhanden und je weiter die Ermittlungen voran schreiten, desto mehr Unstimmigkeiten kommen in der scheinbar heilen Welt zum Vorschein. Stück für Stück decken die Ermittler die Familiengeschichte der Ontkeans auf; und finden darin den Grund für den Selbstmord der jungen Frau und den Tod ihres Vaters. Ob die Spieler schließlich nach Aufklärung des Falles den Täter überhaupt überführen wollen ist dagegen eine ganz andere Frage…
Am Ende des Bandes sind die vorkommenden Personen mit allen spielrelevanten Informationen gelistet, auch eine Übersicht der Indizien findet sich hier, ebenso wie die Handouts.
Diese lassen sich außerdem, zusammen mit anderem Material für dieses (und andere) Abenteuer für Private Eye auf der Homepage des Verlages herunter laden.

Gelegentlich muss ich mich vergewissern, dass ich kein Abenteuer für das Horrorrollenspiel H.P. Lovecrafts Cthulhu vor mir liegen haben. Der Plot ist ziemlich finster, Andeutungen religiösen Wahns, umfangreiche Recherchearbeit und nicht zuletzt die Optik sorgen tatsächlich für einige Parallelen. Die Spieler decken immer mehr Abgründe hinter der heilen Fassade des Dorfes auf, die tatsächlich auch hartgesottenen Ermittlern an die Nieren gehen dürften. Der Themenmix aus Kindesmissbrauch, Inzest, biblische Motive und Selbstjustiz liefert genug Konflikte, um auch eine erfahrene Rollenspielrunde auf eine Probe zu stellen – der Spielleiter sollte seine Spieler sehr gut kennen, bevor er sich mit ihnen an die Lösung des Falles macht. Bei ihren Nachforschungen sind die Spieler in Auge um Auge recht frei, können Zeugen befragen, Beweise sichten, sogar ein Ausflug nach London ist vorgesehen. Jan Christoph Steines liefert hier ein ausgesprochen gutes, stimmiges, aber auch sehr beklemmendes Abenteuer ab, dass die Spieler gleich in verschiedener Hinsicht fordern dürfte.
Beim Layout des Bandes hat die Redaktion Phantastik auf Zweckmäßigkeit und Übersichtlichkeit Wert gelegt, ein Inhaltsverzeichnis sorgt für die schnelle Orientierung und die Zusammenfassung am Ende erspart dem Spielleiter wildes Blättern. Das Cover von Manfred Escher, die Illustrationen von Sylvia Schlüter, die Handouts von Chris Schlicht und das historische Bildmaterial unterstützen die Atmosphäre und werten das Abenteuer dabei optisch ordentlich auf.

Die Spieler ermitteln in Auge um Auge in einem vertrackten Fall, bei dem es (fast) keine wirklich Unschuldigen gibt und das idyllische Dorfleben schreckliche Abgründe verbirgt.

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