Kategorie: Spielfilm
Regie: Hiromasa Yonebayashi
Filmstudio: Ponoc
FSK: 6
Laufzeit: 103 Minuten
Sprache: Deutsch
Wir hatten bereits das große Vergnügen Mary und die Blume der Hexen (Original: Meari to Majo no Hana) im Kino zu sehen. Nun ist der neue Anime aus dem Studio Ponoc auch für das Heimkino auf DVD und Blu-ray erhältlich. Ponoc musste sich von Anfang an dem Vergleich mit dem renommierten Studio Ghibli stellen. Unter anderem auch, weil der Gründer Yoshiaki Nishimura bei Ghibli als Filmproduzent tätig war.
Manchmal brauchen wir ein wenig Magie
Manchmal ist es nicht so einfach sich an einem neuen Ort einzuleben. Das muss das junge Mädchen Mary Smith am eigenen Leib erfahren. Seit sie bei ihrer Großtante wohnt, weiß sie mit ihrer Zeit nichts anzufangen. Sie kennt niemanden und wenn sie versucht sich irgendwo nützlich zu machen, will ihr nichts gelingen. So bleibt ihr nichts anderes übrig als die Gegend zu erkunden. Dabei trifft sie auf die beiden Katzen Tib und Gib, die ausgerechnet zu Peter gehören. Der Junge aus der Nachbarschaft lässt keine Gelegenheit aus sich über Mary und ihre roten Haare lustig zu machen.
Alles ändert sich jedoch, als sie im Wald eine leuchtende Blume entdeckt. Neugierig pflückt sie diese und fragt den Gärtner ihrer Großtante nach der Art, der sie als Flieg-bei-Nacht identifiziert. Dieser Pflanze wird nachgesagt magisch zu sein. Als am darauffolgenden Tag Gib verschwindet und Mary mit Tib nach ihr sucht, findet sie hinter Baumwurzeln versteckt einen Besen. Bei der Befreiung des Besens aus dem Gehölz zerbricht sie die Blüte einer Flieg-bei-Nacht. Eine Flüssigkeit breitet sich aus und der Besen beginnt zu schweben. Wie eine Hexe reitet Mary auf dem Besen in die Wolken und entdeckt hoch oben am Himmel ein neues Reich. Ist das nur ein Traum oder besitzt der Nachtflug tatsächlich magische Fähigkeiten? Auf jeden Fall ist es der Beginn eines großen Abenteuers.
https://vimeo.com/242947691
Light-Version oder ernstzunehmende Konkurrenz?
Noch ohne Film im Portfolio wurden schon hohe Erwartungen an das Studio Ponoc gesetzt. In der Presse wird Mary und die Blume der Hexen daher auch gerne als Ghibli Light bezeichnet. Nicht ohne Grund, schließlich haben viele ehemalige Mitarbeiter des legendären Studios an diesem Film mitgearbeitet. Dies ist auch in der Qualität erkennbar, sowohl bei dem Charakterdesign, den Animationen als auch dem Drehbuch. Das prominente Mitwirken hat selbstverständlich dazu beigetragen, dass Mary und die Blume der Hexen auch außerhalb der japanischen Grenzen Anklang fand. In Deutschland beispielsweise wurde er in Kinos ausgestrahlt und galt als Geheimtipp. Der Vergleich mag zunächst treffend erscheinen, doch wer sich diesen Anime ansieht, erkennt sofort, dass es weder um eine Nachfolge noch um eine Lightversion geht. Nicht nur, dass Ghibli noch an weiteren Filmen arbeitet, die in Zukunft erscheinen sollen, qualitativ steht der Film nicht hinter den etablierten und bekannten Produktionen Ghiblis.
Anime-Fans haben lange Zeit befürchtet, dass so hochwertige Produktionen wie Chihiros Reise ins Zauberland und viele weitere Titel nicht mehr produziert werden. 2014 kündigte Produzent Toshio Suzuki an, dass es bei Ghibli eine Neustrukturierung und in dieser Zeit keine neuen Filme geben wird. Hayao Miyazaki, verantwortlich für viele Klassiker und Erfolge des Studios war im Ruhestand. Mit der Gründung Ponoc‘ stiegen die Erwartungen und Hoffnungen der Fans an künftige Animes. Dank Mary und die Blume der Hexen können sie nun erleichtert aufatmen. Auch wenn Ghibli noch da ist und erneut mit der Produktion begonnen hat, es gibt nun einen weiteren Stern am Studio-Himmel, der hoffentlich dafür sorgen wird, dass wir noch mehr Animes ins Kino und in unsere Regale bekommen.
Mary und die Blume der Hexen: Ein Anime für die ganze Familie
Die Geschichte selbst basiert auf dem Kinderbuch „Der verhexte Besen“ der britischen Schriftstellerin Mary Stewart. Auch wenn das Buch bereits Anfang der 70er Jahre geschrieben wurde, ist er gesellschaftlich nicht unbedingt in dieser Zeit einzuordnen. Mary kämpft als Mädchen mit den gleichen Problemen des Älterwerdens wie viele ihrer Altersgenossinnen auch. Langeweile, Platzfindung in ihrer Umgebung und der Umgang mit den persönlich empfundenen Makeln mag in den Augen mancher Frauenrechtler altmodisch erscheinen, es ist aber auch nicht so übertrieben dargestellt, dass man sich daran aufhängen kann. Entsprechend lässt sich dieser Anime nicht nur als Fantasy, sondern auch als Coming-of-Age einsortieren und spricht so verschiedene Altersgruppen und Geschlechter an.
Studio Ponoc hat bewiesen, dass es nicht nur das eine Studio gibt. Wenn die Ansprüche weiterhin so hoch angesetzt und die Produktionen so qualitativ hochwertig bleiben, wie es bei Mary und die Blume der Hexen der Fall ist, dann kommen noch viele sehenswerte Animes auf uns zu, die das Potential haben große Klassiker zu werden.
nur, wer aussagt, dass ausschließlich „Frauenrechtler“ etwas gegen die gezeigten Rollenklischees haben, kann so einen toll gemachten, aber wertefreien, hingeklatschten Abklatsch loben.
Vielen lieben Dank für den Kommentar. Ich freue mich, dass diese Rezension 5 Jahre nach ihrem Erscheinen noch auf Leser stößt. Ich vermute das liegt daran, dass Mary gerade bei Netflix zu sehen ist.
Und ich bin froh, dass diese Aussage hier niemand getroffen hat!
Die erwähnten Rollenklischees sind halt schon 50 Jahre alt, aber heute nach wie vor in einigen Kreisen aktuell. Will man nicht völlig von der Buchvorlage abweichen, muss man eben darauf eingehen. Aber nach wie vor finde ich, haben das Ponoc ganz gut gemacht und ich freue mich auch schon darauf, die nächsten Filme aus dem Studio zu sehen. Der Episodenfilm „Bescheidene Helden“ läuft aktuell ebenfalls bei oben genanntem Streamingdienst, der sich auch die Rechte für das dritte Werk des Studios „The Imaginary“ geholt hat. Dieser soll dann im Sommer (vermutlich Juli) ausgestrahlt werden.