Die Kammer – Season III: Solace In Insanity

18.04.2016 von Marcus Pohlmann

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Laufzeit: 62 Minuten

Tracklist:
01 – Solace In Insanity
02 – The Drunk Welshman
03 – The Way You Are
04 – Gingerbread Heart
05 – Sedlaczek
06 – The Galant Enticer's Tango
07 – Intoxication Intravenous
08 – Carneval Of The Peculiar
09 – Auld Weeping Willow
10 – Fairy On The Wire
11 – Word And Deed
12 – Will You Close My Eyes?
13 – Love For Life
14 – Sophie's Chimaera

Erscheinungsdatum: 08.02.2016

Sprache: Englisch

Als ich vor gut zwei Jahren, mehr oder minder zufällig, auf einem Konzert von Die Kammer landete war ich ein wenig irritiert, wusste ich doch praktisch nichts von der Band. Auf der Bühne saßen die Musiker mit Tuba, Violinen, Cello, akustischer Gitarre und Schlagzeug und lieferten eine grandiose Show ab. Völlig überzeugt kaufte ich mir seinerzeit die beiden bisher veröffentlichten Alben und wartete auf ein neues Lebenszeichen der Gruppe. Dies kam schließlich Ende 2015 in Form einer Crowdfunding-Kampagne für das Album Season III: Solace In Insanity, das dann im Februar diesen Jahres über das Label Delicious Releases veröffentlicht wurde, einmal in einer normalen Version als Digi-Pack und in einer Sonder-Edition mit umfangreichen Zusatzmaterial. Gegenstand dieser Rezension ist die Album-Version, die ganz normal im Handel erstanden werden kann.

Der siebenminütige Opener „Solace In Insanity“ wird (in Deutsch) von der Schauspielerin Sabine Bohlmann eingesprochen und kann mit einem Glockenspiel, Streichinstrumenten und dezenten Klängen der Tuba aufwarten. Immer wieder wird der Text dabei durch die gleiche Liedstrophe (in Englisch) unterbrochen, die Sänger Marcus Testory zum Besten gibt. Ein sehr atmosphärisches, ruhiges Stück, dass den Hörer auf die kommende Stunde einstimmen soll. Dagegen präsentiert sich „The Drunk Welshman“ als fluffige, leichte Nummer bei der zuerst die Gitarren dominieren, im späteren Verlauf aber immer mehr Instrumente hinzustoßen. Dazu kommt ein geradezu fröhlicher, lebensbejahender Text, was den Track zu dem wahrscheinlich lockersten Stück (vielleicht von „Sedlaczek“ abgesehen) auf dem Album macht. Etwas morbider geht es dann bei „Gingerbread Heart“ zu, das den Hörer auf einen Jahrmarkt entführt und die Geschichte der jungen Sophie, bekannt aus den beiden vorangegangenen Alben, weiter erzählt. Das typische Pfeifen der Orgel, kombiniert mit dem stoischen Takt des Schlagzeugs und der recht dominant aufspielenden Tuba verleihen dem Stück etwas Hypnotisches, dazu kommt die einschmeichelnde, warme Stimme von Herrn Testory. Das Die Kammer auch Tango beherrscht zeigen die Musiker auf „The Galant Enticer’s Tango“, bei dem auch ein Akkordeon zum Instrumentarium gehört und ansonsten die Streicher viel zu tun haben. In die Abgründe der menschlichen Psyche geht es schließlich mit „Intoxication Intravenous“, das harmlos mit einem Glockenspiel beginnt, aber vor allem im Refrain deutlich an Härte gewinnt. Ich kann zwar nicht genau sagen, ob es am Text, an der Instrumentierung oder am Kontrast der beiden Liedteile handelt, aber zumindest für mich ist dies das spannendste Stück des Albums. Das folgende „Fairy On The Wire“ lädt mit seinen Akkordeon- und Tubapassagen sogar zum Schunkeln ein und kann mit englischen, französischen und wienerischen Textpassagen aufwarten. Wieder eines der fröhlicheren Stücke auf Season III: Solace In Insanity, das allerdings auch nicht ohne ein gewisses Augenzwinkern auskommt. Schließlich weicht die fröhliche, beinahe ausgelassene Stimmung bei „Will You Close My Eyes“ gepflegter Melancholie; naturgemäß nehmen die Streicher und die beiden Gitarren dabei eine herausragende Rolle ein, während Schlagzeug, Tuba und Bass kaum zu hören sind. Dennoch schafft es die Band das Stück nicht im Pathos zu ertränken sondern vermittelt dem Hörer ein eher gelöstes, beruhigendes Gefühl. Schließlich kommt die Band, zusammen mit Frau Bohlmann, auf „Sophie’s Chimaera“ wieder zum Anfang zurück und entlässt den Hörer in eine ungewisse Zukunft. So bleibt dann nur zu hoffen, dass die Geschichte von Sophie mit der Season IV in absehbarer Zeit ihre Fortsetzung finden wird.

Obwohl ich Die Kammer nun schon mehrfach live gesehen habe und auch die bisher erschienenen drei Alben häufig gehört habe tue ich mich immer noch schwer die Musik in gängige Schubladen einzuordnen. Die Band spielt klassische Kammermusik, nutzt Singer-Songwriter-Anleihen, scheut sich nicht vor Ausflügen in Dark Wave- oder Folk-Gefilde, mischt dazu ein wenig Jahrmarktsmusik und noch eine ganze Reihe Einflüsse mehr. Dennoch schafft es die acht Musiker um Matthias Ambré und Marcus Testory aus diesen ganzen Versatzstücken ein stimmiges Ganzes zu kreieren und, mit kleineren Unterbrechungen, ihre Geschichte über mittlerweile drei Alben weiterzuerzählen. Die „normale“ Instrumentierung aus Gitarre, Schlagzeug, Bass, Schlagzeug, Tuba, Violine und Cello wird Bedarf um weitere Instrumente, beispielsweise Akkordeon, Glockenspiel, Melodika oder Drehorgel ergänzt. So entsteht ein Sound, der irgendwie aus der Zeit gefallen scheint und, zumindest nach meinem Wissen, einzigartig ist.
Von der technischen Seite gibt es ebenfalls keinen Grund zur Klage: der Sound ist klar und sauber abgemischt und vor allem mit Kopfhörern kann sich der Hörer auf das Zusammenspiel der verschiedenen Instrumente konzentrieren. Neben der ordentlichen Produktion folgt das Design des Digi-Packs den beiden vorangegangenen Seasons. Das Booklet enthält neben den Texten und Produktionshinweisen noch einige Fotos, die das stimmige Gesamtbild abrunden.

Eine großartige, ungewöhnliche und atmosphärisch sehr dichte Fortsetzung der beiden vorangegangenen Alben, die sich praktisch jeder Einordnung entzieht und musikalisch abwechslungsreich präsentiert.

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