Ausbauregeln IV: Kampagnen

04.10.2015 von Marcus Pohlmann

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Erscheinungsdatum: 01.01.2015

Sprache: Deutsch

Häufig sind die Charaktere bei Fantasy-Rollenspielen, so auch bei Pathfinder, damit beschäftigt bedrängte Prinzessinnen zu retten, finstere Gewölbe zu erkunden oder den einen oder anderen Drachen zu erschlagen. Den Fragen, was die Helden zwischen diesen Abenteuern machen, wo sie ursprünglich herkommen und wie ihre Planung für den Ruhestand ausschaut gehen die Autoren mit den Ausbauregeln IV: Kampagnen nach. Der 256 Seiten starke Band wird, wie gewohnt, von Ulisses Spiele übersetzt und auf dem deutschen Markt vertrieben.

Das erste der vier Kapitel beschäftigt sich mit dem Hintergrund eines Charakters. Hier stehen vor allem die Familie, die Geburt des Helden und die Umstände unter denen er aufgewachsen ist im Fokus. Für eilige Spieler gibt es zudem einen Hintergrundgenerator, der sich aus zahlreichen Tabellen zusammensetzt. Mit deren Hilfe lassen sich schnell die unterschiedlichsten Parameter eines Charakters, vom Beruf seiner Eltern, über seine familiären Verhältnisse bis zu dem Zeitpunkt an dem er seine Heldenlaufbahn eingeschlagen hat, zufällig bestimmen. Weiter finden sich hier Wesenszüge und Nachteile die dabei helfen dem Charakter individuelle Vor- und Nachteile zu verleihen. Besonders erwähnenswert sind in diesem Bereich auch die Questtalente, die dem Charakter zur Verfügung stehen nachdem er die dazugehörige Aufgabe erfüllt hat und die massive Vorteile bringen.
Möglichkeiten, wie sich die Charaktere die Zeit zwischen den Abenteuern vertreiben können findet der Leser im zweiten Kapitel. Hier stehen zahlreiche Optionen zur Verfügung, von der Versorgung etwaiger Wunden über einen normalen Broterwerb bis zur Gründung und Verwaltung eines eigenen Geschäftes mit Angestellten. Steht dem Charakter der Sinn mehr nach Immobilienbesitz gibt es entsprechende Regeln um, von der einfachen Holzhütte bis zum opulent eingerichteten Palast, praktisch jedes Gebäude zu bauen und zu unterhalten. Um für etwas Abwechslung in der „freien“ Zeit zu sorgen, enthält der Band daneben Tabellen über die sich verschiedene Ereignisse generieren lassen, die im alltäglichen Leben eines Fantasy-Helden vorkommen. Die Bandbreite reicht hier von verschiedenen Wetterphänomenen über Krankheiten und Schicksalsschläge innerhalb der Familie bis hin zu Einbrechern, die es auf die Schätze des Charakters abgesehen haben.
Das dritte Kapitel ist mit „Kampagnensysteme“ überschrieben und umfasst verschiedene, optionale Elemente, die während einer fortlaufenden Kampagne zum Tragen kommen können. So wird intensiver auf das Familiengeflecht und die Beziehung innerhalb der Verwandtschaft eines Charakters eingegangen. Auch wird das System der Ehrepunkte vorgestellt, bei dem es für den Spieler möglich ist, durch das Befolgen eines Verhaltenskodex Punkte zu sammeln. Diese Punkte spiegeln das Ansehen eines Charakters innerhalb der betreffenden Gemeinschaft wieder und können dazu genutzt werden Gefallen einzufordern, die Verhandlung mit Gesprächspartnern erleichtern oder verschiedene Boni verleihen. Der nächste große Abschnitt steht unter dem Motto „Erkundungen“ und setzt eine Hexfeldkarte voraus, welche die Charaktere im Laufe einer Kampagne immer weiter erforschen und dabei die weißen Flecken auf der Landkarte füllen. Auch dem Feilschen, der Investition von erbeuteten Schätzen sowie der Gesinnung und deren Einfluss werden einige Zeilen gewidmet. Etwas ausführlicher gehen die Autoren dann dem komplexen Verhältnis von einem Charakter zu seinem tierischen Gefährten nach und wie man dies spielerisch darstellen kann. Kontakte und Verbindungen machen das Abenteurerleben leichter, daher widmen sich die Ausbauregeln IV: Kampagnen den verschiedenen hilfreichen Nichtspielercharakteren, welche die Helden unterstützen. Die Regeln führen eine ganze Reihe von Beispielkontakten auf und erläutern wie diese gepflegt und ausgebaut werden müssen, um für die Charakter den größtmöglichen Nutzen zu bringen. Weitere Abschnitte widmen sich der Erschaffung magischer Gegenstände und der dafür benötigten Komponenten, sowie dem Ruf und der Anerkennung welche ein Charakter im Laufe seiner Abenteuer hoffentlich erwirbt. Der letzte Teil dieses Kapitels geht der Frage nach, welche Möglichkeiten ein Charakter hat, um seinen Ruhestand zu verbringen. Lebt er den Rest seiner Tage im Luxus, oder muss er einem täglichen Arbeit nachgehen? Oder packt ihn gar nach einiger Zeit wieder die Abenteuerlust und er zieht erneut los?
Das letzte Kapitel bietet den Spielern Regeln für die Gründung (oder Eroberung) eines eigenen Königreiches. Verwaltungsaufgaben, militärische Absicherung und die Sorge um das Wohl der Untertanen stehen hier im Mittelpunkt. Listen mit Gebäuden um das Reich mit Leben zu erfüllen, zufällige Ereignisse und politische Verwicklungen finden sich hier ebenso wie entsprechende Bögen in die alles Wichtige eingetragen werden kann. Durch schematische Abbildungen können die Spieler ihre Städte und Ortschaften nach ihren spezifischen Vorstellungen gestalten. Auch für größere militärische Auseinandersetzungen finden sich die passenden Regeln, wobei die Charaktere nur selten direkt ins Kampfgeschehen eingreifen und sich mehr darauf konzentrieren, ihre Truppen zu befehligen.

