Kategorie: Kartenspiel
Autor: Urs Hostettler
Entwickler: Fata Morgana
Verlag / Publisher: Abacusspiele
Genre: Kommunikationsspiel, Partyspiel, Rätsel / Knobel
Serie: Anno Domini
Spieleranzahl: 2 bis 8 Spieler
Altersempfehlung: ab 10 Jahren
Erscheinungsdatum: 03.10.2024
Sprache: Deutsch
Ganze zwei Jahre sind bereits vergangen, seit Urs Hostettler den bisher letzten Teil seiner langlebigen (und mit über 30 Ablegern, sehr umfangreichen) Anno Domini-Reihe vorlegte. Höchste Zeit also, mit einem neuen Thema nachzuziehen. Bei dem kürzlich erschienenen Anno Domini – Eco beschäftigt sich der Autor allerdings nicht nur mit einem, sondern gleich mit zwei Aspekten. Das „Eco“ im Titel steht gleichermaßen für Ökonomie wie für Ökologie und lässt die Spieler Ereignisse aus beiden Komplexen in eine zeitliche Reihenfolge bringen. Wie bereits auch die anderen Vertreter der Reihe, so wird dieses Spiel vom hessischen Verlag Abacusspiele veröffentlicht.
Was steckt drin?
Für Kenner der Serie gibt es beim Inhalt wenig Überraschungen. Das Spielmaterial besteht aus insgesamt 340 doppelseitig bedruckten Karten. Auf der Vorderseite ist die kurze Beschreibung eines historischen Ereignisses zu finden – aufgedruckt in Schwarz. Die Rückseite enthält die Jahreszahl oder, falls angebracht, eine Zeitspanne. Meist hat der Autor dies noch um eine kurze Erklärung ergänzt, so dass man auch den geschichtlichen Kontext kennt. Der Aufdruck hier ist in einem sehr dunklen Grün gehalten. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zu Karten vorangegangener Editionen des Spiels ist ein kleines Symbol in der rechten oberen Kartenecke.
Viele der Ereignisse sind relativ aktuell – zumindest im Rahmen der Anno Domini-Serie. Bezüge auf Geschehnisse der letzten Jahre, beispielsweise die Bankenkrise, die Auswirkungen von Corona, den Wirecard-Skandal oder die Entwicklung eines Weltraum-Klos finden sich häufig. Aber auch Ereignisse vor Beginn der christlichen Zeitrechnung sind in dieser Edition vertreten. Hier geht es unter anderem um die Nutzung der ersten Erzbergwerke, die Förderung von Steinkohle (im heutigen Saarland) oder die Verarbeitung von Bitumen. Schließlich gibt es wieder obskure Begebenheiten, die ohne Vorwissen praktisch nicht einzuordnen sind. Hier geht es zum Beispiel um das Gründungsjahr des weltweit ältesten Unternehmens, den Betrieb von Bordellen durch einen Papst oder der (gescheiterte) Verkauf von Alaska an Luxemburg. Auch gibt es zwei Ereignisse, die erst in Zukunft in Kraft treten, sind hier gelistet.
Wie wird’s gespielt?
Nicht nur die Ausstattung, sondern auch der Spielablauf folgt dem bekannten Schema. Doch für Neueinsteiger stellen die Regeln von Anno Domini keine Herausforderung dar.
Zu Beginn der Partie bekommt jeder Spieler neun Karten, die er offen vor sich auf den Tisch legt. Dabei ist das eigentliche Ereignis sichtbar, die Jahreszahl bleibt verdeckt. Er selbst darf sich die Rückseiten jederzeit anschauen – allerdings so, dass die Mitspieler diese nicht sehen können. Die restlichen Karten kommen auf den Nachziehstapel.
