Nobody Knows – Lyrik im Anzug

04.09.2012 von Marcus Pohlmann

Nobody Knows - Lyrik im Anzug

Musiker:

Label:

Genre: ,

Laufzeit: 70 Minuten

Tracklist:
01 - Francois
02 – Tandaradei
03 – Chiestra Nostra
04 – Thränen des Vaterlandes
05 – Vereinsamt
06 – Sehnsucht
07 – Kriegsballade
08 – Heidenröslein
09 – Mein hertz, mein mut
10 – Lorelei
11 – My Bonnie Is Over The Ocean
12 – Zigeunerjunge

01 – Mondnacht
02 – Heidenröslein
03 – King Of The Fairies
04 – Tandaradei
05 – Erlkönig
06 – Herbstbild
07 – Wandrers Nachtlied

Erscheinungsdatum: 01.07.2012

Sprache: Deutsch

Lesern unserer Musiksektion sind die Herrschaften von Nobody Knows sicherlich schon bekannt, besprechen wir doch mit schöner Regelmäßigkeit die Veröffentlichungen der Stendaler Folkband.

Bei ihrem neuesten Doppelalbum, Lyrik im Anzug, haben die sechs Musiker ihre gewohnten Pfade verlassen und ein Konzept weiter verfolgt, das sie schon auf einigen Konzerten erprobt haben. Werke zumeist heimischer Lyriker wurden hierbei entsprechend musikalisch bearbeitet und in eine angemessene Form gebracht. Herausgegeben wird dieser Longplayer wieder von Sena Music, die schon mehrfach mit der Band zusammengearbeitet haben.
Den Anfang macht „Francois“, das auf einem Text von Francois Villon beruht. Im Rahmen ihrer Folk-Settings spielt die Band das Stück öfters als schwungvolle Tanznummer. Die vorliegende Version ist dagegen langsam und düster aufgebaut mit spartanischer Klavierbegleitung, deren Wirkung mit gezieltem Einsatz anderer Instrumente wie Violine und Gitarre noch verstärkt wird und den Gesang gut untermalt. Etwas merkwürdig mutet dagegen der jazzige Ausklang des Stückes an, der gar nicht so zur vorangegangenen Düsternis passen will. Klassisches deutsches Liedgut bekommt der Hörer mit dem folgenden „Tandaradei“ geboten. Unterstützt von Julia Seyer trägt Sänger Max Heckel hier einen Text des mittelalterlichen Lyrikers Walther von der Vogelweide vor. Untermalt von locker-leichten Klavierklängen, Geigen und Gitarren setzt das Stück einen Kontrastpunkt zum Vorgänger. Gänzlich auf Gesang verzichtet dagegen „Chiestra Nostra“ und stellt dafür den Flügel in den Mittelpunkt. Aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges stammt „Thränen des Vaterlandes“, entsprechend dreht sich der Text um Tod und Zerstörung dieser Zeit. Getragen von einer akustischen Gitarre sorgen verschiedene andere Instrumente für verstörende Zwischentöne. Ähnlich finster kommt das vertonte Gedicht „Vereinsamt“ von Friedrich Nietzsche daher, allerdings spielt die Instrumentierung hier nur eine untergeordnete Rolle und der gesprochene Gesang dominiert das Stück vollständig. Ganz andere Töne schlägt die Band bei „Sehnsucht“ an: Beschwingte Klavier- und Gitarrenuntermalung und auch der Gesang erinnern eher an Reinhard Mey. Auf diese Weise bildet das Lied einen angenehm positiven Kontrast zu den anderen, eher düsteren Stücken. Ausnahmsweise von einem zeitgenössischen Dichter ist die „Kriegsballade“, die sich aber inhaltlich nahtlos an die vorangegangenen Stücke reiht. Zuerst recht karg mit Klavier und Gitarre instrumentiert stoßen nach und nach die anderen Bandmitglieder mit Schlagzeug, Geige und anderen Instrumenten hinzu und runden das Lied passend ab. Zeit für ein Duett wird es wieder bei „Heidenröslein“, dessen Text eigentlich