Die Ausbauregeln IV: Kampagnen bieten dem Leser unbestreitbar viel Material um seinen Pathfinder-Charakter lebendiger und komplexer zu gestalten. In welchem Umfang der Inhalt des Bandes auch vom Gelegenheits-Rollenspieler genutzt werden kann hängt dabei jedoch stark von der gespielten Kampagne und natürlich auch vom Spielleiter ab. Viele der hier angesprochenen Themen gehen tatsächlich bei den meisten Charakteren normalerweise etwas unter und alleine die Möglichkeit mittels der verschiedenen Tabellen schnell einige erstaunlich differenzierte NPCs zu erschaffen macht das Buch schon interessant. Auf der anderen Seite können die Spieler die Regeln ausnutzen um ihre Charaktere hemmungslos zu maximieren und so schnell die Spielbalance gefährden, wenn der Spielleiter nicht ordnend eingreift. Grade im dritten Kapitel, einem bunten Sammelsurium verschiedenster Themen, hätte ich mir gewünscht, dass die Autoren manche Einträge, beispielsweise die Erschaffung magischer Gegenstände oder Kontakte, deutlich detaillierter behandeln. Im Gegenzug hätte ich auch gut auf so spannende Themen wie Steuern oder Buchhaltung verzichten können. Letzten Endes bietet der Band genug Stoff um eine Kampagne oder einen Charakter bis ins kleinste Detail auszugestalten. Dass sich dabei viele Optionen fast problemlos für andere Fantasy-Rollenspiele übernehmen lassen ist sicherlich auch ein großes Plus.
Die schematischen Zeichnungen der Gebäude, die verschiedenen Bögen für die Spielaspekte und nicht zuletzt die, wieder einmal, zahlreichen gelungenen Illustrationen lockern den Band etwas auf. Dennoch muss sich der Leser immer noch durch sehr viel Text arbeiten, was auf Dauer ermüdend sein kann. Die Übersetzung ist solide und weißt keinen der groben Schnitzer auf, mit denen Ulisses Spiele in letzter Zeit gelegentlich zu kämpfen hatte. Auch das Layout müht sich recht erfolgreich, die Masse an Informationen übersichtlich zu präsentieren, außerdem erleichtert ein Index die Orientierung.

Für Spieler die ihren Charakter wirklich bis ins kleinste Detail ausarbeiten wollen bietet dieser Band zahlreiche Hilfestellungen und Ideen. Mit vielen optionalen Regeln kann der Spielleiter Pathfinder weit über den Umfang einer üblichen Abenteuerkampagne hinaus vertiefen.

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