Android: Netrunner – Das Kartenspiel

27.07.2014 von Marcus Pohlmann

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Erscheinungsdatum: 01.03.2013

Sprache: Deutsch

Der amerikanische Spieleautor Richard Garfield ist vor allem als Autor des Sammelkartenspiels Magic: The Gathering berühmt geworden, das sich auch nach über 20 Jahren ungebrochener Beliebtheit erfreut. Daneben hat er noch eine ganze Reihe anderer Spiele entwickelt, die aber nie an diesen Erfolg heranreichen konnten. Im Jahr 1996 schuf er mit Netrunner ein weiteres, hoch gelobtes, Sammelkartenspiel, dem allerdings keine sonderlich lange Lebensdauer beschieden war. Erst 2012 nahm sich dann der US-amerikanische Hersteller Fantasy Flight Games dem Spiel an und verpasste ihm eine Rundumerneuerung und brachte es als Android: Netrunner auf den Markt. Für die deutsche Übersetzung und den heimischen Vertrieb dieses Zwei-Personen-Kartenspiels ist dabei wieder einmal der Heidelberger Spieleverlag verantwortlich.

Im Verhältnis zur Größe der Schachtel mutet der Inhalt beim Öffnen etwas dürftig an. Neben den zwei Stanzbogen mit Markern finden sich in der Box noch rund 250 Spielkarten und die 36-seitige Anleitung. Die Karten lassen sich dabei in zwei, fast gleich große Stapel aufteilen: 134 Karten für den Konzern-Spieler und 114 Karten für den Runner. Dabei teilen sich die Karten nochmals auf: vier Konzerne, jeder mit unterschiedliche Schwerpunkten, beispielsweise Biotechnologie, Rüstung oder ein Mediennetzwerk, treten dabei gegen drei unterschiedliche Runner-Fraktionen an, die sich ebenfalls stark in ihrer Spielweise voneinander unterscheiden. Einige neutrale Karten runden dabei die Auswahl ab.
Ein kurzer Blick in die Einleitung bringt einige Informationen zum Hintergrund: In nicht allzu weit entfernter Zukunft hat die Menschheit sowohl den Mond als auch den Mars besiedelt, ein all umspannendes Computernetzwerk verbindet alle Menschen miteinander und verschiedene Konzerne teilen sich die Macht auf der Erde und ihren Kolonien und versuchen ihre verschiedenen Firmenziele, im Spielkontext Agenden genannt, umzusetzen. Diese Grundvoraussetzungen sind nicht übermäßig originell und so ähnlich schon aus zahlreichen Cyperpunk-Romanen und -Spielen bekannt. Zumindest kennt der Spieler nun ein wenig die Welt in der er sich bei Android: Netrunner bewegt.
Ein wichtiger Teil von des Spiels ist die Zusammenstellung des Kartendecks vor dem eigentlichen Spielbeginn. In der Regel enthält ein Deck zwischen 45 und 60 Karten und besteht aus den Karten der gewählten Fraktion, neutralen Karten und, mit gewissen Einschränkungen, auch Karten anderer Fraktionen.
Ist dieser Schritt und auch der Rest der Spielvorbereitungen abgeschlossen, beginnt der Konzern-Spieler die Partie. Ihm stehen in seinem Zug normalerweise drei Klicks, also Aktionen, zur Verfügung mit denen er zusätzliche Karten ziehen, Credits erhalten, verschiedene Erweiterungen installieren oder besondere Aktionen seiner Karten nutzen kann. Nun muss er über mehrere Runden seine Serverstruktur aufbauen, und dem Runner den Zugriff auf seine ausgelagerten Systeme, und vor allem auf die wertvollen Agenda-Karten, erschweren. Dazu werden Abwehrprogramme, das sogenannte ICE (Intrusion Countermeasures Electronics), installiert, die zu Beginn noch inaktiv sind. Schließlich muss er Karten entwickeln um ihre Fähigkeiten zu nutzen oder die Siegpunkte der Agenda-Karten einzuheimsen.
Hat der Konzern-Spieler seine drei Aktionen ausgeführt, so ist nun der Runner am Zug. Diesem kann vier Klicks nutzen um Karten zu ziehen, diese auszuspielen, Credits zu bekommen und natürlich einen Run auf die Systeme des Konzerns durchzuführen. Dazu sucht sich der Runner ein System seines Gegenspielers aus, dies können sogar der Ablage- und der Nachziehstapel sein, und greift es an. Der Konzernspieler kann sich nun entscheiden die installierten, aber noch inaktiven ICE zu aktivieren indem er ihre Kosten zahlt. Nun muss der Runner versuchen mittels seiner Programme die ICE auszuschalten oder zu umgehen. Gelingt dies nicht reichen die Folgen vom einfachen Abbruch des Runs, über die Zerstörung von Programmen bis hin zu körperlichem oder geistigem Schaden für den Runner. Schafft er es jedoch das ICE zu durchbrechen, so hat er Zugriff auf das angegriffene System des Konzerns, das heißt, er kann eine Karte nehmen, die Kosten bezahlen und die Karten auf den Ablagestapel legen, oder, im Falle einer Agenda, vor sich selbst auslegen. Das Spiel wird solange fortgesetzt, bis es einem Spieler gelingt Karten im Wert von sieben Agenda-Punkten zu entwickeln oder zu zerstören. Alternativ gewinnt der Konzern wenn er es schafft dem Runner zuviel Schaden zuzufügen, während der Runner als Sieger hervorgeht, wenn der Konzern keine Karten mehr von seinem Deck ziehen kann.

