7te See – Grundregelwerk

10.09.2017 von Marcus Pohlmann

7te See - Grundregelwerk

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Erscheinungsdatum: 11.04.2017

Sprache: Deutsch

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Mit der ersten Auflage des heroisch-cinematischen Fantasy-Rollenspiels 7te See konnten die Spieler um die Jahrtausendwende herum die Welt Théah erforschen. Nach einigen Ruhen Pause ist mittlerweile eine zweite Edition erschienen und wird für den heimischen Markt von Pegasus Press übersetzt und vertrieben. Mit dem 7te See – Grundregelwerk kann sich nun also eine neue Spielergeneration (oder Nostalgiker) auf die Suche nach Abenteuern und Ruhm begeben.

Der gut 320 Seiten starke Hardcover-Band teilt sich in neun Kapitel auf, die sich mit dem Hintergrund, den Spielregeln und einem Teil, einzig für den Spielleiter beschäftigen. Die ersten beiden Kapitel nehmen dabei etwas mehr als ein Drittel des Buches ein. Hier bekommt der Leser, neben einer Kurzgeschichte, eine Vorstellung der Spielwelt und ihrer Bewohner. Vereinfacht gesagt handelt es sich bei Théah um das irdische Europa des ausgehenden 17. Jahrhunderts. Im zweiten Kapitel wird jede der Nationen oder jedes der Reiche vorgestellt. Dabei gehen die Autoren sowohl auf politische, militärische und wirtschaftliche Strukturen ein und liefern einen kurzen Überblick der Historie. Auch Kultur, Bildung und die Lebensumstände der Bevölkerung werden hier beschrieben, ebenso wie gängige Namen. So gibt es beispielsweise das Vereinigte (Insel-)Königreich Avalon, regiert von einer Königin mit Unterstützung eines gewählten Parlamentes. Magie, Feen und die Sonderstellung als Insel prägen die Bewohner und ihre Lebensweise. Montaigne entspricht dabei in etwas dem Frankreich von Ludwig XIV. und wird absolutistisch regiert. Während sich die herrschende Adelsklasse ihren dekadenten Vergnügungen hingibt, muss das gemeine, nahezu rechtlose, Volk schuften. Auch Russland, das Deutsche Reich oder Spanien haben ihre Entsprechungen in der Spielwelt. Einen besonderen Platz nimmt die Vaticinische Kirche der Propheten ein, die in vielen Reichen die Rolle der Staatsreligion einnimmt. Hier nimmt der Band Bezug auf die Rituale und Struktur der Kirche, ihren Einfluss innerhalb der Bevölkerung und natürlich ihre Glaubensgrundsätze. Der Vollständigkeit halber erfährt der Leser zudem etwas über den aktuellen Stand von Wissenschaft und Forschung. Auch die verschiedenen Geheimbünde und Freibeuter-Gruppierungen, die Einfluss auf die Geschicke der Spielwelt haben, werden kurz erwähnt.
Das dritte Kapitel begleitet die Spieler bei der Erschaffung ihrer Charaktere. Dieser Prozess beginnt mit der Wahl der Nationalität, die Einfluss auf Erscheinung, Religion und auch die Lebenseinstellung des Charakters hat. Zudem gibt es hier noch bestimmte Boni auf Fertigkeiten oder Eigenschaften. Daran schließen sich zwanzig Fragen an, mit deren Hilfe der Spieler seinem Charakter Kontur und Tiefe verleiht – beispielsweise nach seinen Stärken und Schwächen, seiner Motivation auf Abenteuer auszuziehen oder den familiären Bindungen. Schließlich kann sich der Spieler für zwei Hintergründe entscheiden, die dem Charakter weitere Vorteile und Fertigkeiten bringen. Dies soll die Erfahrungen darstellen, die der Charakter bereits in seinem Leben, sei es durch Elternhaus, Ausbildung oder auf Reisen gesammelt hat. Neben allgemeinen Hintergründen stehen auch solche bereit, die nur einer bestimmten Nationalität vorbehalten sind. So kann beispielsweise nur ein Bewohner von Avalon zum Puritaner werden, auch ist die Laufbahn des Berserkers einem Vesten vorbehalten. Eine Besonderheit stellen bei 7te See die Arkana dar. Diese stehen für Tugend oder Untugend eines Helden und können einmal pro Spielsession eingesetzt werden. Entsprechend gravierend ist der Einfluss auf den Ablauf – so sorgt „Der Krieg“ dafür, dass der Angriff effektiver ist, während „Der Narr“ einen Charakter einer Gefahr entkommen lässt. Im vorletzten Schritt geht es um die „Heldengeschichte“. Hier liegt es am Spieler sich ein Ziel für seinen Charakter auszudenken, auf dass er während seiner Abenteuer hin arbeiten muss. Dies kann die Suche nach verschollenen Familienmitgliedern sein, die Jagd nach einem Verbrecher oder auch ganz profan die Begleichung alter Schulden. Diese Heldengeschichte läuft parallel zum eigentlichen Abenteuer und erfordert die besondere Zusammenarbeit von Spieler und Spielleiter. Der letzte Schritt der Charaktererschaffung beschäftigt sich mit Dingen wie der Zugehörigkeit in Geheimgesellschaften, der Reputation des Charakters, seinem Vermögen oder auch den erlittenen Wunden.
