Kategorie: Tabletop
Autor: Gabrio Tolentino, Matt Gilbert
Zeichner: Bob Jenkins, Boris Samec, Herman Serrano, Jeff Brown, John Silva, Tan Ho Sim, Thomas Putman
Entwickler: Mantic, Warlord Games
Verlag / Publisher: Mantic
Serie: Armada
Spieleranzahl: ab 2 Spieler
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Spieldauer: 90 bis 120 Minuten
Erscheinungsdatum: 29.10.2020
Sprache: Englisch
Seit ich mich mit Tabletop-Spielen beschäftige, haben es mir Seeschlachten besonders angetan. Im Laufe der Jahre haben daher die meisten Spielsysteme dieses Genres den Weg in meine Sammlung gefunden. Der neueste Zugang ist das Armada – 2 Player Starter Set des britischen Herstellers Mantic. Angesiedelt ist es in der Fantasy-Welt Pannithor, dem gleichen Setting wie Kings of War – das reguläre Tabletop mit 28 mm Figuren des Verlags.
Das Spielsystem von Armada basiert dabei zu einem guten Teil auf Black Sails. Dieses Tabletop von Warlord Games ist vor dem historischen Hintergrund der napoleonischen Kriege angesiedelt.
Was steckt drin?
Das Hauptaugenmerk liegt, wie eigentlich immer bei einem Tabletop, auf den dazugehörigen Miniaturen. In der (erstaunlich großen) Box finden sich insgesamt acht Schiffsmodelle, je vier für die Fraktion der Orks und der Menschen. Die Schiffe sind, einschließlich der Segel, aus Resin und mehrteilig. Der Maßstab ist etwas größer als der 1:700, der bei Black Sails zum Einsatz kommt. Zu jedem Schiff gehört eine MDF-Base und eine Karte. Auf dieser finden sich der Schiffstyp, die Punktkosten und besondere Regeln. Außerdem gibt es Informationen zu Bewegungsreichweiten, Besatzungsstärke, Moral (hier als „Nerve“ bezeichnet) und den Strukturpunkten. Schließlich wird auf der Karte noch die Bewaffnung gelistet. Je nach Bewaffnungstyp (leichte, schwere oder indirekte Geschütze oder Nahkampfwaffen) steht eine unterschiedliche Anzahl verschiedenfarbiger Würfel zur Verfügung. Außerdem gibt es eine Handvoll weiterer Karten, die Sonderregeln für die jeweilige Fraktion und optionale Ausrüstung ins Spiel bringen.
Papp-Schablonen für Bewegung oder Wendemanöver und Marker für verschiedene Spieleffekte, beispielsweise Schaden oder Feuer finden sich auf einem Stanzbogen. Ebenfalls aus Pappe sind die Geländeteile, wie Inseln, Sandbänke und Riffe. Eine Papiermatte (84 x 120 cm) dient als Spielfläche und hat zudem Markierungen für die Windrichtungen. Zehn zehnseitige und zwei sechsseitige Würfel kommen in verschiedenen Spielsituationen zum Einsatz.
Schließlich liegt noch das gut 100 Seiten starke Regelbuch in der Box. Die Hälfte des Bandes wird von Regeln und den zehn Szenarien eingenommen. Der Rest umfasst Hintergrundinformationen über die Spielwelt und die Schiffe der vier, bisher bekannten, Fraktionen.
Wie wird’s gespielt?
Vor Beginn der Partie einigen sich die Spieler auf eine Punktzahl und stellen entsprechend ihre Flotten zusammen. Anschließend wählen sie das zu spielende Szenario (oder würfeln es aus) und bauen das Spielfeld auf. Gespielt werden in der Regel acht Runden, die sich jeweils in vier Phasen aufteilen.
In der ersten Phase bestimmen die Spieler die Windrichtung. Dazu kommen zwei sechsseitige Würfel zum Einsatz. Damit bestimmen sie, ob und wohin der Wind wechselt. Optionale Regeln räumen dieser Phase einen größeren Einfluss auf das Spielgeschehen ein.
Anschließend folgt die Bestimmung der Initiative-Reihenfolge. Je näher ein Schiff an der Spielfeldseite ist, aus welcher der Wind kommt, desto eher ist es am Zug.
Das eigentliche Spielgeschehen findet in der dritten Phase statt. Hier aktivieren die Spieler entsprechend der Initiativereihenfolge ihre Schiffe. Dabei wird die gesamte Aktivierung eines Modells abgeschlossen, bevor das nächste an die Reihe kommt. Während dieser Phase kann ein Spieler die Geschwindigkeit seines Schiffes um eine Stufe erhöhen oder verringern.