Ungewöhnlich ist bei Android Netrunner, das die Ausgangssituation der beiden Spieler so unterschiedlich ist: Der Konzernspieler baut meist gemächlich seine Spielzone mit verschiedenen Servern und ICE auf, während der Runner versucht in diese Struktur einzudringen und aufzubrechen. Daraus entwickelt sich in der Regel ein durchaus spannendes und taktisch geprägtes Spiel. Natürlich haben die Auswahl des Konzerns, die Organisation der Runner und vor allem die zusammengestellten Decks einen starken Einfluss auf die Ausgeglichenheit des Spiels. Dabei ermöglichen die Karten aus der Grundbox den Spielern zwar einige abwechslungsreiche Partien, allerdings macht sich die doch sehr eingeschränkte Kartenauswahl recht bald bemerkbar. Bei dem Spiel handelt es sich jedoch um ein sogenanntes „Living Card Game“, das heißt der Heidelberger Spieleverlag veröffentlicht mit schöner Regelmäßigkeit große und kleine Sets mit zusätzlichen Karten. Diese sind aber nicht, wie beispielsweise bei Magic: The Gathering, zufällig gepackt, sondern vordefiniert, so dass der Spieler gezielte Erweiterungen kaufen kann, da er weiß welche Karte in welcher Erweiterung vorhanden ist.
Die umfangreiche Anleitung geht sehr detailliert auf die verschiedenen Kartentypen und Aktionsmöglichkeiten ein und bietet zudem ausreichend illustrierte Beispiele um den Spielablauf zu erklären. Allerdings brauchte ich selbst nach einem sehr gründlichen Regelstudium mehrere Anläufe bis alle Spielmechanismen weitgehend richtig saßen. Und um ein Karten-Deck ordentlich zu bauen und dieses dann auch zu beherrschen sind wiederum zahlreiche Testspiele nötig, die Anleitung bietet hier nur eine sehr rudimentäre Hilfestellung.
Über Qualität und Ausstattung müssen ansonsten keine großen Worte verloren werden, bewegen sie sich doch auf dem hohen Niveau, dass der Verlag eigentlich bei allen seinen Veröffentlichungen abliefert. Auch die Illustrationen sind wieder sehr nett anzusehen und fangen die futuristische Atmosphäre des Spiels gut ein.

Nicht nur Freunde der Cyperpunk-Thematik dürften mit Android: Netrunner ihren Spaß haben, auch anspruchsvollen Kartenspielern bietet das Spiel gute Unterhaltung.

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