Den vielsagenden Titel „Action und Drama“ trägt das vierte Kapitel und widmet sich den Regeln des Spiels. Wie in praktisch jedem anderen Rollenspiel, so verfügt ein Charakter auch in 7te See über eine Reihe von Werten, die ihn definieren. So gibt es die Eigenschaften Gewandheit, Muskeln, Stil, Verstand und Entschlossenheit, deren Wert zwischen 2 und 5 liegt. Während seiner Laufbahn erlangt der Held gewisse Fertigkeiten und kann diese verbessern, beispielsweise Athletik, Gelehrsamkeit, den Umgang mit Waffen oder die Empathie anderen gegenüber. Die Werte hierfür können zwischen 0 und 5 liegen. Versucht ein Charakter nun eine außergewöhnliche Aktion auszuführen, beispielsweise eine glatte Mauer zu erklimmen, die Geldbörse eines Kaufmanns zu entwenden oder einen Gegner niederzustrecken, so wird dies im Spiel als „Risiko“ bezeichnet. Hat der Spieler überlegt wie er die Aktion ausführen möchte, bestimmt der Spielleiter die eingesetzten Eigenschaften und Fertigkeiten, sowie die Anzahl der benötigten Erfolge, hier als Steigerungen bezeichnet. Nun nimmt der Spieler eine Anzahl zehnseitiger Würfel, entsprechend der zur Anwendung kommenden Attribute, und würfelt diese. Für jede Summe von 10, egal in welcher Würfelkombination, erhält er eine Steigerung. Je mehr Steigerungen er hat, desto besser der Ausgang der Aktion. Zusätzlich stehen den Spielern eine gewisse Anzahl Heldenpunkte und dem Spielleiter Gefahrenpunkte zur Verfügung, mit denen im Spielverlauf beispielsweise zusätzliche Würfel gekauft oder Spezialfähigkeiten aktiviert werden können. Dieses Kapitel wird von einem Bereich für den Spielleiter abgerundet, der die Regeln für gegnerische Figuren wie Schurken und Monster beschreibt und Beispiele für den Aufbau einer „Spielleitergeschichte“ also eines Abenteuers oder einer ganzen Kampagne gibt.
Die Zauberei auf Théah, der sich das fünfte Kapitel widmet, ist vielfältig – sowohl was Nutzung als auch Spieleffekte angeht. So gibt es beispielsweise die Hexerei, die mit Salben und Tränken arbeitet; Mütterchens Berührung, die sich viel mit der Natur und den Tieren beschäftigt, oder Sanderis, bei dem der Zaubernde einen Pakt mit einer dämonischen Kreatur eingeht. Jede dieser Arten verfügt über eigene Anwendungsregeln und Auswirkungen auf den Spielverlauf. Auch sind manche Magiearten an bestimmte Bedingungen, wie Volkszugehörigkeit oder Geschlecht geknüpft.
Bei einem Spiel, das so stark von Mantel & Degen-Filmen inspiriert ist wie 7te See darf auch ein Kapitel über das Duellieren nicht fehlen. Haben die Charaktere die entsprechende Laufbahn eingeschlagen, so finden sie hier die passenden Kampfstile- und -manöver.
Auch den Grundlagen der Seefahrt auf Théah widmet sich ein Kapitel. Hier findet der Leser einen Überblick über Schiffstypen, die Seefahrt der unterschiedlichen Nationen und Informationen zur notwendigen Besatzung. Für den Spielleiter gibt es Ansatzpunkte für Abenteuer und Regeln für die Handhabung von Seeschlachten.
Das vorletzte Kapitel gibt einen Überblick über die Geheimgesellschaften, die Einfluss auf die Spielwelt nehmen. Neben einer kurzen Beschreibung des jeweiligen Bundes sind auch die Beitrittsbedingungen und Vorteile für die Charaktere aufgelistet. So gibt es beispielsweise die Bruderschaft der Küste, im Prinzip ein Zusammenschluss von Piraten und Freibeutern, Los Vagabundos, die in Castillien gegen Ungerechtigkeit kämpfen oder die Forschergesellschaft, einer lockeren Verbindung von Archäologen.
Das neunte Kapitel ist schließlich dem Spielleiter vorbehalten. Hier finden sich in erster Linie Hinweise zum Rollenspiel im Allgemeinen, aber auch Tipps zum Erzählen einer Geschichte oder dem Umgang mit den Spielern. Ebenso finden sich hier mehrere Ideen für eigene Abenteuer sowie der beispielhafte Ablauf einer Geschichte.
Abgerundet wird der Band durch einen umfassenden Index, eine kurze Vorschau auf kommende Veröffentlichungen, die Kopiervorlage des Charakterbogens sowie eine Karte von Théah auf den Umschlaginnenseiten.

