Anja Huwe – Codes

13.07.2025 von Marcus Pohlmann

Anja Huwe - Codes

Musiker:

Label: ,

Genre: ,

Laufzeit: 35 Minuten

Tracklist:
01 - Skuggornas
02 - Rabenschwarz
03 - Pariah
04 - Exit
05 - O Wald
06 - Zwischenwelt
07 - Sleep (With One Eye Open)
08 - Living In The Forest
09 - Hideaway

Erscheinungsdatum: 08.03.2024

Sprache: Deutsch / Englisch

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Ältere Semester erinnern sich vielleicht noch an die prägende heimische Gothic-Band Xmal Deutschland mit ihrer Frontfrau Anja Huwe. Nach der Auflösung der Gruppe Anfang der 1990er verabschiedete sich die Hamburgerin lange Zeit von den musikalischen Bühnen und machte stattdessen als bildende Künstlerin von sich reden. Nun hat sie, im zarten Alter von 66 Jahren, mit Codes ihr Solo-Debut vorlegt. Veröffentlicht wird das Album über das US-amerikanische Label Sacred Bones, die auch rares Material der ursprünglichen Band wieder zugänglich machen bzw. hierzulande durch Cargo Records.

Was steckt drin?

Neben der mittlerweile obligatorischen digitalen Variante gibt es das Album im Digipack mit einer CD und dem dazugehörigen zwölfseitigen Booklet. Auf dieser Version basiert die Rezension. Freunde von Vinyl-Tonträgern haben zudem die Option Codes in verschiedenen Farben zu erwerben – klassisch schwarz, dunkelrot oder grau.

Was wird gespielt?

Der Opener „Skuggornas“ beginnt ruhig und getragen mit einem Keyboard-Intro. Dieser gemächliche, beinahe meditative Sound wird von Gitarrenriffs ergänzt. Damit kommt eine etwas härtere, verstörende Komponente in das Stück. Der Gesang (zuerst auf Englisch, später auch auf Deutsch) lässt relativ lange auf sich warten und beschränkt sich auf wenige Textzeilen. Frau Huwe verleiht diesen jedoch mit ihrer charakteristischen, hallverstärkten, Stimme eine ausgesprochen intensive Qualität. Ein atmosphärischer, getragener und recht schwermütiger Einstieg in Codes.

Mit „Rabenschwarz“, das man sich HIER ansehen und -hören kann, geht es deutlich härter zur Sache. Eine sägende Gitarre, treibendes Schlagzeug und ein teils gesprochener Text würden auch jüngeren Musikern gut zu Gesicht stehen. Hier lassen die Sängerin und ihre Mitstreiterinnen (und -streiter) die Aggressivität durchblitzen, die sie in den 1980ern ausgezeichnet hat. Kein wirklich melodisches oder eingängiges Stück Musik, dafür wird hier ordentlich mit Punk-Attitüde gerockt. Für mich einer der prägnantesten Tracks auf dieser Veröffentlichung.

Für mich ist „O Wald“ das wahrscheinlich zugänglichste Stück. Die weitgehend elektronische Melodie kommt recht locker und beschwingt aus den Boxen – für die Verhältnisse von Codes. Auch der Gesang macht einen eher gelösten, entspannten Eindruck – wenn man nicht zu sehr auf den Text achtet. Konzentriert sich der Hörer ein wenig, so kann lassen sich die gemurmelten Gast-Vocals von Yishai Sweartz erahnen, die dem Ganzen wieder eine unterschwellige, bedrohliche Komponente verleihen.

Bei „Sleep (With One Eye Open)“ dominiert klar die Elektronik, während die Gitarre lediglich markante Kontraste setzt. Die kleine unscheinbare Melodie wird immer wieder von hektisch blubbernden Beats unterbrochen – bevor sie erneut in den Vordergrund tritt. Die Vocals wechseln dazu passend zwischen schmeichelndem Gesang und hingespuckten Sätzen. In jedem Fall ein spannendes Stück Musik.

Mit „Hideaway“, dem letzten Stück des Albums, gibt es von Stimmung und Atmosphäre eine radikale Kehrtwende. Lockere, melodische Keyboard-Passage, psychedelisch verzerrte Hintergrundgeräusche und ungewohnt optimistische, entspannte Vocals prägen das Lied. Hier kann man gut die Augen schließen und sich einfach von den Tönen hinfort tragen lassen. Ein ungewöhnlicher und auch unerwarteter Schlusspunkt für Codes.

Gehört die CD in den Player?

Gleichermaßen beklemmend, melancholisch, nachdenklich, aggressiv, bedrohlich und gegen Ende sogar ein klein wenig optimistisch präsentiert sich Codes. Die Musik von Anja Huwe wirkt zeitlos und entzieht sich der Einordnung. Unterschiedlichste Stilrichtungen von Punk und Rock, über Gothic und Dark Wave bis hin zu Chanson Noir, Electro und gar ein wenig TripHop finden sich hier. Alles wird zusammengehalten von der überaus markanten Stimme der Sängerin. Mit der ehemaligen Weggefährtin Manuela Rickers an der Gitarre, Olaf Boqwist am Bass sowie Mona Mur, die für Produktion und Elektronik zuständig ist, sind gestandene Musiker mit jahrzehntelanger Erfahrung mit von der Partie. Zum einen macht sich diese Expertise in der Qualität der Musik bemerkbar, zum anderen wirkt es aber auch frisch. Eine Handvoll weiterer Gastmusiker ergänzen das Line-Up und liefern so einen breit gefächerten, jedoch in sich geschlossenen Sound ab. Für Fans von Xmal Deutschland gibt es natürlich den einen oder anderen Wiedererkennungseffekt, aber Codes zielt nicht auf reine Nostalgie ab, sondern steht als spätes Debüt einer ungewöhnlichen Künstlerin sehr sicher auf eigenen Beinen.

Im Booklet finden sich die Texte und eine Auflistung der beteiligten Musiker. Auch lassen sich hier einige Hintergrundbilder erahnen. Doch ähnlich wie bei der Musik bleibt hier vieles unterschwellig.

Einen Einblick in das visuelle Schaffen von Anja Huwe gibt es auf ihrer Homepage. Mehr Informationen zur Musik finden sich es entweder bei Sacred Bones oder Cargo Records. Wer die Sängerin live erleben möchte hat im Herbst bei einer Handvoll Auftritte – sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien – Gelegenheit dazu.

Codes ist ein zeitloses, intensives und sehr hörenswertes Album weit abseits des Mainstream.

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