Dies erlaubt es, das Modell bis zu drei Mal um dessen Reichweite zu bewegen. Nach jedem Bewegungsschritt kann er den Kurs ändern und die Geschütze abfeuern. Für diesen Angriff steht dem Spieler, je nach Bewaffnung, eine unterschiedliche Anzahl zehnseitiger Würfel in verschiedenen Farben zur Verfügung. Spieleffekte modifizieren diesen Wurf, beispielsweise Geschwindigkeit, Entfernung oder Größe des Gegners. Jeder Wurf von „6“ oder höher zählt als Treffer und verursacht Schaden, abhängig vom Waffentyp. Kritische Treffer (eine gewürfelte „10“) sorgen zudem für Extra-Schaden. Am Ende der Bewegung, wenn ein Schiff die Voraussetzungen erfüllt, kann es einen Gegner entern. Auch hier gelten Ergebnisse von „6“ als Erfolg und verursachen Schaden. Hat ein Schiff alle Aktionen ausgeführt, ist das nächste Modell in der Initiativereihenfolge am Zug.
Ist die Aktivierung aller Schiffe abgeschlossen, werden in der letzten Phase alle anhaltenden Effekte abgehandelt. Außerdem prüfen die Spieler, ob die Siegbedingungen erfüllt sind.
Anschließend beginnt die nächste Runde wieder mit der Phase 1. Dies wird so lange fortgesetzt, bis ein Spieler das Szenario gewonnen hat oder das Rundenlimit erreicht wird. In diesem Fall wird der Sieger entsprechend den Bedingungen des Szenarios ermittelt.
Kann das Spiel was?
Die grundlegenden Spielmechaniken von Armada sind denkbar einfach und leicht zu erlernen. Der Spielablauf ist sehr flüssig und lange Wartezeiten zwischen den Zügen der Spieler gibt es praktisch nicht. Die Bewegungen der Modelle selbst sind zu Beginn nicht ganz einfach einzuschätzen, aber dies gibt sich relativ schnell nach einigen Zügen. Die Kämpfe sind recht glücksabhängig, lassen sich aber durch die verschiedenen Modifikatoren etwas beeinflussen. Insgesamt haben die Autoren einen Mittelweg zwischen taktischem Anspruch und guter Spielbarkeit gefunden – dafür jedoch auf Komplexität und Realismus weitgehend verzichtet.
Die vier Schiffe pro Seite reichen aus, um einige kleine Gefechte zu spielen und die Regeln zu verinnerlichen. Für Schlachten, die diesen Namen auch verdienen, werden weitere Schiffe benötigt. Mantic diese jeweils in Form von drei oder vier Modellen in Erweiterungsboxen an. Für den Starter hätte ich mir eine größere Auswahl an Schiffen gewünscht – gerne eines der großen Schlachtschiffe oder die kleinsten Boote, anstatt zwei Mal den gleichen Schiffstyp. Auch die eine oder andere zusätzliche Ausrüstungsoption wäre schön gewesen.
Das Design der menschlichen Schiffe ist zwar stark vereinfacht, aber doch einigermaßen realistisch.
Die Modelle der Orks entbehren dagegen jeglicher Logik. Selbst ein Fantasy-System sollten doch wenigstens grundlegende physikalische Prinzipien beachten. Sieht man davon ab, sind die Miniaturen nett anzuschauen und, für die Größe, detailliert gestaltet. Der Guss ist dagegen eher durchwachsen. Bei einem der Schiffe hat die Form einen deutlichen Versatz, der nur mit viel Arbeit ausgebessert werden kann. In machen Ecken haben sich Resinreste angesammelt und die feinen Teile, wie Masten oder Bugspriet sind verbogen. Diese Probleme lassen sich zwar alle beheben, trüben aber den ansonsten guten Gesamteindruck.
Die Regeln sind verständlich geschrieben, klar strukturiert und durch Übersichtstabellen ergänzt. Bilder der Modelle „im Einsatz“, Illustrationen und kurze Flufftexte lockern das Regelwerk auf. Die zehn Szenarien sind abwechslungsreich und stellen die Vernichtung des Gegners nicht zwingend in den Vordergrund. Die Pappmarker sind stabil und sauber gestanzt, dagegen neigt das eigentliche Spielfeld dazu einzureißen.
Mantic stellen auf ihrer Homepage eine Regelübersicht, Turnierregeln und verschiedene Seekarten als kostenlosen Download zur Verfügung. Außerdem finden die Spieler hier mehr Hintergrundinformationen zur Spielwelt und deren Bewohnern. Neben den bisher erschienenen Flotten der Basileus und Orks gibt es einen Ausblick auf zwei weitere Fraktionen: Zwerge und (pseudo-ägyptische) Untote.
Das Armada – 2 Player Starter Set liefert einen schnellen, unkomplizierten und relativ preiswerten Einstieg in die Welt der kleinen Schiffchen.