Pegasus Press legen hier eine sehr ansehnliche zweite Edition des Spiels vor. Der Hardcover-Band mit Lesebändchen, Prägung und vollfarbigem Druck sieht sehr wertig aus. Zudem ist er auch sinnvoll strukturiert und verfügt über einen umfangreichen Index – leider immer noch keine Selbstverständlichkeit. Der Text wird häufig durch Randbemerkungen und Illustrationen aufgelockert, was sich positiv auf den Lesefluss auswirkt. Die Zeichnungen selbst sind recht realistisch gehalten, machen auf mich aber den Eindruck als würde ein „Weichzeichner“ über den Bildern liegen.
Das eigentliche Regelsystem ist zumindest am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber im Prinzip recht einfach zu erlernen. Das Zusammenzählen der Würfelaugen funktioniert nach den ersten abgehandelten Risiken tadellos, auch das Fehlen der sonst üblichen Waffentabellen fällt kaum ins Gewicht. Allerdings ist es sowohl für Spieler als auch Spielleiter mit einem gewissen Mehraufwand verbunden, da sie sich mehr Gedanken über die Auswirkungen und Beschreibungen ihrer Handlungen machen müssen als bei den meisten anderen Rollenspielen. Als Ausgleich dazu brauchen sich die Spieler aber nicht seitenweise durch Tabellen wühlen und können sich voll darauf konzentrieren durchaus filmreife Aktionen durchführen. So ist es möglich sich am Kronleuchter durch einen Ballsaal voller Gegner zu schwingen, in vollem Galopp eine Kutsche entern, oder dem Schurken mit dem Degen die Initialen ins Hemd zu schneiden. Grade diese, leicht überzogenen, Aktionen sind es auch, die für mich den besonderen Reiz des Spiels ausmachen. Wirklich jeder hat dabei Szenen aus Filmen wie Zorro oder den Drei Musketiere vor dem geistigen Auge, was dem Spieler hilft, tief in die Welt einzutauchen. Auch die historische Nähe der Spielwelt mit unserer realen Welt, sowie das weitgehende fehlen von Fantasy-Elementen, verstärkt diesen Eindruck und ermöglicht auch Neulingen einen überraschend leichten Einstieg.

Das 7te See – Grundregelwerk eignet sich hervorragend für Rollenspieler, die in die Welt der Mantel & Degen-Filme eintauchen wollen um dort heroische Abenteuer zu bestreiten.

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