Die oberste Karte wird nun vorgelesen und in die Tischmitte gelegt. Sie bildet den Startpunkt des Zeitstrahls. Ist ein Spieler an der Reihe, wählt er eines seiner eigenen Ereignisse aus und liest den Text vor. Anschließend liegt er sie oberhalb des Startpunkts, wenn er der Meinung ist (oder weiß) das es vor dem ersten Ereignis, oder unterhalb, wenn es danach stattgefunden hat. Anschließend ist der Nächste an der Reihe. Dieser hat nun zwei Möglichkeiten: Entweder legt er seinerzeit eine seiner Karten an die (vermeintlich) richtige Position im Zeitstrahl oder er zweifelt die bisherige Kartenreihenfolge an. In diesem Fall wird der Spielablauf unterbrochen und die Karten werden umgedreht und die Jahreszahlen überprüft. Stimmt die zeitliche Abfolge, so muss der Zweifler vier Karten vom Nachziehstapel nehmen. Ist jedoch ein Fehler dabei, zieht der Spieler, der davor sein Ereignis gelegt hat zwei Karten – unabhängig davon, ob es seine Karte war, die nicht passt. Anschließend kommen die bereits ausliegenden Karten beseite und eine neues Anfangsereignis wird platziert. Nun setzt sich der Spielablauf fort. Hat ein Spieler nur zwei Ereignisse vor sich liegen, wechselt die Spielrichtung.
Ein Ausnahmefall tritt ein, wenn ein Spieler einen neuen Zeitstrahl beginnt, aber nur noch eine Handkarte besitzt. In diesem Fall muss er zwei Ereignisse vom Ablagestapel legen, diese in die richtige Reihenfolge bringen und schließlich seine verbliebene Karte ablegen.
Gewonnen hat derjenige, der seine letzte Handkarte korrekt einordnen konnte.
Zusätzliche Regelmodifikationen sollen das Spiel auch für jüngere Teilnehmer zugänglich machen.
Kann das Spiel was?
Schaut man sich die Ereignisse und ihre detaillierten Erläuterungen an, ist es durchaus verständlich, dass Urs Hostettler für Anno Domini – Eco so lange benötigt hat. Der Autor hat hier wieder eine Vielzahl von, teils obskuren, Begebenheiten zusammengetragen. Vieles davon ist erst in den letzten Jahren geschehen und dürfte den meisten Spielern noch gut im Gedächtnis sein. Aber auch hier liegt die Herausforderung im Detail: machte zuerst das Gerücht über die von Bill Gates verabreichten Kontroll-Chips die Runde oder war die große Toilettenpapierkrise doch früher? Und dann gibt es natürlich Dinge, von denen selbst historisch Interessierte noch nie etwas gehört haben.
Diese Mischung ist wieder gelungen umgesetzt und macht für mich den Reiz dieser Spiele-Serie aus. Man muss nicht das Datum eines Ereignisses wissen, man muss lediglich voller Überzeugung und mit genügend Selbstsicherheit seine Karte einreihen. Die sich anschließenden Diskussionen und Aha-Effekte beim Anzweifeln einer Ereigniskette tragen mindestens so viel zum Spielspaß bei, wie das eigentliche Kartenlegen selbst. Für mich gehört diese Spielereihe immer noch zu den besten Rate-, Wissens- und Bluffspielen, was durch die einfachen Regeln, die hohe Interaktion unter den Spielern und den schnell, unkomplizierten Ablauf unterstrichen wird.
Die Gestaltung ist gewohnt funktional, mit einem Fokus auf gut lesbarem Textlayout. Die wichtigen Begriffe sind hervorgehoben und lassen sich auf bei schlechteren Lichtverhältnissen gut lesen. Nicht ganz so gelungen ist der Farbkontrast zwischen Ereignis und Auflösung. Das Grün ist kaum als solches zu erkennen – was allerdings beim eigentlichen Spielablauf auch nicht weiter ins Gewicht fällt.
Wer mehr über diesen und die anderen Titel der Serie erfahren möchte, wird auf der Homepage von Abacusspiele fündig. Weitere Informationen zum Autor, zu etwaigen Fehlern auf den Karten und einen Ausblick auf kommende Veröffentlichungen gibt es HIER.
Autor Urs Hostettler bleibt auch mit Anno Domini – Eco seinem bewährten Konzept treu und liefert hier Futter für viele unterhaltsame Bluff- und Raterunden.