jedem Hörer bekannt sein dürfte. Hier dominiert ausnahmsweise nicht der Gesang das Stück, sondern es lebt von dem Zusammenspiel aller Instrumente und der beiden Sänger. „Lorelei“ von Heinrich Heine gehört ebenfalls zum Gemeingut und wird hier mit Unterstützung von Schlagzeug, Gitarre und später auch Klavier besungen. Etwas aus dem Rahmen fällt schließlich „My Bonnie Is Over The Ocean“, dessen Musik sich eher an Bar-Jazz oder Swing orientiert und bei dem Julia Seyer den Großteil des Gesangs übernimmt. Zum Abschluss der ersten CD begibt sich die Band tief in die Schlagerecke und gibt ihre Version von „Zigeunerjunge“ zum Besten. Diese ähnelt erstaunlich dem Original, kommt aber nicht ganz so schwülstig daher. Auch der zweistimmige Gesang gibt dem Stück seine individuelle Note. Auf der zweiten CD befinden sich sieben weitere Tracks, die von älteren Aufnahmen stammen und für dieses Album neu aufbereitet wurden. Die „Mondnacht“ geht durchaus als Schlaflied durch und glänzt vor allem durch das harmonische Zusammenspiel der Instrumente. Bei „King Of The Fairies“, einem weiteren Instrumentalstück, trägt vor allem die Violine die Melodie während das Piano die nötigen Kontrastpunkte setzt. Sehr gewöhnungsbedürftig ist die Interpretation des „Erlkönig“, die über Tango- und Country-Elemente verfügt, aber durchaus Spaß macht, obwohl sie fast völlig aus dem Rahmen fällt. Wesentlich melancholischer und dem Titel angemessen ist das „Herbstbild“. Auf die bewährte Instrumentierung zurückgreifend, gelingt es der Band die Bilder einer herbstlichen Landschaft vor dem geistigen Auge des Hörers zu erschaffen. Zum Abschluss des Albums wird ein letztes Mal Goethe mit seinem „Wanderers Nachtlied“ bemüht, das mit deutlich weniger als einer Minute Laufzeit dennoch einen passenden Schlusspunkt unter dieses Album setzt.
Die Aufmachung der CD ist dem musikalischen Inhalt angemessen. Das Digipack ist mit stimmigen schwarz-weißen Fotografien gestaltet, dazu passend haben die beiden Silberlinge auch die Optik von alten Schallplatten, komplett mit Rillen und der entsprechenden Schriftwahl. Etwas farbenfroher ist dagegen das Booklet ausgefallen, das einige wissenswerte Informationen zur Entstehung dieses Albums enthält. Darüber hinaus hat die Künstlerin Michaela Herbst einige Illustrationen geschaffen, die an die Texte angelehnt sind.

Mit Folk in weitestem Sinne hat dieses Album nichts mehr zu tun. Vielmehr bescheren die sechs Musiker dem Hörer hier ein ausgesprochen intensives musikalisches Erlebnis. Die Stücke erfordern beim Hören die gesamte Aufmerksamkeit und sind, bis auf wenige Ausnahmen, keine leichte Kost. Obwohl über weite Teile des Albums Klavier und akustische Gitarre dominieren, wird Lyrik im Anzug auch nicht so schnell langweilig und dürfte öfters den Weg in das Abspielgerät finden. Wie von der Band nicht anders gewohnt sind Aufmachung und Produktion des Albums wieder auf hohem Niveau und können rundweg überzeugen. Und wer sich das Programm einmal live und in Farbe anschauen möchte, hat im November in Gardelegen und im Januar 2013 in Oldendorf die Gelegenheit dazu.

Bekommt der Hörer von der Band sonst tanzbaren Folk geliefert, so bietet Lyrik im Anzug eher die passende Untermalung für regnerische Abende am heimischen Kamin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert