Kategorie: Comic
Autor: René Goscinny
Herausgeber: Carlsen Comics
Zeichner: Jean Tabary
Verlag: Carlsen Comics
Genre: Humor
Serie: Isnogud
ISBN: 978-3551790385
Format: Hardcover
Seiten: 704
Preis: 159,00
Erscheinungsdatum: 21.12.2020
Sprache: Deutsch
Es gibt nur wenige Comics, die mich seit meiner frühen Jugend begleiten und die immer noch den angestammten Platz im Regal einnehmen. Die Abenteuer des intriganten, fiesen, hinterhältigen, bitterbösen Großwesirs Isnogud verfolge ich mittlerweile seit Anfang der 1980er Jahre. Was mir allerdings fehlt, ist eine vollständige Sammlung – und auch die meisten meiner Alben sehen schon recht mitgenommen aus. Da passt es gut, dass Carlsen Comics sich nun daran gemacht haben, eine Gesamtausgabe zu veröffentlichen. Der erste Teil, Isnogud Collection: Die Goscinny-Jahre, erscheint in Form von vier massiven Hardcover-Bänden im Papp-Schuber. Wie der Titel vermuten lässt, sind hier (fast) alle Geschichten gesammelt, die der leider viel zu früh verstorbene René Goscinny für den Zeichner Jean Tabary geschrieben hat. Der Zeitraum erstreckt sich dabei von den ersten Veröffentlichungen in diversen Comic-Magazinen aus dem Jahr 1962 bis hin zum posthum erschienenen fünfzehnten Band 1978.
Was steht drin?
Die vier Sammelbände umfassen eine Reihe von Alben, in denen sich wiederum verschiedene Kurzgeschichten in unterschiedlicher Länge befinden. Sowohl der deutsche, als auch der französische Name, das jeweilige Erscheinungsdatum und der Verlag sind dabei aufgelistet. Außerdem gibt es für jeden Band eine Einleitung. Diese enthält biographische Informationen zu Texter und Zeichner und liefert Skizzen und Entwürfe. Hier wird allgemein auf die Entwicklung der franko-belgischen Comic-Szene mit ihren zahlreichen Zeitschriften eingegangen.
Sämtliche Geschichten in Isnogud Collection: Die Goscinny-Jahre lassen sich in einem Satz zusammenfassen: Der Großwesir Isnogud will Kalif anstelle des Kalifen werden!
Zu diesem Zweck bedient er sich abstruser Mittel um den grundguten, etwas naiven und nicht übermäßig intelligenten Kalifen von Bagdad Harun al Pussah zu stürzen. Zur Seite steht Isnogud dabei sein treuer Mietsklave und Handlanger Tunichgud. Zu Beginn ist dieser ein reiner Erfüllungsgehilfe – in späteren Bänden nimmt er dagegen eher die Rolle des Mahners und der Stimme der Vernunft ein.
Neben diesen drei Hauptcharakteren gibt es nur wenige wiederkehrende Personen. So beispielsweise Sultan Pullmankar, den Herrscher eines benachbarten Reiches, bestimmtePalastangestellte oder einen namenlosen Höhlenmensch.
Mit Hilfe von Dschinnen, Fakiren, Zauberern, Feen, Zeitreisenden, Außerirdischen, Fabelwesen, magischen Tränken und neuartigen Erfindungen versucht Isnogud den Kalifen aus dem Weg zu räumen. Die Ränke des Großwesirs sind dabei ebenso komplex wie abstrus und scheitern, mit wenigen Ausnahmen, spektakulär. Meist endet die jeweilige Kurzgeschichte damit, dass Isnogud das Schicksal erleidet, dass er Harun al Pussah zugedacht hat.
Gehört die Sammlung ins Regal?
Für Nostalgiker wie mich stellt sich diese Frage eigentlich gar nicht. Durch die Isnogud Collection: Die Goscinny-Jahre bekommt man eine vollständige, hochwertige Sammlung der Abenteuer des Großwesirs. Die Einleitungen der Bände geben einen guten historischen Überblick auf die Entwicklung des europäischen Comics. Zudem bekommt der Leser hier einen umfassenden Einblick in den Werdegang einer Comic-Figur – sowohl äußerlich als auch charakterlich.
Trotz der Thematik sind die Geschichten zumeist harmlos und unblutig. Trotzdem funktionieren sie aber auch heute noch und sind für einige Lacher gut. Besonders gefallen mir dabei, wenn Autor und Zeichner moderne Elemente in die Storys einbinden, sei es nun die Tourismusindustrie, Gewerkschaften oder technische Gerätschaften. Dies bildet einen schönen Kontrast zu dem mittelalterlich-arabischen Hintergrund und dessen Mythen und Sagen. Dschinn (aus Pantoffeln – nicht aus Flaschen) gehören in Bagdad ebenso zum alltäglichen Stadtbild wie fliegende Teppiche oder Magier. Durch das Zusammenspiel dieser Elemente hat der Autor einen praktisch unerschöpflichen Fundus geschaffen, aus dem fast 60 Jahre später noch seine Nachfolger schöpfen können.
Tabary hat relativ schnell die typischen Elemente seiner Charaktere festgelegt und diese im Laufe der Alben immer weiter verfeinert. Der Isnogud des Jahres 1962 weist dabei bereits alle Besonderheiten auf, die ihn so unverwechselbar machen. Auch die anderen Charaktere und der Hintergrund sind dabei schon relativ früh definiert. Dies sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert – selbst für Leser, die mit den Comics wenig zu tun haben. Bei den ersten Geschichten handelt es sich noch um schwarz-weiß oder Duplex-Drucke. Aber bereits das zweite Album ist vollfarbig – wobei die Farben der Kleidung merkwürdigerweise häufig wechseln. Außerdem ist jedes Album-Cover zwei Mal abgedruckt – das der Originalveröffentlichung und die überarbeitete Version der Neuauflage.
Druck, Weiterverarbeitung und Ausstattung geben keinerlei Anlass zur Kritik. Die Bände machen einen ausgesprochen soliden Eindruck, auch der Schuber ist massiv und mit viel Liebe zum Detail gestaltet.
Einen Einblick gibt es auf der Homepage von Carlsen Comics. Dort gibt es zudem einen Ausblick auf den Nachfolgeband, der im Spätsommer erscheinen soll.
Die Isnogud Collection: Die Goscinny-Jahre richtet sich in erster Linie an die Nostalgiker unter den Comic-Lesern, versteht es aber auch heute noch, gut zu unterhalten.