
Kategorie: Belletristik
Autor: Gareth Brown
Verlag: Heyne
Genre: Fantasy, Phantastik, Urban Fantasy
ISBN: 978-3453274686
Seiten: 528
Preis: 24
Erscheinungsdatum: 14.08.2024
Sprache: Deutsch
Manchmal ist es eine einzige Szene, die alles verändert. In Gareth Browns Das Buch der Tausend Türen ist es der Moment, in dem der alte Mr. Webber in einem kleinen Café das Zeitliche segnet – friedlich, ja fast poetisch. Was folgt, ist der Auftakt zu einer Geschichte, die das Potenzial gehabt hätte, ein zeitloses Fantasy-Abenteuer zu werden. Hätte. Leider bleibt es bei dem Konjunktiv.
Protagonistin im Standby-Modus
Cassie, Hauptfigur dieser literarischen Odyssee, ist eine Buchhändlerin, wie sie klischeehafter kaum sein könnte: introvertiert, melancholisch, lesesüchtig – und, leider, sterbenslangweilig. Ihr Leben plätschert dahin, spannungslos wie ein ausgetretener Pfad. Die wenigen Farbtupfer: der Stammkunde Mr. Webber und Mitbewohnerin Izzy, die wenigstens so etwas wie Skepsis und Verstand mitbringt. Cassies Alltag ändert sich schlagartig mit dem Tod Webbers. Er hinterlässt ihr zwei Bücher: Der Graf von Monte Christo und ein mysteriöses Werk namens Das Buch der Tausend Türen.
Die Prämisse klingt wie gemacht für ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen möchte: Ein Buch, das Raum und Zeit überwindet? Magische Portale? Eine geheime Welt voller Bücher mit eigener Macht? Klingt nach einer literarischen Wundertüte. Doch was Brown daraus macht, wirkt wie die erste Skizze eines viel besseren Romans. Die Erzählung bleibt so flach wie ihre Charaktere: Emotionen? Fehlanzeige. Tiefgang? Wenn überhaupt angedeutet. Statt lebendiger Dialoge gibt es platte Erklärungen, statt Spannung eine Abfolge belangloser Episoden, die so gar nicht zünden wollen.
„Show, don’t tell“ – Vergeudete Magie
Eines der Grundgesetze guten Schreibens ist: Show, don’t tell. Brown jedoch verlässt sich fast ausschließlich aufs Gegenteil. Statt den Leser eintauchen zu lassen in eine Welt voller Wunder und Gefahren, wird man mit steifen Beschreibungen und hölzernen Dialogen abgespeist. Besonders bitter: Selbst Szenen mit echtem Horrorpotenzial – besonders beim Auftritt DER FRAU – verpuffen wirkungslos. Der Ekel wird beschrieben, das Grauen benannt, aber nie fühlbar gemacht. Es bleibt beim Behaupten, nie beim Erleben.
Dabei hätte Das Buch der Tausend Türen so viel sein können: ein moderner Klassiker, ein Fantasy-Thriller mit Tiefgang oder ein melancholisches Zeitreise-Märchen. Stattdessen stolpert die Geschichte durch 522 Seiten, ohne Ziel, ohne echte Entwicklung – außer der Erkenntnis, dass auch die beste Idee an schlechter Umsetzung scheitern kann. Man leidet mit Cassie, aber nicht aus Empathie, sondern weil man sich wünscht, das Buch möge endlich enden.
Fazit
Gareth Brown hat eine faszinierende Grundidee auf dem Papier und lässt sie mit jedem weiteren Kapitel verblassen. Die Charaktere bleiben Schemen, der Stil wirkt unausgereift, und der Plot verliert sich in selbst auferlegter Bedeutungslosigkeit. Das Buch der Tausend Türen ist keine Reise wert – es sei denn, man will sehen, wie man ein gutes Konzept effektiv gegen die Wand fährt.
Bewertung: 2 von 10 Türen – und selbst die knarzen.