Through the Breach – The Fated Almanac

29.09.2015 von Marcus Pohlmann

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Erscheinungsdatum: 01.03.2015

Sprache: Englisch

Der US-amerikanische Spielehersteller Wyrd Games dürfte dem einen oder anderen vielleicht durch sein Western-Horror-Steampunk-Skirmish-Tabletop Malifaux bekannt sein. Um die nötigen Mittel für die Produktion eines Rollenspiels vor dem gleichen Hintergrund zu sammeln, startete der Hersteller im letzten Jahr eine Crowdfunding-Kampagne. Mittlerweile hat es das Ergebnis dieser Kampagne in den Fachhandel geschafft und die Spieler können sich mit Through The Breach durch den titelgebenden Dimensionsriss stürzen und Abenteuer in dieser fremdartigen Umgebung erleben. Die Regeln teilen sich dabei in zwei Bücher auf, von denen sich das vorliegende The Fated Almanac in erster Linie an die Spieler richtet und auf 256 Seiten die Charaktererschaffung und allgemeine Spielregeln erläutert.

Das erste, kurze Kapitel gibt dem Leser einen Überblick über die Grundlagen dieses Rollenspiels und den Inhalt des Softcover-Bandes. Auch ein Glossar mit den spezifischen Begriffen von Through The Breach findet sich hier.
Im folgenden Kapitel bekommen die Spieler durch die Aufzeichnungen des Häftling Lucius Crow einen ersten Einblick in diese scheinbar vertraute und doch gleichzeitig völlig bizarre Welt, die sie durch den Dimensionsriss betreten haben. Daneben gibt es noch einen chronologischen Überblick über die politischen, magischen und militärischen Umstände im ausgehenden 18. Jahrhundert, die zur ersten Besiedlung der Stadt führten. Auch die Folgen, die durch den Zusammenbruch des Portals und den anschließenden Verlust der mächtigen Seelensteine  die Welt erschütterten werden kurz beschrieben. Schließlich erfährt der Leser etwas über die aktuellen Geschehnisse, die erneute Öffnung des Portals und die zweite Besiedlung von Malifaux im Jahre 1897. Eine Beschreibung der Stadt sowie der umgebenden Sümpfe, Wüsten und Berge, sowie der verschiedenen Fraktionen, die hier mehr oder minder offen um Macht und Einfluss kämpfen, runden dieses Kapitel ab.
Das mit gut 60 Seiten umfangreichste dritte Kapitel ist der Erschaffung eines Spielercharakters, einem „Fated“ vorbehalten. Im Mittelpunkt steht hier das „Crossroads Tarot“, bei dem die Persönlichkeit durch fünf Karten definiert wird. Die erste Karte, die sogenannte Station Card konzentriert sich dabei auf die Eltern und die Geburtsumstände eines Fated. Die zweite Karte definiert die körperlichen Aspekte eines Charakter, die vier Werte auf der Karte reichen dabei von -3 bis +3, die der Spieler nun beliebig auf die physischen Aspekte verteilen kann, ebenso verhält es sich mit den geistigen Eigenschaften. Die anderen beiden Karten ermöglichen die Auswahl von Fähigkeiten, die der Charakter in seinem bisherigen Leben erlernt hat. Neben diesen spielrelevanten Daten wird mit jeder Karte noch zusätzlich ein Satzbaustein aufgedeckt, die zusammengenommen einen kryptischen Hinweis auf das Schicksal des Charakters ergeben, welches er erfüllen oder aber vermeiden muss. Schließlich sollte sich der Spieler noch für einen Beruf entscheiden, der im Laufe einer Kampagne jedoch problemlos gewechselt werden kann. Die Auswahl dieser Archetypen, vom intellektuellen Akademiker über Grabräuber mit Hang zur Nekromantie bis hin zum professionellen Kartenspieler, ist breit gefächert und jeder Typus hat seine spezifische Ausrüstung sowie besondere Aufstiegsmöglichkeiten.
Das vierte und fünfte Kapitel erläutern die unterschiedlichen Fähigkeiten und Talenten, die den Charakteren zu Beginn und im Verlauf ihrer Karriere zur Verfügung stehen. Neben Rollenspiel-typischen Fähigkeiten wie beispielsweise der Umgang mit verschiedenen Waffen, Feilschen, oder Taschendiebstahl gibt es einige alltägliche, aber häufig vernachlässigte Fähigkeiten, so der Umgang mit Nadel und Faden, die Handhabung einer Druckerpresse oder die Bewirtschaftung eines Bauernhofes. Bei den Talenten unterscheidet das Spiel in solche, die jedem Charakter, unabhängig von seiner gewählten Laufbahn, zur Verfügung stehen und solche, die in direktem Zusammenhang mit einem bestimmten Beruf stehen. Die meisten der Talente gewähren verschiedene Boni, lassen bei Proben eine zusätzliche Karte aufdecken oder heben den Charakter von gewöhnlichen Menschen ab.
Im Kapitel, das sich mit der Ausrüstung beschäftigt, finden sich in erster Linie Waffen und Rüstungen. Die Bandbreite reicht hier vom mittelalterlichen Morgenstern über einfache Vorderlader bis hin zu hochtechnisierten, mehrläufigen, vollautomatischen Kanonen, die in einen mechanischen Arm eingebaut werden können. Aber auch andere, alltägliche Gegenstände und Dienstleistungen finden sich in diesem Kapitel. Dabei beschränken sich die Autoren nicht nur auf spielrelevante Angaben wie Preis, Schaden oder Verfügbarkeit sondern steuern umfangreiche Flufftexte bei.
Erst das siebte Kapitel beschäftigt sich mit den eigentlichen Regeln von Through The Breach. Auf Würfel wird bei diesem Spiel komplett verzichtet. Müssen zufällige Zahlen ermittelt werden, so deckt der entsprechende Spieler eine Karte vom allgemeinen Kartenstapel auf. Die grundlegende Spielmechanik ist dabei relativ simpel: Muss ein Spieler ein Probe ablegen, so gibt der Spielleiter oder Fate Master die Schwierigkeit mit einer entsprechenden Zielzahl vor. Je höher diese Zahl, desto schwieriger ist das Unterfangen, beispielsweise würde die Schwierigkeit eine verklemmte Sperrholztür zu öffnen bei „2“ liegen, um eine mit Schlössern und Fallen gesicherte Metalltür zu öffnen bräuchte der Charakter schon eine „18“ oder mehr. Nun addiert der Spieler die relevanten Fähigkeiten und Attribute seines Charakters und deckt zusätzliche eine (manchmal auch mehrere) Karte vom allgemeinen Kartenstapel auf und berücksichtigt die verschiedenen Modifikationen. Wird die Zielzahl so erreicht oder übertroffen, gelingt die Probe, ist dies jedoch nicht der Fall, scheitert das Unterfangen. Allerdings steht jedem Spieler neben dem allgemeinen Kartenstapel noch sein persönliches Deck zur Verfügung, von dem er immer einige Karten auf der Hand hat. Bei einer misslungenen Probe hat der Spieler die Option, das Schicksal zu betrügen, eines der zentralen Konzepte des Spiels. Dazu spielt er einfach eine seiner Handkarten aus, welche die aufgedeckte Karte ersetzt und so das Bestehen der Probe ermöglicht. Die Kämpfe werden mit dem gleichen Regelmechanismus abgehandelt, allerdings kommen hier einige Elemente aus dem Tabletop-Bereich hinzu, beispielsweise die begrenzte Anzahl an Aktionen, die ein Charakter in einer Kampfrunde ausführen kann oder die Position der Beteiligten eines Handgemenges, die vorzugsweise mit Miniaturen dargestellt werden sollten.
Das achte und letzte Kapitel ist der Magie vorbehalten, wobei die besondere Aufmerksamkeit den verschiedenen Theorien und den Seelensteinen, die in den Minen um Malifaux herum abgebaut werden, gilt. Daneben gibt es Regeln für das Wirken der Sprüche, sowie eine Übersicht der unterschiedlichen Magieschulen mit ihren Zaubern.
Abgerundet wird der Band schließlich von einem umfangreichen Index, einer Zusammenstellung der wichtigsten Tabellen und einem vierseitigen Charakterbogen als Kopiervorlage.

