
Musiker: Nachtmahr
Label: Soulfood, Trisol Music
Genre: Alternative, Electro, Industrial
Laufzeit: 44 Minuten
Tracklist:
01 - Sirenen
02 - Gegen
03 - Luzifer
04 - Keine Lieder
05 - Stimme in mir
06 - Nachtetüde
07 - Amboss und Hammer
08 - Der Schwarze Mann
09 - Wiedersehen
10 - Blut
11 - Spuren einer Nacht
Erscheinungsdatum: 01.11.2024
Sprache: Deutsch
Über mangelnde Beschäftigung kann sich Thomas Rainer sicherlich nicht beschweren. Trotz regelmäßiger Auftritte als DJ und musikalischer Mastermind von L’Âme Immortelle findet der Österreicher noch genug Zeit, sich um sein Projekt Nachtmahr zu kümmern. Zusammen mit seinen Mitstreitern hat er Ende letzten Jahres das mittlerweile elfte Album vorgelegt.
Wie die eine oder der andere vielleicht mitbekommen hat gab es bei der Release-Tour zu Verboten! einige unschöne Zwischenfälle, so musste das Konzert in Hannover seinerzeit abgebrochen werden, da Protestierende Rauchbomben gezündet hatten. Nichtsdestotrotz machen die Musiker unbeirrt weiter und haben bereits neue Auftritte zum 18jährigen Bandjubiläum im Herbst angekündigt.
Veröffentlicht wird das Album über das Label Trisol Music Group, bei der die Band schon seit einiger Zeit unter Vertrag ist.
Was steckt drin?
Wer sich für das Album entscheidet, hat zwei Möglichkeiten zur Auswahl. Da wäre die Download-Version (welche die Grundlage dieser Rezension bildet). Daneben gibt es, wie bereits bei vorangegangenen Veröffentlichungen, ein großformatiges Digi-Pack, mit 24seitigem Booklet und Handnummerierung. Der physikalische Tonträger ist auf insgesamt 1.000 Exemplare limitiert. Musikalisch unterscheiden sich die beiden Varianten von Verboten! allerdings nicht.
Was wird gespielt?
Der Opener „Sirenen“ liefert alle Elemente, die der Hörer von Nachtmahr-Veröffentlichungen kennt (und erwartet): Ein konsequenter, gradliniger Beat, Sprach-Samples und verzerrter Gesang mit einem martialischen Text. Wirklich Überraschendes gibt es hier nicht zu entdecken. Die Band legt hier ein solides Stück Musik vor, dass für mich durch die Samples und den Refrain glänzt.
Bei „Luzifer“ verzichtet Thomas Rainer gänzlich auf eigenen Gesang und begnügt sich stattdessen mit Sprachfetzen aus einem oder mehreren Filmen. Zumindest bei dem Satz „Luzifer verlangt Leiden“ bin ich mir sehr sicher diesen schon anderweitig gehört zu haben. Der Track wird von einem recht harten, aggressiven und monotonen Beat getragen, der sich vor allem auf einschlägigen Tanzveranstaltungen gut ankommen dürfte. Kurze Unterbrechungen mit Textpassagen sorgen für dringend nötige Verschnaufpausen, während Techno-Anleihen den Track vor Langeweile bewahren. (Beinahe) mein liebstes Stück auf Verboten!.
„Keine Lieder“ beginnt mit Break-Beats, die direkt aus den mittleren 1990ern stammen könnten. Interessanterweise werden diese mit harten Gitarrenriffs kombiniert, was für einen hübschen Kontrast sorgt. Bald ziehen Geschwindigkeit und Aggressivität deutlich an und ergänzen damit den wütenden, so zumindest mein Eindruck, Gesang. Dazu kommt eine einfache, eingängige Melodie, die meist im Hintergrund bleibt – aber trotzdem auffällt.
Völlig aus dem Rahmen fällt dagegen „Nachtetüde“, das kürzeste Stück des Albums. Hierbei handelt es sich um ein Pianostück, das ganz ohne Gesang, Samples oder andere elektronische Spielereien auskommt. Die Melodie ist nicht übermäßig kompleex und gleicht einem wiederkehrenden Thema. Auch der Rest präsentiert sich ausgesprochen gefällig und hinterlässt einen nachhaltigen, positiven Eindruck. Nichts, was ich auf diesem Album erwartet hätte, aber letztendlich mein heimliches Highlight.
Das nachfolgende „Wiedersehen“ setzt dagegen einen völlig anderen Schwerpunkt. Die gewohnte Elektronik ordnet sich diesmal rockigen Klängen unter. Auch der restliche Aufbau des Tracks lässt eher an Neue Deutsche (bzw. Österreichische) Härte als an Imperial Austrian Industrial denken. Ungewöhnlich, aber gar nicht schlecht. Der Refrain windet sich in die Gehörgänge, die Riffs rocken und der Rhythmus lädt dazu ein, energisch mit dem Kopf zu nicken.
Getragen von einem druckvollen Beat und einer Metal-Gitarre präsentiert sich das Intro zu „Spuren einer Nacht“. Die dazugehörige, relativ dezente Melodie bildet dazu einen interessanten Kontrast. Auch dieser Track ist zwar tanzbar, drängt sich aber nicht so in den Vordergrund wie die vorangegangenen Stücke. Man könnte fast unterstellen, dass sich der Rhythums eher für eine BDSM-Play-Session eignet – was dann zum Text passen würde.
Gehört die CD in den Player?
Nachtmahr bleiben ihrem grundlegenden Stil auch mit Verboten! treu. Der Hörer bekommt eine sehr eingängige, treibende Mischung aus Electro, Industrial und leicht technoiden Klängen, harten Beats, bedeutungsschwangeren Sprach-Samples und verzerrten Vocals. Hinzu kommen Texte, die viele Klischees bedienen und so manches mal an den Grenzen des „guten Geschmacks“ kratzen. Dies, zusammen mit der martialischen Optik und dem Spiel mit BDSM-Elementen, sorgt anscheinend bei einigen Hörern für Magengrimmen und könnte die teils heftigen negativen Reaktionen auf Band und Album erklären.
Warum dies ausgerechnet bei dieser Veröffentlichung so ist, kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Thomas Rainer verfolgt seit Gründung sehr konsequent optisch, inhaltlich und musikalisch den gleichen Kurs. Und auch Verboten! passt nahtlos in das Konzept. Die Band wagt sich gelegentlich aus ihrem angestammten Terrain heraus und integriert einige hörenswerte rockige Elemente in ihre Musik. Dabei klingen die elf Tracks niemals langweilig oder monoton und bleiben meist tanzbar.
Leider habe ich keinen Zugriff auf das limitierte Digi-Pack und kann nichts zum dazugehörigen Booklet sagen. Entsprechend fehlen mir auch die Texte, eine Liste der beteiligten Musiker und Techniker.
Wer mehr über Nachtmahr wissen möchte, findet HIER weitere Informationen. Einige Videos gibt es auf dem bandeigenen YouTube-Kanal zu sehen.
Mit Verboten! liefert die Band gewohnt solides Futter für die Electro-Tanzflächen und hat dabei auch Überraschungen und Highlights im Gepäck.