2086 – Sturz in die Zukunft

29.07.2019 von Nils Schlieske

Cover des Romans 2086 - Sturz in die Zukunft von Robert Heinlein

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ISBN: 978-3945493519

Format: Softcover

Seiten: 328

Preis: 13,95

Erscheinungsdatum: 18.02.2016

Sprache: Deutsch

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Wie wäre es 150 Jahre einfach zu überspringen und in einer neuer Zeit zu erwachen? Diese Frage beantwortet Robert Heinlein in 2086 – Sturz in die Zukunft. Besonders interessant: Der Sprung nach vorne geschieht aus 1939.

Perry Nelson wird im Sommer des Jahres 1939 urplötzlich aus dem Leben gerissen. Er kann nur noch „Vorsicht!“ schreien und wird von einem anderen Auto erwischt. Perry überlebt den Unfall nicht, dennoch erwacht er wieder. Nicht in seiner Zeit, sondern knapp 150 Jahre später im Jahr 2086. Völlig nackt in die neue Zeit und Welt geworfen trifft Perry auf seine Gastgeberin Diana. Sie kümmert sich um ihn und lehrt ihn die neuen Gepflogenheiten und den „Sittenkodex“.

Schnell entwickelt sich in Perry ein innerer Konflikt zwischen seinen alten Werten, die er als natürlich ansieht und denen seiner neuen Realität. Dieser Konflikt eskaliert nach außen hin als Perry gewalttätig wird und einen anderen Mann zusammenschlägt. Im Strafvollzug – der sich ebenfalls stark gewandelt hat – versucht Perry aus dem Zwiespalt zu brechen und ein Teil der neuen Zeit zu werden.

Was ist „natürlich“?

Ausgefallene Überraschungen und Wenden innerhalb der Handlung sucht der Leser in 2086 vergebens. Die Handlung ist sogar so reduziert, dass nicht einmal aufgelöst wird, wie oder warum Perry den Zeitsprung vollzogen hat. Der Roman wirft Hauptperson und Leser ganz einfach in eine vollkommen neue Welt. Nackt und neu geboren erwacht Perry Nelson und mit ihm der Leser und müssen mit den Gegebenheiten umgehen. Dabei konfrontiert Heinlein seinen Protagonisten mit Überlegungen, die er bereit in den Jahren 1938 und 1939 niederschrieb. Wirtschaftliche Entwicklungen wie das bedingungslose Grundeinkommen sind in der Zukunft Heinleins bereits real. Wahlkämpfe dürfen nur noch auf rationaler Ebene geführt werden und sind frei von Emotionen. Bildung gilt als höchstes Gut und ist für jeden frei zugänglich. Wirtschaftliche und soziale Probleme scheinen nachhaltig gelöst, Gewalt und Neid verpönt.

Die sozialen Vorstellungen entsprechen dabei weder heutigen noch denen zur Zeit des Autors üblichen. Ganz zentral ist im Roman immer die Frage nach der Natürlichkeit. Was nehmen wir als Individuen und als Gesellschaft als natürlich, als gegeben wahr? In welchen Punkten irren wir uns und wo reicht unser Verständnis noch nicht weit genug? Heinlein legt seine Überlegungen in 2086 ziemlich detailliert dar. Gerade in wirtschaftlichen Themen kann man fast vergessen, dass man einen fiktiven Roman liest und kein Lehrbuch. Was weder eine Bewertung der Richtigkeit der Überlegungen oder der Spannung von Lehrbüchern sein soll.

Gesellschaftliche Science Fiction

In der von Heinlein gezeichneten Zukunft gibt es genregerecht weit fortgeschrittene Technologie wie fliegende Taxen und Automaten, die auf Knopfdruck frische Mahlzeiten zubereiten. Der Fokus liegt aber nicht auf der Technologie oder dem Umgang mit dieser, sondern auf den Wertvorstellungen der Gesellschaft. In 2086 beschreibt Heinlein also mehr gesellschaftliche als technologische Science Fiction. Darum ist das Buch aus heutiger Sicht so lesenswert: Aktuell sind wir zeitlich gesehen ziemlich genau in der Mitte der Zeitspanne, die Perry übersprungen hat.

Auch wenn das Buch in den USA spielt, hat der Leser mit 2086 eine interessante Möglichkeit die Entwicklung vom Zweiten Weltkrieg bis zu unserer Zeit einmal anders zu betrachten. Wir sind zeitlich gesehen ein Zwischenstand. Was haben wir bereits erreicht, was die Gesellschaft in 2086 prägt? Wo sind wir noch hinterher? Das soll nicht heißen, dass die Gesellschaft in 2086 das Nonplusultra ist und das erstrebenswerte Ziel sein muss, aber technologisch sind wir davon nicht mehr weit entfernt. Wie aber sieht das auf der gesellschaftlichen Ebene aus?

Erster Roman erstmals veröffentlicht

2086 – Sturz in die Zukunft wurde zu Lebzeiten des Autors niemals veröffentlicht oder redaktionell bearbeitet. Diese Auflage des Mantikore-Verlags bietet ein Vor- und Nachwort. Die näheren Umstände des Autors und des Werkes werden darin beschrieben und rahmen die Geschichte sinnvoll ein. Weder Zeitreisen noch das Weltall oder außerirdische spielen eine zentrale Rolle in diesem Science-Fiction-Roman, dennoch ist die Geschichte eine spannende Utopie. Sie hält vergangenen Gesellschaften einen Spiegel vor und zeigt zukünftigen ein vermeintlich unerreichbares Utopia. Mit 338 Seiten und 13,95 Euro liegt das Taschenbuch in der Preiskategorie recht weit oben, der Inhalt ist dies meiner Meinung nach aber allemal wert.

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