Einige Elemente, die von den Autoren in Through The Breach verwendet wurden, sowohl was die Spielmechaniken als auch den Hintergrund angeht, sind dem erfahrenen Rollenspieler in ähnlicher Form sicher schon in einigen anderen Spielen begegnet; vor allem die Parallelen zu Deadlands sind dabei kaum zu übersehen. Dennoch ist es dem Team um Mack Martin gelungen aus den bekannten Zutaten ein frisches, neues Rollenspiel zu kreieren, dass über eine ganze Reihe von Alleinstellungsmerkmalen verfügt. Besonders der Kartenmechanismus und die Entwicklung der Charaktere im Rahmen einer Kampagne gefallen mir dabei ausgesprochen gut und funktionieren nach kurzer Zeit tadellos. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die Kampfregeln, die viele Gemeinsamkeiten mit Malifaux, dem im gleichen Universum angesiedelten Tabletop-Spiel, haben. Der Einsatz von Miniaturen ist zwar nicht zwingend erforderlich, erleichtert jedoch die Orientierung in Kampfsituationen ungemein, auch wenn es für den eher traditionellen Rollenspieler eine Umstellung erfordert. Was das Spiel für mich wirklich herausragend macht, ist jedoch der flexible Hintergrund. Die Mischung aus verschiedenen Genres hat mir schon beim Tabletop sehr gut gefallen und die Autoren haben es gesschafft die Atmosphäre beim Rollenspiel noch dichter zu machen. Für den Spielleiter bietet das Setting dabei zahlreiche Möglichkeiten, vom klassischen High-Fantasy-Dungeon-Crawl über ein viktorianisches Detektivabenteuer oder cthuloiden Horror bis hin zu Spaghetti-Western und Cyberpunk ist nahezu alles möglich. Das Ganze wird garniert mit teilweise extrem schwarzem Humor, skurrilen Einfällen wie etwa betrunkenen Ninja-Gremlins oder untoten Bordsteinschwalben und einer sehr zynischen, hoffnungslosen Grundstimmung.
Auch optisch kann das durchgehend farbige Buch überzeugen: das Layout und die klare Struktur der Kapitel sorgen für eine gute Lesbarkeit, zudem erleichtert ein Index die Orientierung. Die zahlreichen, stimmigen Illustrationen bringen den Spielern die einmalige Atmosphäre der Spielwelt näher und lockern dabei den umfangreichen Regeltext deutlich auf.

Ein interessantes Rollenspiel, dass sich vor allem durch seinen faszinierenden Hintergrund und einige ungewöhnliche Regelmechaniken von der Konkurrenz abhebt.

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