Kategorie: Fachliteratur
Autor: Frank Belknap Long
Verlag: Festa Verlag
Genre: Sachbuch
ISBN: 978-3865524782
Format: Hardcover
Seiten: 272
Preis: 36,80
Erscheinungsdatum: 20.09.2016
Sprache: Deutsch
Das relativ überschaubare Werk des US-amerikanischen Schriftstellers Howard Phillips Lovecraft (kurz HPL) wird seit einigen Jahren regelmäßig in immer neuen Editionen aufgelegt. Auch eine umfangreiche Auswahl an Sekundärliteratur zum Autor und dem, von ihm geschaffenen, Cthulhu-Mythos ist mittlerweile erhältlich. Dennoch stellt Mein Freund H. P. Lovecraft von Frank Belknap Long eine Ausnahme dar, zählte der Autor doch zum engeren Freundeskreis von Lovecraft. Der Festa Verlag veröffentlicht den, bereits 1975 erschienenen, Band Dreamer on the Nighside erstmals in deutscher Sprache.
Frank Belknap Long (1901-1994) war selbst als Autor recht bekannt und hat mit The Hounds of Tindalos, The Horror From The Hills oder The Space-Eaters einige Beiträge zum Mythos geleistet. Im Jahre 1921 lernte er HPL kennen, woraus sich zuerst ein umfangreicher Briefwechsel (teilweise veröffentlicht als Selected Letters) entwickelte. Als Lovecraft Mitte der 1920er in New York wohnte verbrachten die beiden Autoren viel Zeit miteinander. Vor allem auf diesen Zeitraum konzentriert sich Frank Belknap Long in den hier vorliegenden Erinnerungen.
Der 270 Seiten starke Band beginnt mit einer kurzen Einleitung des Autors und teilt sich anschließend in 20, weitgehend chronologisch angeordnete, Kapitel auf. Zu Beginn werden die biographischen Hintergrundinformationen zu Lovecraft zusammengefasst und sein andauernder Einfluss auf die Entwicklung der Horror-Literatur hervorgehoben. Ein besonderes Augenmerk richtet Long dabei auf die Kindheit und Jugend von HPL, die von seiner Mutter und seinen Tanten geprägt war.
Der eigentliche Schwerpunkt dieser Erinnerungen liegt jedoch auf der Zeit, die Lovecraft mit seiner Frau Sonia Greene in New York verbracht hat. Dabei konzentriert sich Long in erster Linie auf das tägliche Leben, beispielsweise gemeinsame Museumsbesuche und Einkaufstouren, Treffen mit anderen Schriftstellern und auch das Eheleben des Paares. Die (ergebnislose) Suche nach einer Festanstellung, die Arbeit als Ghostwriter für Harry Houdini, die Probleme bei der Veröffentlichung eigener Geschichten oder die Treffen des Kalem Clubs (eines kleinen Zirkels von Schriftstellern) werden ebenfalls geschildert. Auch das Scheitern der Ehe nach nur zwei Jahren und HPLs Rückkehr nach Providence, sowie seine Erkrankung und Tod 1937 werden thematisiert.
Daran schließt sich eine Zusammenfassung von Fragen an, die der Autor Lovecraft über die Jahre hinweg gestellt hat, beispielsweise zu seiner Heimat, seinem schwierigen Verhältnis zum modernen New York und seine Meinung zu Autorenkollegen. Am Ende des Bandes führt Frank Belknap Long ein Interview mit sich selbst; inspiriert von den zahlreichen Diskussionsrunden an denen er teilgenommen hat. Auch den Rassismus-Vorwurf spart er in seinen Erinnerungen nicht aus, betrachtet diesen aber im historischen Kontext des frühen 20. Jahrhunderts.
Ergänzt werden die Kapitel immer wieder durch Fotos von Lovecraft, Howard, Long und anderen Schriftstellern, die zum Bekanntenkreis des Autors gehörten, aber auch Ansichten von New York oder Providence oder Heftcover sind vertreten.
Das, zumindest bei mir, vorherrschende Bild des kränklichen, zurückgezogen lebenden und verschrobenen Schriftstellers hat nach der Lektüre von Mein Freund H. P. Lovecraft doch erhebliche Risse bekommen. Durch die Beschreibung von Frank Belknap Long bekommt der Leser einen sehr lebendigen Eindruck von der Persönlichkeit Lovecrafts. Sehr gelungen finde ich dabei vor allem die kleinen, alltäglichen Anekdoten, beispielsweise die stundenlange Suche nach einem geeigneten Füllfederhalter, die Neigung Namen zu latinisieren oder von sich selbst als „altem Gentleman“ (mit Mitte 30) zu sprechen. Im Gegensatz zu vielen anderen Biografien fehlt Long dabei jegliche Distanz zu Lovecraft. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, hinterlässt das Buch einen sehr direkten, authentischen Eindruck.
Das sehr gelungene Titelbild auf dem Schutzumschlag des Hardcovers stimmt den Leser recht gut auf den Text ein. Das Layout ist solide, gut lesbar und wird gelegentlich durch Bilder aufgelockert, die einige Beteiligte und erwähnte Schauplätze des Bandes zeigen.
Auf der Homepage des Festa Verlags gibt es überdies die Möglichkeit in das Buch hineinzublättern und die ersten Kapitel zu lesen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Biografien stellt Mein Freund H. P. Lovecraft den Menschen und nicht sein literarisches Schaffen in den Vordergrund und vermittelt ein sehr anschauliches Bild der Person Lovecrafts.